Komissbrot S 56 U - Hersteller Philips, Vertreiber-Firma : ??? Herstellungsjahr 1941 / 44

In diesem Zustand erhielt ich das Gerät:

Frontblende (Herstellermarkenzeichen) fehlt, es saß im runden Feld mittig zwischen Lautsprecherfeld und Skalenfeld.
Wie man auf den nächsten Fotos erkennt, ist ein relativ großes Stück der hinteren Oberseite herausgebrochen, diese Teile fehlen. Ich werde einen Silikonabdruck der intakten Seite anfertigen, diesen dann auf (über) die defekte Seite legen (in diesem speziellen Fall habe ich das Glück, daß das herausgebrochene Stück nicht über die Mitte und auch nicht über die Seitenwand-Rundung hinausgeht - dies vereinfacht die Sache sehr).
Das Silikon wird mit Klebebändern befestigt, das Gehäuse wird auf die Oberseite gelegt und die Silikon-Form mit eingefärbtem Gießharz ausgegossen. Danach sieht man praktisch, nach feinem abschleifen und -polieren, nichts mehr von der Reparatur.

Das größere Problem ist aber ein ganz anderes : Da der Herstellerschriftzug vorn auf der Front fehlt, ist mir eine eindeutige Identifizierung des Herstellers nicht möglich, ich bin da wohl auf Hilfe meiner Homepage-Besucher angewiesen. Der Hersteller des Innen- und des Außenlebens ist eindeutig Philips, das ist gesichert. Das Chassis entspricht dem Komißbrot BD 208U, dem letzten der Philips-Komißbrote.

Philips baute dieses damals sehr beliebte Gerät unter der allgemeinen Bezeichnung "Kleinsuper" für verschiedene Firmen, (so wie die heutigen sogenannten OEM-Produkte, was bedeutet, eine Firma wie beispielsweise Saba verkaufte es, Philips jedoch fertigte es) wie unter anderem für Saba der 500 ZGW.
Es wurden die "Komißbrot" - Chassis203 U, 204 U und 208 U verwendet. Das Chassis des 203 U war für Mittel- und Langwellen-, das Chassis des 204 U für Kurz- und Mittelwellenempfang ausgelegt. Der 208 U war mit KW / MW / LW - Empfang ausgestattet. Es waren Vierröhren-Sechskreisgeräte mit den neu erschienenen Allglas-Schlüsselröhren der U-21er Serie : 2 x UCH 21, UBL 21, UY 21, wobei die bewährte Triode-Hexode-Superschaltung als Oszillator und Mischer verwendet wurde. Das Gerät war nur 2,7 kg schwer.
Es gab insgesamt 14 verschiedene Firmen, die diese Zwergsuper vertrieben. - Diese Firmen waren Lizenznehmer - es waren evtll. aber auch nur Vertriebslizenzen.
(Die Bezeichnung "Zwergsuper" und "Deutscher Einheitssuper" waren in der damaligen Zeit gut überlegt, wegen der Zölle, die damals für den Export bestimmte Geräte zahlen mußte. Man unterteilte damals nach Volumen und Gewicht, sowie nach Standardsuper, Mittelsuper, Großsuper und Batteriesuper.)
Hergestellt wurden diese "Komißbrot" - Zwergsuper in Belgien, Österreich, Holland, Frankreich und der Schweiz. Die österreichische Produktion wurde aber später nach Frankreich ausgelagert.

Vom Verein GFGF, dem ich angehöre (siehe auch unter "Termine"), bibt es das Vereinsheft "Funkgeschichte", dort in der Ausgabe Nr. 128 gab es auf den Seiten 300 ff. von unserem heutigen Vereins-Archivar einen Artikel, der sich mit den deutschen Export-Radios 1940 bis 1944 befasste. Auszugsweise kopierte ich den Text aus diesem Artikel und zeige am Ende meiner Seite einige Bilder aus diesem Artikel, die noch weitere "Komißbrote" zeigen.
Hier nun aus dem "Funkgeschichte" - Artikel der Auszug, der die damals hergestellten Geräte aufführt. Dieser Artikel ist nur der erste Teil, Teil 2 folgt in der "Funkgeschichte" Nr. 133, die in den nächsten Tagen (Anfang November) erscheint. Dort werden noch weitere Geräte aufgeführt - ich weiß jedoch jetzt schon, durch ein Telefongespräch mit dem GFGF-Archivar, daß mein S 56 U bisher nicht unter die bisher bekannten Geräte gehört, was mich einerseits traurig macht, weil ich damit dann immer noch nicht den genauen Hersteller, bzw. Vertreiber, kenne - auf der anderen Seite macht es mich stolz, scheint doch ausgerechnet mein Gerät zu den besonders seltenen Exemplaren zu gehören.

Hier zum GFGF-Textauszug:

"Die Gehäuse waren alle einheitlich. Das jeweilige Firmenemblem war auf dem Mittelsteg zwischen Skala und Lautsprecher angebracht, im Bild zur besseren Verdeutlichung herausgenommen.


Blaupunkt nannte seine Zwergsuper ZGW 641 (für Mittel- und Langwelle) und ZGW 641 S (für Kurz- und Mittelwelle.
Die Firma Brandt wird in keiner Zeitschrift zum Exportgeschäft erwähnt. Aus den Schaltbilderunterlagen (im GFGF-Archiv) ist zu ersehen, daß auch sie den Einheitszwergsuper mit den Typenbezeichnungen S 101 ML und S 101 MK im Programm hatte.
Braun hatte zunächst nur das Gerät für Mittel- und Langwelle angeboten. Das Gerät für den Kurz- und Mittelwellenbereich kam später hinzu. Zur Unterscheidung erhielten die Typen eine römische Ziffer: 4642 GW / I (M-L) und 4642 GW / II (K-M).
Eumig bot seine Zwergsuper 422 GW / ML und 422 GW / MK erst später im Exportmarkt an.
Graetz kam zunächst nur mit dem Mittel- / Langwellengerät heraus, es hatte die Bezeichnung 54 GW / ML, das später angebotene Gerät hieß 54 GW / KM.
Horny nannte das erste Gerät 637 L (für M-L) und später das Gerät für Kurz- / Mittelwelle 637 LK.
Ingelen kam mit dem 142 L (für M-L) und 142 K (für K-M) heraus.
Löwe (in diesem speziellen Fall wurde die Firmenbezeichnung 'Löwe' nicht, wie allgemein üblich, mit 'oe' sondern mit 'ö' geschrieben) offerierte den Opta 609 GW (für M-L) und Opta 612 GW (für K-M). - In der Schweiz hatten sie zusätzlich den Namen "Piccolo".
Minerva benannte ihre Typen Menerphon 400 (für M-L) und Minerphon 400 K (fü K-M).
Bei Nora gab es die Bezeichnungen GW 410 L und GW 410 K.
Strassfurt zog erst später nach mit LES 41 GW und LES 41 GWK,
das gleiche gilt für TeKaDe LES 41 GW und LES 41 GWK.
Die Zerdik - Zwergsuper kamen gleichzeitig heraus und trugen die Bezeichnungen Z 637 L und Z 637 LK."

Wer kann mir bei der eindeutigen Identifizierung dieses Gerätes helfen - und wer könnte mir das Typenschild, welches in das runde Frontfeld hineingehört, besorgen ?





Hier ein Foto des Löwe 612 GW, als nächstes ein Werbeplakat zu diesem Gerät.





Das folgende Bild zeigt ein Foto des Saba 500 ZGW. Wie man bei ihm erkennen kann - er hat das gleiche Gehäuse wie mein Gerät, man achte auf die Stufe auf der Oberseite hinten. Diese Stufe besitzt das Löwe-Gerät nicht.


(Die nachfolgenden Bilder stammen aus der "Funkgeschichte") Das nächste Bild zeigt das Nora-Komißbrot GW 410 L,


und dieses hier ein Werbeplakat von Hornyphon, es stellt den den 637 L dar.



Ich hatte soeben die Skala ausgebaut, ich wollte sie einscannen um sie hier vorzustellen. - Das folgende Bild zeigt die Skala - und wenn man sich den unteren linken Rand ansieht, erkennt man daß mein Gerät nicht S 50 U lautet, wie ich bisher annahm, sondern S 56 U heißt. (Das Typenschild auf der Metall-Rückwand ist nicht gut leserlich..)
Nachdem ich dann das Typenschild mit der Lupe untersuchte, erkannte ich auch noch den Zusatz -19. Mein Gerätetyp lautet also S 56 U - 19. Weiterhin erkennt man das Herkunftsland auf der Skala unten Mitte, es ist Belgien-Holland.
Da aber die Geräte aus Holland definitiv immer eine grobe gleichmäße Leinenstruktur aufwiesen, meins aber ein feiner, glänzender Stoff ist (s. oben), erscheint es als gesichert daß mein Gerät in Belgien gefertigt wurde.
Wie es also aussieht ist das Herkunftsland meines Gerätes damit (wahrscheinlich ..) aufgeklärt - aber noch immer nicht der Name der Vertreiberfirma und der Name des Gerätes.



Mittlerweile ist das neue GFGF-Heft "Funkgeschichte" Nr. 134 bei mir eingetroffen, deshalb kann ich auch diese fast schon "Unendliche Geschichte" fortsetzen.
Das nächste Foto zeigt einen Mende MS 150 GW, auf einem Werbeblatt der Fa. Mende.


Das folgende Foto zeigt einen weiteren Mende 150 GW - hier erkennt man aber eine abweichende Skala zum vorherigen MS 150 GW.


Das nächste Foto zeigt die Skala dieses Gerätes in einer Nahaufnahme.


Aus einem schweizerischen Prospekt stammt diese Aufnahme des Mende 150 GW - aber hier in einem neuen Gehäuse und - man achte auf die Skala ..


Die Firma Blaupunkt brachte, auch in einem neuen Gehäuse, den ZGW 643 heraus. Man erkennt, daß auch hier wieder eine andere Skala zum Einsatz kam. - Man erkennt aber auch, daß den Schweizern mit ihrer Mende MS 150 GW - Gehäuseform kein "eigenes Süppchen" gekocht wurde, es war wohl tatsächlich eine neue Standardgehäuseform.


Die Typen der anderen Firmen im gleichen Gehäuse unterschieden sich nur durch andere Papierklebe-Etiketten (bei einigen wenigen auch Preßstoff-Etiketten) in der Frontmitte und ihren entsprechenden Aufdrucken auf der Rückwand.
Die Typenbezeichnungen der einzelnen Firmen kann auch noch am Ende dieses Artikels aus einer Tabelle entnommen werden.
Außer Telefunken und Lorenz / Tefag / Schaub, die ihre eigenen Zwergsuper, mit anderen Röhrenbestückungen, herausbrachten, vertrieben alle übrigen Firmen den Typ 208 U von Philips, jeweils unter ihren eigenen Firmenbezeichnungen. Erst später folgten AEG mit dem 413 GW, Lumophon mit dem GWK 436 und Sachsenwerk mit dem Olympia 430 GWK.



Dieses waren die Geräte, die von der damaligen deutschen Philips in okkupierten Betrieben gebauten und von deutschen und österreichischen Firmen vertrieben wurden. Wie aber bereits erwähnt, wurden auch in der Schweiz solche "Komißbrot" - Zwergsuper vertrieben. Diese Geräte wurden von den Schweizer Behörden jeweils explizit zugelassen und in die Schweiz eingeführt.
Ein weiteres Beispiel solcher in der Schweiz zugelassenen Geräte sandte mir ein schweizer Freund (Hallo, Walter !) zu :
Der Philips 204 U wurde von der schweizer Firma Mediator unter dem Namen "M 4 U" vertrieben, sowie auch von der Firma Jura unter dem Namen "Jura Baby J 204 U". - Jura vertrieb aber auch den Original-Philips Typ 204 U, unter gleichem Namen.
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