Hornlautsprecher mit Fostex FE103 Σ
- von Lukasz Panek
Vorgeschichte
Hornlautsprecher üben auf viele eine unerklärliche
Anziehungskraft aus. Irgendwann habe ich das Bedürfnis verspürt diese Art von
Lautsprechern zu besitzen. Das akustische Funktionsprinzip ist im Vergleich mit
anderen Lautsprechertypen sehr ausgeklügelt und nach wie vor
Forschungsgegenstand. Wie im Internet zu sehen, opfern so manche
Audioenthusiasten ganze Räume für ihre Systeme. Das kam bei mir aus Platzgründen
nicht im Frage. Eine Analyse der Machbarkeit, d.h die Möglichkeit die Chassis
für normales Geld zu bekommen und ein normalwohnraumgerechtes Gehäuse mit
eigenen Mitteln zu bauen, führte mich auf ein Projekt in der Zeitschrift "Klang
& Ton" von 1996, Ausgabe 5. Das Projekt, das unter der Rubrik Cheap Trick zu
finden war, bot einige sehr praktische Eigenschaften: Es war relativ
platzsparend und vor allem bezahlbar - sogar als 'low budget' einzustufen.
Verglichen mit anderen horntauglichen Breitbändern wie Lowther & Co. ist der
Fostex FE103 Sigma ein echtes Schnäppchen. Die Klangbeschreibung der
Lautsprecher in der K&T war vielversprechend.
Funktionsweise
Es handelt sich um ein "rückwärtsgeladenes" Horn mit
einem Breitbandlautsprecher. Bei dieser Konstruktion strahlt nur ein Chassis das
gesamte Frequenzspektrum ab. Erwartungsgemäß würde ein 10cm-Treiber den
Bassbereich nur schlecht übertragen und zu einem sehr hellen Klang führen.
Abhilfe schafft hier ein hinter das Chassis geschaltetes hyperbolisches Horn.
Das Horn hilft dem Lautsprecher bei tiefen Frequenzen effizient Schall
abzustrahlen. Das Prinzip ist z.B. aus alten Gramophonen bekannt: Die sehr
geringe Bewegung der Nadel kann durch (eine Membran und) einen Trichter
effizient in Schall umgesetzt werden. Große Flächen strahlen Schall besser ab
als kleine. Der übergang von der kleinen Fläche auf die große kann jedoch nicht
schlagartig passieren, da sich der Schall an einem Querschnittsflächensprung
oder einer zu schnellen Aufweitung spiegeln und zurück zum Lautsprecher anstatt
nach außen ausbreiten würde. Deshalb haben Hörner immer eine sich nur langsam
aufweitende Querschnittsfläche. Zum Entwurf eignet sich beispielsweise die
Exponentialfunktion, die in der Natur ein Wachstum beschreibt. Das hier
beschriebene Horn basiert auf einer ähnlichen Funktion, dem
Cosinus-Hyperbolicus. Diese Funktion weitet sich etwas später auf und ergibt ein
kleineres Volumen des Horntraktes. Die Hornführung ist im Bild weiter unten
angedeutet.
Da der Breitbänder einen nicht ganz linearen Frequenzgang hat,
werden in dem Projekt zwei Saugkreise empfohlen. Es handelt sich um einen
Sperrkreis im Mitteltonbereich und im Bassbereich. Den letzteren habe ich
weggelassen, da mir der Klang auch so gefiel.
Aufbau
Der Aufbau ist entgegen dem ersten Eindruck relativ
unkompliziert. Ein echtes Nadelöhr hat die Konstruktion nicht. Ich konnte die
Boxen mittels:
- Bauhaus-Zuschnitt
- Handgehrungssäge
- Stichsäge
- Oberfräse (Rundung-, Bündigfräse)
- Bandschleifer/Schleifklotz
- Zwingen, etc.
ohne Probleme bauen. Die meisten auf Gehrung
zugeschnittenen Teile verschwinden sowieso im Gehäuse, sodass Ungenauigkeiten
nicht sichtbar werden. Es muß hier aber gesagt werden, dass sich die Box nicht
als erste übung im Umgang mit Holz eignet. Bei der Beschreibung setze ich
Grundwissen und etwas Erfahrung voraus. Die Box besteht aus zwei Teilen die
unabhängig von einander gebaut werden können. Als Material wurde durchgehend
19er MDF (mitteldichte Faserplatte) verwendet.
Oberteil
Das Oberteil beherbergt den gößten Teil des etwa 3 m langen
Horntraktes, der entsprechend gefaltet werden mußte um in die Box zu passen. Aus
Machbarkeitsgründen hat der Trakt eine konstante Breite. Der Aufbau beginnt mit
dem Aufkleben der Vorder-, Hinter- und Oberwand auf die Seitenwand. Hier ist es
wichtig den rechten Winkel einzuhalten. Zur Fixierung können normale oder
Langdübel verwendet werden. Ich habe die ersteren eingesetzt. Ist das
Bündigfräsen der Seitenwände nicht vorgesehen, so müssen die Wände natürlich
bündig aufgeklebt werden. Vor dem Kleben muß die öffnung für den Treiber in die
Vorderwand gesägt werden. Die Trennwände werden nach dem Einzeichnen der genauen
Lage auf die Seitenwand aufgeklebt. Ihr Zuschnitt sollte optimalerweise mit
einer elektrischen Gehrungssäge mit einem Arbeitstisch erfolgen. Ich habe nur
eine Handgehrungssäge zur Verfügung gehabt, welche die erforderliche Schnitthöhe
von 112 mm gerade noch beweltigen konnte. Wie man im Bauplan sehen kann, ergibt
sich in der Mitte des Gehäuses ein Hohlraum. Diesen habe ich entgegen dem
Orginalplan für einen Durchbruch genutzt. Dieser lockert das tiefe Gehäuse sehr
auf und weckt bei allen Betrachtern immer großes Interesse. Nebenbei ist die
öffung im Gehäuse auch sehr praktisch beim Tragen der relativ schweren Boxen.
Man sollte den Durchbruch für das Kabel in der Druckkammerwand und die
Verkabelung selbst nicht vergessen. Die Ecken des Kanals sollten mit
Dreickeckprofilen korrigiert werden um Sprünge im Querschnitt zu vermeiden.
Diese lassen sich mit einer Gehrungssäge herstellen. Wichtig ist das das
Oberteil unten eine exakt plane Fläche darstellt, da es sonst auf dem Sockel
kippelt und keine saubere Klebung ermöglicht. Ich habe hierfür das Oberteil auf
einem Brett plangeschliffen. Dadurch ist mir dann später ein kleines Malheur
passiert: Zum Schleifen habe ich den Trakt (an der engen Stelle) mit einem
Papierknäuel wegen Staubschutz zugestopft. Beim Verkleben habe ich meine ganze
Aufmerksamkeit auf die Fuge gerichtet und vergaß den Knäuel zu entfernen. Mist!
Die einzige sinnvolle Lösung war ein "minimalinvasiver" Eingriff durch den
Sockel durch. Zum Glück ist nur eine kleine Narbe geblieben.
Sockel
Der Sockel besteht zwar aus nur wenigen Teilen, ist jedoch durch
die Schrägen etwas komplizierter im Bau. Diese Schwierigkeiten können durch den
Einsatz einer (halb)professionellen Gehrungssäge umgangen werden. Da ich nur
eine einfache Handsäge zur Verfügung hatte, konnte ich die Teile im Gegensatz
zum Oberteil wegen der großen Schnittlänge (Höhe des Sockels) nicht zuschneiden.
Der Aufbau des Sockels beginnt mit dem Ausschneiden der öffnungen im Boden
(Frequenzweiche) und in dem Deckel (Horntrakt). Die beiden Teile werden dann zu
einer Trapezform zugeschnitten. Wer das Gehäuse nacher bündig fräst, sollte 2-3
mm überhang an den Seiten lassen. Als nächstes wird die Vorderwand vorbereitet.
Sie ist an den senkrechten Seiten unter einem Winkel geschnitten. Ist man nicht
im Besitz einer Tischkreissäge, so bleibt nur das zurechtschleifen wie in meinem
Fall geschehen. Es reicht hier nur die Kanten anzuschleifen um die Klebefläche
zwischen Seiten- und Vorderwand etwas zu vergrößern. Jetzt können die
Seitenwände und die Vorderwand gleichzeitig auf den Boden aufgeklebt werden.
Bevor man den Deckel aufklebt, kann noch die Abschrägung über der öffnung für
die Frequenzweiche eingeklebt werden. Diese ist wegen der vielen Winkelschnitte
nicht einfach zu bauen. Hier hilft eine schrittweise Anpassung durch Schleifen.
Kleinere Ungenauigkeiten sind aber nicht weiter schlimm, da das Teil von außen
kaum sichtbar ist. Der Durchbruch für das Kabel oder gegebenfalls für das
Terminal sollte nicht vergessen werden.
Die Auskleidung des Horntraktes im
letzten Bereich ist natürlich optional. Ihre akustische Wirkung ist eher gering.
Sie sollte nach dem Streichen des Lautsprechers angebracht werden.
Die "Hochzeit"
Sind Oberteil und Sockel so weit fertig, können sie zu
der endgültigen Konstruktion zusammengefügt werden. Bevor das passiert sollte
man noch einiges entscheiden. Gewöhnlicherweise werden Lautsprechergehäuse aus
ästhetischen und akustischen Gründen an den Kanten rundgefräst. Die einzige
Engstelle bei dem beschriebenen Projekt ist die Fuge. Das Problem wird
verständlich, wenn man dieses
Bild betrachtet. Der Sockel kann nicht einfach an der oberen Kante rundgefräst
werden, da die Vorderwand der ganzen Box durchgehend sein soll. Man muß beim
Fräsen der Sockeoberkanten irgendwo kurz vor der Vorderseite aufhören. Es bleibt
ein übergang von rund auf scharfkantig den man noch per Hand bearbteiten muß.
Das Problem kann umgangen werden, wenn man das Oberteil und den Sockel
rundfräst. Die Box sieht dann "zweiteilig" aus.
Ansonsten muß wie oben schon
beschrieben auf einen passgenauen Sitz des Oberteils auf dem Sockel geachtet
werden. Für gute Halt sollten Düber verwendet werden.
Oberflächenfinish
Hier sind natürlich die Grenzen nach oben offen. Ich
werde einfach mein Vorgehen schildern. Nach missglückten Versuchen mit
Sprühdosen habe ich mich entschieden das Gehäuse mit einer Rolle anzumalen. Als
erste Schicht habe ich die Box mit Klarlack angemalt. Diese Lackierung diente
als Versiegelung der Spannplatte, die das Einsaugen des Lacks, besonders an den
Schnittfächen, verhindern sollte. Zusätzlich kann der Klarlack noch etwas
geschliffen werden und mehr Glätte zu erreichen. Als zweite Schicht habe ich
wieder mit einer Rolle silbernen Lack aufgetragen (Rostschutzfarbe von
Hammerit). Hier sollte man sich etwas Zeit nehmen um Fehler zu vermeiden. Diese
Schicht ist nämlich für das endgültige Aussehen der Box verantwortlich. Die
Rollenbewegungen sollten gleichmässig und von Rand zu Rand gehen. Etwas
problematisch ist der Bereich der Fuge zwischen dem Kasten und dem Sockel. Als
letzter Anstrich kommt wieder Klarlack zum Einsatz. Dieser lässt die silberne
Farbe durch die Versiegelung etwas eleganter und "3D" aussehen. Es sollte
möglichst hochqualitativer, gut verlaufender Klarlack verwendet werden. Der
Durchbruch und die Innenseite des Horns wurden mit matter dunkelroter Farbe
angemalt. Der Anstrich sollte nicht im Freien erfolgen, da sich sonst zu viel
Staub auf den klebrigen Oberflächen absetzt.
Insgesamt ist der Anstrich
relativ einfach zu machen und das Aufwand/Wirkung-Verhältnis als sehr gut
einzuschätzten. Einige technisch weniger versierte Betrachter der Boxen wollten
nicht glauben, dass sie aus Spanplatte bestehen:)
Klang
Der Projektbeschreibung in der "Klang & Ton" war zu entnehmen,
dass die Boxen zwar absolut gesehen nicht high end sind, gemessen an dem Geld-
und Bauaufwand jedoch eine sehr gute Leistung abliefern würden. Das entspricht
ungefähr auch meinem Urteil. Dass der Frequenzgang nicht schnurgerade ist, ist
hörbar, jedoch nicht wirklich störend. Wegen der Bündelung der 10cm-Treiber
müssen die Lautsprecher auf den Hörer ausgerichtet sein. Ein beliebter
Streitpunkt bei Hörnern ist die Basswiedergabe. Die einen meinen "schnell" die
anderen "schwach". Ich hatte leider keine Gelegenheit andere Hörner ausser
irgendwelcher Giganten bei Massenvorführungen zu hören. Im Tiefbass unter 60 Hz
steht die CT164 meinen Standboxen, den Audax Bordeaux (natürlich Selbstbau:) mit
einem Meter Höhe und 8"-Treibern natürlich nach. Darüber ist die Wiedergabe des
10cm Winzlings überraschend gut. Es dominiert das Staunen über die Möglichkeiten
eines so kleinen Lautsprechers. Sehr positiv ist mir die Räumlichkeit der Boxen
aufgefallen. Damit meine ich die Fähigkeit der Lautsprecher die Illusion zu
schaffen, dass sich eine "Bühne" vor dem Hörer aufbaut. Ich vermute, dass diese
Eigenschaft auf die punktartigen Quellen zurückzuführen ist. In dieser Disziplin
werden meine Zweiwege-Vergleichsboxen geschlagen. Jegliche Sorgen wegen der
Pegelfestigkeit, die Treiber sind mit nur einigen Watt Nennleistung angegeben,
lösen sich nach den ersten Spielproben auf. Durch das Horn hinter dem Treiber
ist die Auslenkung der Membranen sehr gering und bei Zimmerlautstärke kaum
sichtbar. Eine mechanische überlastung tritt bei dem kurzhubigen Chassis bei
"normalen" Lautstärken nicht auf. Das Hornprinzip wird richtig "anfassbar". Die
Hörner sind wegen ihrer Effizienz auch lauter als gewöhnliche direktstrahlende
Boxen. Wer synthetisches Tonmaterial für sein Heimkino in Orginallautsärke abspielen
möchte, wird natürlich enttäuscht. Die Wirkung des Basssaugkreises habe ich
nicht ausprobiert. Dieser soll sich im Bereich um ca. 120 Hz den Pegel
etwas absenken. Ich fand die leichte Hervorhebung in diesem Bereich ganz
angenehm. Im Großen und Ganzen kann ich das Projekt sehr empfehlen. Mit einem
überschaubaren Aufwand holt man sich ein Stück faszinierende Akustik nach Hause.
Ein gelungenes physikalisches Experiment. Das Gehäuse hat sogar etwas
ästhetisches an sich und weckt Interesse beim Betrachter: Da soll eine
gefaltete Schnecke drin sein? Glaube ich nicht! Nur ein Lautsprecher? Und der
Subwoofer? Der Blick auf gewöhnliche Boxen in Tausenden Abwandlungen wirkt
da etwas langweilig.
Links und Downloads
Die Kopie des Artikels mit Bauplan kann hier
heruntergeladen werden. An dieser Stelle möchte ich Bernd Timmermanns für die
Erlaubnis danken.
Fostex homepage mit Datenblättern: http://www.fostexspeaker.de/
Die Anzeige von ACR mit
diversen Fostex-Breitbändern von damals