6L6-Amp nach Grommes
von Wolfgang Pietruska


Eigentlich habe ich den Röhrenverstärkerbau schon in den 60er Jahren aufgegeben und durch die Transistortechnik verdrängt. Erst nachdem mir ein Arbeitskollege Anfang 2005 einen Röhrenverstärker zur Reparatur gegeben hatte, wurde mein Interesse wieder geweckt.
Durch Suchen im Internet stieß ich auf die Röhrenbude.
Nach dem durchstöbern stand für mich fest, ein Röhrenverstärker zu bauen wäre für die langen Winterabende genau das Richtige.

Nun ging die Planung los. Hierfür vergingen schon mehrere Tage (4 Wochen), denn nach dem Fräsen der einzelnen Teile werden Fehler nicht verziehen. Punkt 1 welche Röhren.
Punkt 2 welche Schaltungsart.
Punkt 3 woher Trafo und Übertrager.
Punkt 4 wie aufbauen.
Punkt 5 was für ein Gehäuse.
Nachdem ich mich für eine Schaltung nach Ernst Rößler (Grommes 260A für 6L6) entschieden habe, war Punkt 1 und 2 schon einmal erledigt.
Der Aufbau wurde nicht in Platinentechnik, sondern mit Lötleisten auf der Fassungsplatte ausgeführt.
Da ich ein Metallgehäuse nicht wollte, habe ich einen befreundeten Tischler gebeten, mir ein Holzgehäuse zu bauen. Es ist aus 26mm starkem Eichenholz mit auf einer CNC-Maschine gefrästen Absätzen für die Bodenplatte, Fassungsplatte, Deckplatte, Front- und Rückplatte.
An den Ecken wurden Ausfräsungen angebracht, an denen die aus massivem Mahagoniholz gedrehten Füße sitzen.
Die Bodenplatte habe ich aus 2,5mm starkem V4A Lochblech gefertigt.
Die Fassungsplatte und die Rückplatte sind aus 4mm starkem eloxierten Alu gefertigt.
Die Frontplatte und die Deckplatte sind aus 3mm Messingblech.
Alle Platten, außer der Bodenplatte, wurden von der Firma Schaeffer AG angefertigt.






Die Trafos lagern auf kleinen Gummipuffern auf der Fassungsplatte. Ich hatte mir zur Aufgabe gemacht, von außen keine sichtbaren Schrauben zu haben, daher ist die Deckpatte so gefertigt, das sie nur von oben aufgelegt wird. Die Ausfräsungen für die Trafos sind so genau, das kein Luftspalt an den Trafokernen sichtbar ist. Auch außen passt die Platte so genau in die Ausfräsungen des Gehäuses, das ich sie nicht befestigen brauche (siehe Bilder).
Die 6SN7 Röhren haben leider einen etwas hässlichen Bakelitsockel. Damit der nicht sichtbar ist, habe ich Messingringe gedreht, die genau um die Sockel passen.
Auf eine genaue Beschreibung der Schaltung verzichte ich hier, sie dürfte ja hinlänglich bekannt sein (s. den Link weiter oben).

Nur einige kleine Veränderungen beschreibe ich hier:
Jede Endstufenröhre besitzt einen eigenen Ruhestrom-Einsteller an der Rückseite.
An der Frontseite befindet sich ein Schalter, mit dem jede Röhre angewählt werden kann, gleichzeitig wird der Ruhestrom der angewählten Röhre in einem kleinen Display neben dem Schalter angezeigt. Ebenfalls wird die angewählte Röhre von unten durch eine blaue Led beleuchtet. An der Rückseite wird ebenfalls der entsprechende, von außen zugängliche Einstellregler per Lichtleiterkabel angezeigt.
Auf ein wenig Elektronik wollte ich auch nicht verzichten und habe daher noch eine Fernbedienung für Lautstärke, Muting und Stand Bay dazu gebaut.

Blick in das Innen"leben" meines Amps:



Das Niedervolt-Netzteil:



Das Hochvolt-Netzteil:


In der Stand Bay Stellung wird über ein Relais der Fußpunkt der Gittervorspannungsregler aufgetrennt, wodurch die Vorspannung am Gitter auf ca. -70Volt steigt und die Röhren sicher sperren. (Der Vorteil ist geringer Schaltungsaufwand und keine Ein- oder Ausschaltgeräusche.)
Bei Mutingstellung blinkt zur Kontrolle eine kleine Anzeige an der Frontplatte (1mm Lichtleiter).

Der Kühlkörper für die Spannungsregler ist mittig an der Fassungsplatte befestigt und in seiner Höhe so bemessen, dass die Bodenplatte auf ihm aufliegt. Dadurch kann sich die Bodenplatte nicht nach innen durchbiegen und dient gleichzeitig zur Wärmeableitung.

Zum Abschluss noch ein Hinweis:
Der Aufbau mit Hochglanz poliertem Messing ist eine sehr zeitaufwendige Arbeit. Ich habe Tage gebraucht, um aus einer rohen Messingplatte den gewünschten Erfolg zu erzielen. Kratzer oder gar Dellen sind in jedem Fall zu vermeiden, sie lassen sich nicht mehr entfernen.
Ich habe mit 400er Schmirgelleinen angefangen und bei 2000er Leinen aufgehört. Danach habe ich mit Autosol poliert.
Ich kann nur sagen, das ich tagelang schwarze Hände hatte, ganz zu schweigen vom Aussehen des Badezimmers, in dem ich geschliffen habe.
Danach kam die Frage, wie versiegeln. Erst habe ich es mit Zaponlack aus der Spraydose probiert, der Erfolg war leider ziemlich niederschmetternd (durch Staub). - Also den ganzen Lack mit Aceton runtergeholt und erst mal wieder poliert. Danach habe ich es noch einmal in einem möglichst staubfreien Raum versucht, aber auch hier waren nach dem Trocknen immer noch Staubpartikel zu sehen. Nach nochmaligem Entfernen und Polieren habe ich die Teile dann zu einer ortsansässigen VAG Werkstatt gegeben, die haben mir die Platten dann farblos lackiert und anschließend eingebrannt. Der Erfolg ist auf den Fotos zu sehen.
- Aber auch das Bearbeiten der Trafoabdeckhauben war zeitaufwendig. Die Dinger waren verzinkt, beim Abschleifen dieser Zinkschicht wird einem richtig übel. Nach dem Schleifen und Polieren habe ich erst versucht, sie zu lackieren, aber das gefiel mir nicht. Ich habe sie dann von einer Galvanik-Firma hochglanzverchromen lassen.








Zum Schluss bleibt noch zu sagen, das der Amp nun seit Wochen ohne Probleme (brummen oder sonstiges) in meinem Arbeitszimmer für wohligen Sound und Wärme sorgt, ganz zu schweigen von den glänzenden Augen meiner Besucher.

Für weitere Fragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Pietruska

P.S.:. Ein Vorverstärker gleicher Gehäuseart ist in Planung.

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