Restauration eines Zenith-Radios Typ H511 DeLuxe
- von Volker Jeschkeit




Heute habe ich den Zenith H511 unter das "Messer" genommen. Der übliche Austausch der Verdächtigen mit einer guten Überraschung: Der 2-fach Elko war völlig in Ordnung.
Danach wurden Mr. und Mrs. Ohmite zu Rate gezogen, um den 560 Ohm 50 W Vorwiderstand zu bauen, damit das Gerät an 230 V AC betrieben werden kann.
Es gibt Platz genug im Gehäuse bei guter Lüftung, die Widerstände werden auch nicht sehr warm, da ich 2 Stück 250 Ohm-50W plus 62 Ohm 15W hintereinandergeschaltet habe. Auch der US-Netzstecker blieb erhalten, ich hatte noch einen passenden Adapter. So werden auch die Radio-Freaks zufrieden sein, ein Rückbau auf Original ist jederzeit möglich, nicht einmal ein neues Loch habe ich ins Chassis bohren müssen.
Der Radio funktioniert sehr gut, die Rahmenantenne ist wirklich sehr empfindlich.
Die Bestückung ist Standard: 50L6GT, 12AT6, 12BA6,12BE6 und 35W4. - Fehlt noch die Skalenlampe Typ 47 (6,3V-0,15A Bajonettsockel), aber die habe ich schon bei ebay.uk als 10-ner Pack gekauft.

Morgen erfolgt der Zusammenbau, Reinigung von Kontakten und Gehäuse.
















Nun ist er fertig und läuft sehr gut. Auch der Vorwiderstand für die 230 V Netzversorgung ist sehr gut belüftet, das Bakelitgehäude wird kaum warm.










Für daran interessierte habe ich hier zum herunterladen ein PDF-File, welches das Schaltbild und eine Beschreibung dieses Gerätes zeigen.

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Ich schreibe nun einmal einige Tips zur Reparatur, diese beziehen grundsätzlich erst mal auf das Schaltbild und die Chassis-Unteransicht dieses Gerätes. Ich würde Euch dringend (!!) empfehelen, das Schaltbild, welches sich im PDF-File findet, auszudrucken und es in Verlauf dieser Beschreibung, die ich hier schreiben werde, immer zu vergleichen - daraus könnt Ihr eine ganze Menge lernen !

Vorab aber, einige allgemeine Informationen: Simpel-Empfänger dieser Art mit lediglich MW als Empfangsbereich wurden von der US-Industrie jede Menge gebaut. Der Konkurrenzdruck, der auf allen Herstellern lastete, war von Anfang an enorm, die US Industrie produzierte ab ca. 1924 bereits Millionen von Empfängern. Die territoriale Ausdehnung der USA führte schon frühzeitig zu potenten MW-Sendern und teilweise auch KW Sendern, wichtig war aber Broadcast, das heisst der Mittelwellenbereich. Der weitgehend liberale Gesetzgeber machte es sehr einfach, das viele Stationen in den einzelnen Bundesstaaten wie die Pilze aus dem Boden schossen, das neue Medium fand in kürzester Zeit eine grosse Verbreitung, und die Industrie tat ein übriges.
Es mussten Empfänger für jeden Geldbeutel bereitstehen, sowohl mit Batterie betriebene Radios, die sogenannten Farm-Radios, da es in den Weiten der Agrarflächen von z.B. Iowa oft noch keine Stromversorgung für die enorm vereinzelten Farmen gab. - Andererseits gab es billige Netzempfänger, entweder als Table Top oder Midget Ausführung für die Küche (dort standen die meisten Radios in den USA !) oder schon aufwändigere aber auch wesentlich teurere Geräte in den Wohnzimmern.
Um den Preis niedrig zu halten (und natürlich auch den Profit zu maximieren), versuchte die US-Industrie zu sparen, wo es nur ging. Dabei waren die Röhren und deren Anzahl nicht das Problem, es gab keine extra Steuern auf diese Bauteile und die zig-millionenfache Massenherstellung dieser Röhren sorgte eh für einen niedrigen Preis. Das Problem war der Kostenanteil der Arbeitskraft - ja, schon damals, jeder zusätzliche Widerstand oder Kondensator, der ins Chassis eingelötet werden musste, kostete Zeit und damit Geld.
Also wurde gespart, wo es nur ging, um mit einem Minimum von Bauteilen einen funktionierenden Empfänger zu bauen.
Wer sich das Schaltbild des H511 ansieht, sieht , wie "nackt" das Gerät ist. Die meisten US-Geräte sparten ein Bauteil: Den Netztrafo!
In den USA war die Serien-Allstromheizung Standard, das war leicht, da die Netzspannung nur 117 Volt betrug. Das erniedrigte den Verkaufspreis noch einmal.
Aber gerade deswegen ist der Zenith H511 ein gutes Beispiel für die Reparatur der Empfänger.

Gehen wir einmal in die Einzelheiten dieses Simpel-Radios. Schaltpläne muss man natürlich lesen können, davon muss ich ausgehen. Ganz wichtig zu verstehen ist, das diese Radios (Allströmer) immer 2 "Massesysteme" haben. Chassis ist dort nicht Masse des Empfängers, sondern die eigentliche Masse ist der "Masse Bus", der nur einmal mit einem Kondensator (in diesem Fall ist es der C4 im Schaltbild) mit dem Chassis verbunden ist.
Es lag also direkt keine Netzspannung auf dem Chassis, egal, wie man den Stecker in die Steckdose steckte.
Man beachte im Schaltplan dazu die unterschiedlichen Zeichen: -B ist der Masse Bus, an dem auch das Netzkabel liegt, das uns geläufige Erdungszeichen bei C4 ist die Chassismasse.

Warum ich das hier erzähle? - Der Anfänger wird bei Spannungsmessungen im Gerät automatisch einen Pol des Messgerätes an das Chassis legen (ist ja Masse!) und wird garnichts oder nur Mist messen! - ,Alle im Schaltplan angebenen Spannungen beziehen sich auf den Masse Bus und nicht auf das Chassis!
Diese Schaltungsart findet sich auch in vielen europäischen Empfängern, man muss beim Aufmachen des Gerätes also erst einmal gucken: Habe ich ein Chassis mit Masse Bus oder ist das Chassis direkt die Masse?
Den Masse Bus erkennt man bei vielen Geräten daran, das er bei einer oder zwei Lötösen des Netzelkos beginnt. Dieser ist immer isoliert zum Chassis eingebaut, findet man einen solchen isolierten Elko oder Mehrfachelko, ist die Sache klar, aber manchmal hat das Gehäuse des Elko keine Masseverbindung, sondern es kommt ein extra Massedraht aus dem Bauteil (meistens schwarz in der Farbe). Wer einen solchen faulen Elko ersetzen muss, denke daran: Die Masse des (der) Elko(s) geht auf den Masse Bus, niemals an das Chassis!
Das Schaltbild des Simpel Supers H511 zeigt ein sehr einfaches Netzteil, das bei der 35W4 Gleichrichterröhre beginnt. Vergessen wir einen Moment die Besonderheit der Skalenbirne, die an einer Anzapfung der Heizung dieser Röhre angeschlossen ist. Grundsätzlich haben wir den Empfänger niemals und nimmermals vorher eingeschaltet!!
Als erstes kommt der Seitenschneider zum Einsatz!
Dieser trennt den C5 (0.01µF) einseitig ab (klick!) bei der 35W4, bei der Fassung der Endröhre 50L6GT mit einem weiteren sauberen "Klick" den C13 (0.002µF, im Schaltbild fehlt da eine Null!).
Diese Massnahmen sind essentiell.
Sind die beiden Teile defekt (in 90-99% der Fälle in einem alten Radio der Fall!) dann riecht es ganz unangenehm! Danach ersetzt man diese beiden Kondensatoren durch Neue mit einer Spannungsfestigkeit von mindestens 630V=/250V~. Damit liegt ihr auf der richtigen Seite, besser und optimal sind die blauen Kondensatoren mit 1,2KV oder 2KV Spannungsfestigkeit (z.B. bei Pollin). Auch Keramik-Kondensatoren hoher Spannungsfestigkeit lassen sich hier bedenkenlos einbauen, die gibt es ohne weiteres mit 1KV oder 2KV, bauen klein und sind meistens preiswert zu bekommen.
- Ihr baut hier kein HiFi Gerät, also ist es egal, welcher Kondensator-Typ dort liegt.
Der 0.01µF ist ein Filterko gegen Netzstörungen (alte Überlandleitungen) und der 2000pF ein Tonkorrektur-Kondensator um den Klang zu "verschönern".
Bei den AÜ´s sparten die Amis genauso, es wurde nur das Allernotwendigste verbaut. Mit 9Khz-Sperre und anderen ausgefuchsten Sachen hatten die nichts im Sinn, das kostete nämlich Geld. Wer den 2000pF-Kondensator nicht hat, kann auch ein 1000pf - 3300pF oder 4700pF einbauen, der Wert hat keine unmittelbare strategische Wichtigkeit.
Der 0.01µF kann auch durch einen 22nF bis 47nF ersetzt werden. Ich bin hier kein Radio-Doktor, die Hauptsache ist, ihr kriegt die Kiste erst einmal gut zum Laufen, dann kann man immer noch in die Feinheiten gehen. Danach gucken wir uns die Siebung der Anodenspannung an. - Das alles gilt natürlich auch für ein Radio mit Netztrafo.
Zuerst ist der Seitenschneider das wichtigste Werkzeug, bei engen Stellen die Nagelschere aus dem Badezimmer (die dann ab und zu mal ersetzt werden muss...). Bei Netztrafos gibt es den Kondensator auf der Primärseite (Klick und ab!) und manchmal auch paralell zu den Wicklungshälften der Anodenspannung (klick und ab!).
Wer das nicht tut, riskiert einen rauchenden Netztrafo.
Wer diese Kondensatoren nicht hat (sehr hohe AC-Spannungsfestigkeit !), lässt sie erst einmal weg, die werden erst interessant bei den KW-Empfangseigenschaften des Gerätes.

Im Schaltbild des H511 kommen wir dann zur Anodensiebung, die ist prinzipiell gleich für alle Radios, entweder liegt eine Drossel oder die Feldspule des Lautsprechers oder, wie in diesem Fall, ein Widerstand von 1K (R10) zwischen den beiden Elkos. Der 22 Ohm (R11) ist ein Schutzwiderstand für die 35W4, ob der 20 oder 26 Ohm hat ist erst einmal egal. Der 1KOhm sollte stimmen, ist aber meistens schon ganz schön schwarz von seiner vielen Arbeit. - Also raus und einen neuen einlöten.
Danach sucht man ein anderes strategisches Bauteil: Den Kathodenwiderstand der Endröhre, grundsätzlich neu einlöten, auch, wenn der Wert in etwa stimmt.
Danach misst man den Ausgangstrafo durch, sind die Wicklungen in Ordnung?
Wenn möglich, macht der Seitenschneider einen weiteren Klick: Man trennt den Kondensator vom G1 Anschluss der Endröhre, lässt aber bitte den Gitterwiderstand dran und legt es über eine neuen Kondensator an Masse (10nF reichen immer)!

- Warum dieses ganze Theater? - Wir wollen mal langsam das Radio anfahren, weil wir immerhin gemessen haben, das die Netzteilelkos keinen Kurzschluss haben. Dazu müssen wir auch ausschliessen, das diese o.ä. alten Kohlewiderstände durch Erwärmung plötzlich keinen Kontakt mehr haben (Kathodenstand der Endröhre zum Beispiel), genau deswegen haben wir ihn vorher getauscht.
Zieht die Endröhre keinen Strom, geht die Spannung zu hoch und dann knallt es meistens beim Gleichrichter!
- Am besten fahren wir das Gerät mit einem Vorschaltregeltrafo an, bei halber Netz-Spannung gehen wir langsam weiter und warten mal so ab, was bei 150-160 Volt, beim Zenith mit so 70-80 Volt AC, passiert..
Irgendwann heizen die Röhren schön langsam an, und dann kommt langsam ein grausamer Brumm aus dem Lautsprecher. - "Netzteilelkos furztrocken" heisst das...
Die alten drin lassen, die Drähte ablöten und provisorisch zwei Neue mit ähnlichen Werten drüber löten. Den Ladeelko dabei gleich oder kleiner halten, niemals größer!
Wieder einschalten, alles relativ ruhig, ein bischen Brumm ist immer.
- Spannungen messen: An der Anode der Endröhre, an der Kathode der Endröhre, die müssen bereits in etwa stimmen (plus minus 10% ist hier kein Thema).

Jetzt könnt ihr euch überlegen, welchen Stress ihr haben wollt: Entweder den alten Elko ausbauen und darin Neue einbauen, oder aber die alten Lötfahnen des Teiles als Support für Lötleisten benutzen, auf dem dann die Plusanschlüsse der neuen Elkos und der Siebwiderstand der neuen Versorgung kommen.
Dazu biege ich von den Kontakten der Lötleiste (4 Pole) einen oder zwei um und verlöte diese mit den Kontaktfahnen des alten stillgelegten Elkos. - Die werden natürlich nicht mehr benutzt, sie dienen nur als mechanische Befestigung der Lötleiste. Das wird ein robuster Support, und auf dem kommen dann die neuen Kondensatoren. Platz ist meistens unter dem Chassis der alten Radios und neue Elkos bauen sehr klein.
Beim neuen Probieren macht es dann plötzlich mal Knack, und nichts ist mehr zu hören, dann ist der 22 Ohm - Widerstand (R11 im Schaltbild) hinüber, er hat sich erwärmt und Kontaktprobleme, also raus und neu.

Wer die genauen Werte der Netzteilelkos nicht hat, geht so vor: Den Ladeelko gleich oder etwas kleiner im Wert, den Siebelko entsprechend vergrößern. Im Falle des Zenith H511 als Beispiel:
Ladeelko 60uF, in diesem Falle ein 47uf oder 2 x 33uf paralell. Im Falle von 47uf den Siebelko von 22uf auf 33uf oder 47uf bringen. Das nimmt Euch das Gerät nicht übel.
Die Spannungsfestigkeit beachten: bei Ami-Geräten reichen 200V aus, bei europäischen ist min. 350 Volt, besser 400 Volt oder noch besser 450 Volt.
- Achtung: bei Geräten, die mit der Feldwicklung des Lautsprechers als Drossel arbeiten, kann manchmal auch 450 V knapp werden! Was machen in diesem Falle? - Schon 450V Elkos sind teuer und übersteigen meistens das Budget. Der Wert des Ladelkos ist meistens gering (8uf bis 16uf)und das Hintereinanderschalten von Elkos mit den Paralellwiderständen und die ganze Einlötorgie ins Gerät ist ausserdem stressig. Ich benutzte damals als Ersatz Anlaufkondensatoren von Waschmaschinenmotoren, gut sind die für 300V AC, 500V DC halten die immer aus, auch Pollin hat da immer günstige Angebote und die tun ihren Dienst genauso. Die habe ich dann immer in einer Ecke des Chassis geklebt mit UHU plus o.ä. Kleister.
Der Siebelko kann dann ein normaler Elko sein für 350/400V Spannung, die paar Sekunden Überspannung (der Strom ist begrenzt durch den Widerstand der Feldwicklung des Lautsprechers) halten die immer aus, und dann sackt die Spannung eh zusammen.

Zurück zum Schaltbild vom Zenith H511: Das Netzteil haben wir jetzt repariert, die Anodenspannung am Siebelko liegt bei 102 Volt bis 112 Volt, die Differenz ist nicht wichtig.
Im Lautsprecher brummt es leise und wir trinken erst einmal eine Kaffee...
Zur Skalenlampe: das ist eine Standard-Typ #47 mit Bajonettsockel. Werte sind 6,5V/0,15A.
Das Gerät funktioniert auch ohne Skalenbeleuchtung. Bei der 35W4 sorgt ein Abgriff in der Heizung für das richtige Licht des Lämpchens. Zur Serienheizung ist nichts besonderes anzumerken, sind die Röhren in Ordnung, funktioniert auch die Heizung.
Ob wir dann auch etwas hören und was dabei zu beachten ist, schreibe ich demnächst in der Fortsetzung.
- Erst einmal funktioniert die Endstufe und das Netzteil, und das ist "basic".

Das Problem momentan ist, das ich mal wieder 40 Cent an der falschen Stelle gespart habe. Sehen wir uns den NF-Teil mal anhand des Schaltplanes dieses Zenith H511 genauer an:
Alles, was zwischen 12AT6 (EBC) und 50L6GT liegt ist NF. Eingezeichnet sind im Schaltplan diskrete Bauteile (R8, C17, C5, R9). - Zu unserer grossen Überraschung finden wir die aber nicht, sondern eine komische rechteckige "Keramikplatte". Hierbei handelt es sich um einen "Chip", der ein Netzwerk, bestehend aus diesen Bauteilen, enthält.
Diese wurden oft in französischen, englischen und US-Radios eingebaut, schon in den 40-iger Jahren. Bei den US-Radios war der Grund wieder einmal der Preiskampf. Das Zulieferteil ersparte einen Haufen Lötarbeit, das Massenteil war zudem billig und enthält Keramik-Kondensatoren und Kohlewiderstände. Die Kondensatoren sind meistens in Ordnung, die Widerstände prasseln und knistern oft nach dem Warmwerden des Radios. Traurig aber war, man muss wieder in die Bastelkiste grabbeln gehen. Leider muss man alles austauschen, der Gitterkondensator, der unserer Endröhre das rote Fieber verschaffte, muss ersetzt werden. Grundsätzlich, Freunde:
In der NF fliegt dieses Teil bei allen Radios raus und wird ersetzt!! Hier im Zenith hat er 10nF, bei anderen Radios 4,7nF bis 47nF. Macht Euch bloss keine Sorgen, alles zwischen 10nF und 47nF ist ok, aber, bitte - mit genügend Spannungsfestigkeit. - Die Vorröhre hat zwar nur 38 - 44 Volt Ua, aber unter 250V bzw 400V würde ich nicht gehen. Es ist eines der wichtigsten Bauteile im ganzen Radio. Welchen Typ von Kondensator Ihr da einsetzt, ist wurscht, es kann auch Keramik sein.
Wer viel misst, misst Mist, aber hier sollte man messen. Hat man ein Radio in Betrieb, sollte man mit einem hochohmigen Voltmeter mal die Strippen zwischen Massebus und direkt auf das G1 der Endröhre legen.
- Die nervösen Digitalteile zeigen dabei immer einige Millivolt an wenn der Kondensator in Ordnung ist. Messt ihr dort aber einige Volt, ist der Kondensator hinüber! Ich schreibe das nur der Vollständigkeit halber, ich messe erst garnicht mehr, sondern tausche das Teil grundsätzlich aus, bevor ich das Radio in Betrieb nehme.
Wenn jetzt alles funktioniert, hört Ihr bereits irgendetwas im Lautsprecher, dass sich nach Empfang anhört, oder aber auch nicht (Frust!). Also: Die Widerstände (R8,R9) durchmessen, + - 20% sind noch in Ordnung. Der C17 ist meistens OK (470 pF), da aus Keramik oder Styroflex (nicht in US-Radios, das wäre zu teuer gewesen!). Der C5 (0,01µF), der zum Gitter der EBC geht, und vom Lautstärkeregler kommt, sollte man auch tauschen, diese Teile sind meistens alterschwach - und wieder sind 40 Cents weg und der Mülleimer füllt sich langsam aber sicher mit den Leichen der "üblichen Verdächtigen."
Das gilt vor allem für Wachs-Kondensatoren oder solche aus Teer, auch die alten Wima - "Knallbonbons" waren dafür bekannt, Feinschluss zu haben, da die Feuchtigkeit im Laufe der Jahre dort eindrang.

Der R7 (4,7 Megohm) ist das nächste Problem: Grundsätzlich sind diese hochohmigen Widerstände in alten Geräten fast immer aus dem Ruder gelaufen, 5,2 Megohm wäre noch akzeptabel als realer Wert, aber die Sorge gilt einer anderen Tatsache: Diese alten Kohlewiderstände haben bei Erwärmung des Gerätes oft interne Kontaktprobleme; wenn es dann dauernd knackt und prasselt während des Empfanges, ist dies meistens die Ursache. Wer eh den Seitenschneider angesetzt hat, macht gleich 2xmal Klick, ein 4,7 MOhm-Widerstand sollte wohl in jeder Bastelkiste liegen.
Am Lautstärkeregler, den wir bereits mit WD40 erst einmal ersäuft haben (da wickelt man ein Tempo-Tuch (o.ä) herum und spritzt da richtig rein, das Zeug läuft durch alle kleinsten Ritzen) seht ihr den Schaltkreis der Marketing Abteilung des jeweiligen Herstellers, bestehend aus R5, C6 und R1 (s.o.), der auf die Kathode der Endröhre geht. Das ist der frequenzabhängige Gegenkopplungskreis.
Bei den kleinen "Schepperkisten" im Bakelitgehäuse werkelt ein 10cm Lautsprecher, und irgendwie musste man dafür sorgen, das das Radio einen erträglichen Klang hatte, sonst konnte man das Teil schlecht verkaufen.
Schaltkreise wie diese oder ähnliche finden sich in allen Radios und dienten der Klangkorrektur. Trotz Kostendruck musste dieses Zugeständnis gemachtm werden, und da es alle machten (mussten), relativierte sich der Kostenanteil. Die Werte dieser Bauteile sind unkritisch, sie sind spannungsmäßig nicht belastet. Man misst sie durch, + - 20% bei den Widerständen ist Ok, der Kondensator sollte keinen Kurzschluss haben und möglichst nicht mehr als 50% der aufgedruckten Kapazität.
Den Lautstärkeregler haben wir abgetrocknet und drehen ihn ein paarmal hin und her. Der Ein-Aus Schalter funktioniert auch, sonst muss er getauscht werden.
Dann schalten wir unsere Kiste wieder ein.
Der Stromverbrauch der Vorkreise (EK oder ECH und EF der ZF) ist gering, die Spannungen die wir messen, sollten jetzt alle im grünen Bereich sein, Abweichungen von 10% sind normal und kein Anlass zur Sorge.
Haben wir clevererweise vorher den Drehko ungefähr auf die Frequenz unseres Orts- oder Bezirkssenders abgestimmt, sollte das Gerät jetzt schon mal empfangen, zumindest irgend etwas, was sich nach Radioempfang anhört. - Ist nichts zu hören, legt mal den Finger vor C5 auf den Anschlussdraht, es sollte laut brummen! Dabei fällt dann auch der letzte Staub aus der Lautsprechermembran....

- Ihr ward natürlich mal wieder zu faul, den LS auszubauen und zu reinigen und zu prüfen, ob die Membran frei ist und nicht irgendwo kratzt. Ist das der Fall, heisst das, die Membran neu zu zentrieren. Das können die meisten aber nicht, dann bleibt bei einem permanent-magnetischen Lautsprecher nur die Wahl, diesen durch eine ähnlichen auszutauschen.
Keine Sorge, bei diesen Radios geht an Stelle eines 4 Ohm auch ein 3 Ohm, 5 Ohm und auch ein 8 Ohm, der Zenith und ähnliche Radios hatten eh nur 0,5W bis 2W Ausgangsleistung, die anderen Angaben stammen von der Marketing Abteilung und sind für uns nicht relevant. Die Fehlanpassung verdauen diese Radios. - Sollte man später einen Richtigen finden, kann man den immer noch tauschen.
Sollten wir unseren NF-Kreis soweit in Ordnung haben, sind wir schon ein gutes Stück weiter. Zumindest können wir den Walkman oder CD-Player anschliessen und schon mal Musik hören.

Die meisten von Euch haben sicherlich keinen Messpark zur Verfügung, und an Röhrenprüfgeräten mangelt es auch. Sollten sich nach Austausch der entsprechenden Teile die Spannungen nicht einstellen, muss man die Röhren prüfen, von denen man ja immer ausgeht, das sie funktionieren, da man von vornherein das eh knappe Geld nicht dafür anlegen will... - die heizen ja und irgendwie Luft haben die auch nicht gezogen.
Schön und gut, aber Gleichrichter und Endröhre sind hochbelastete Teile. Kommt die Anodenspannung trotz gesunder Kondensatoren nicht auf den richtigen Wert, macht man die Probe mit einem Sandteil (Silizium-Diode) paralell zur Anode -Kathode des Gleichrichters, den Anodenschluss der Röhre lötet man dabei ab. Eine 1N4007 in Reihe mit 220 Ohm bis 470 Ohm SchutzWiderstand gibt schnell Aufschluss: Stimmt die Spannung jetzt, ist der Gleichrichter noch hübsch in der Vitrine, aber nicht mehr im Radio..! Ist die Anodenspannung von vornherein wesentlich höher als im Schaltbild, der Kathodenwiderstand der Endröhre OK (den haben wir ja getauscht), der Gitterkondensator neu (auch den haben wir getauscht), zieht die Endröhre nicht genügend Strom, dann ist sie also taub und verbraucht. Besser ist natürlich die vorherige Prüfung auf einem Röhrenprüfer, diese "Schätzeisen" geben da genaueren Aufschluss. Bei der EBC (12AT6 in unserem Schaltbild) legen wir dabei das Hauptaugenmerk auf die beiden Dioden.
Diese müssen OK sein, sonst empfangt ihr gar nichts bis wenig, auch wenn das ganze Gerät elektrisch in Ordnung ist. Dabei kann die Triode ruhig etwas schwächeln, die Diodenstrecken müssen aber perfekt sein!
Ansonsten heisst es wieder, die Geldbörse aufzumachen und die Freundin zum nächsten Wochenende nur zur Pizza einzuladen. - Vor allem, wenn man noch die 50L6GT und die 35W4 braucht, weil ebenfalls verbraucht...
Die anderen Röhren prüft man gleich mit. Der Mischer 12BE6 (EK) oder ähnliche lassen sich auf den Röhrenprüfern nur ungenau prüfen, liegen ihre Werte weit oberhalb des Mindestwertes, kann man schon beruhigt sein. Sind die Werte um das Minimum herum, hilft nur die Prüfung im Gerät selbst. Die 12BA6 (EF) der ZF-Stufe sollte ebenfalls ok sein, liegt ihr Wert um das angegebene Minimum, dann geht das noch, empfangen tut das Radio dann in jedem Fall.

Bis jetzt haben wir das Netzteil und das NF-Teil untersucht. Da fehlt doch noch was? Ach ja, richtig... das ZF-Teil.

Meistens hat diese Stufe wenig Probleme. Wir messen zuerst einmal die ZF-Spulen auf Durchgang. Ist da alles OK, dann kann man aufatmen, es ist also keiner diesen dünnen Drähte durchgefault.
Vom Lautstärkeregler geht der R3 (2,2 MOhm) ab auf die Gitter der 12BA6 (EF) und der 12BE6 (EK), dieser entkoppelt die Regelspannung, die wiederum die Vorröhren gleiten lässt (Änderung der neg. Gittervorspannung), je nach Stärke des Eingangssignales. - Besonders bei starken Ortssendern wichtig, denn wenn die Verstärkung nicht heruntergeregelt wird, gibt es schlimme Verzerrungen.
Der R3 muss stimmen, ganz links im Schaltbild liegt ein C4 mit 0.05µF, der muss auch OK sein, SONST IST NICHTS MIT EMPFANG!! - Im Zweifelsfall tauschen!
Der zum G3 führende 22 kOhm (R6) kann ruhig etwas abweichen, ist nicht so wichtig. Der Kathodenwiderstand R2 (68 Ohm) an der Kathode der EF sollte auch in etwa stimmen, nen paar Ohm mehr oder weniger haben hier keinen Einfluss. Der andere C4, der den Massebus mit dem Chassis verbindet, sollte man auch tauschen, wenn man schon dabei ist. Gesunde Kondensatoren in einem Radio schaden nie und an den paar Cents mehr soll es ja wohl nicht scheitern.
Die ZF Spulen haben innen Paralellkondensatoren. Da diese spannungsmäßig kaum belastet sind, sind die auch meistens in Ordnung. Manchmal ändert sich deren Kapazität aber auch etwas, ein vorsichtiger Nachabgleich der ZF Spulen erhöht die Empfindlichkeit des Empfangs wieder.
Natürlich haben die meisten keine Messgeräte für den Abgleich. Es geht auf AM aber zur Not auch ohne. Man beginnt von hinten. Zuerst auf einen starken Sender abstimmen, die zur Diode der 12AT6 führende Spule finden und deren Kern ca eine 1/2 Umdrehung rein oder raus drehen (Originalposition des Kerns vorher mit Filzstift markieren). Meistens wird es dann etwas lauter und der Ton voller.
Dann geht man zur 1. ZF und sucht wieder den Kern der Spule, der auf das Gitter der 12BA6 (EF) geht. Gleiche Prozedur anwenden.
Bitte eins beachten: Nicht wild an den Kernen herumdrehen, mit Gefühl und langsam, eine halbe bis 1 Umdrehung maximal reicht völlig aus!! - Das macht man mit einem Kunsstoffschraubenzieher, nicht mit einem Metallteil.

Manchmal werden die ZF Spulen auch mit Paralellkondensatoren als Trimmer ausgeführt. Die Kerne sind dann fest eingeklebt. Dort gibt es manchmal Probleme, da die Kontaktbahnen korrodiert sind, dann empfängt man natürlich nichts.
- Säubern mit Pinsel, Kontakt 60 drauf und einwirken lassen, Originalposition der Schraube markieren und den Trimmer dann vorsichtig kurz nach links und rechts drehen, Trocknen lassen! Dann gegebenenfalls nachspülen, wieder trocknen lassen. - Hat der Trimmer wieder guten Kontakt, funktioniert auch die ZF und das Radio empfängt.
Originalposition des Trimmers einstellen und Ortssender einstellen, evt. Feinabgleich, wie oben beschrieben. Die Abgleichtrimmer der ZF Spulen sollte man alle reinigen, sonst macht es mal mitten im Betrieb "Knack" - und das Radio ist stumm.
Alle Teile im Radio reagieren auf Wärme, auch diese Bauteile. Im Bereich der HF und ZF guckt man sich ausserdem alle Lötstellen besonders gut an, im Zweifelsfall lötet diese sauber nach, sowohl die Anschlüsse am Röhrensockel, als auch die der ZF Spulen.
Im Zenith H511 sind beide Dioden der 12AT6 (EBC) zur Gleichrichtung ausgenutzt, manchmal wird eine Diode direkt von der Anode der ZF (12BA6) mit einem kleinen Kondensator (5 - 20 pF) gekoppelt und der R3 darauf gelegt für die Regelspannung. Das ist dann etwas luxuriöser als Regelkreis.
Regelt das Gerät nicht (Verzerrung bei starkem Sender), tauscht diesen kleinen Kondensator. Bei einem starken Ortssender müssen die Vorröhren fast "zuregeln", hier könnt ihr mit einem hochohmigen Voltmeter direkt sehen, wie bei der Abstimmung des Drehko auf den starken Sender, diese Spannung enorm ansteigt, teilweise bis zu 15 Volt und mehr (hängt vom Radio und der Auslegung der Schaltung ab).
Tut sie das nicht, ist der kleine Kondensator hinüber, oder der Entkopplungswiderstand 2,2 MOhm, oder, ganz wichtig: der C4 ganz links im Schaltbild hat Kurzschluss. - Dieser Regelkreis muss gut funktionieren, er entscheidet erheblich über die Güte des Empfangs des Radios!
Bleibt noch die HF Stufe über, prüft schon mal, ob die Drehkondensator-Pakete keinen Schluss haben, schon mal sauber machen und entstauben mit dem Pinsel und auf die Lager der Rotorwelle schon mal WD40 einwirken lassen.

Manchmal ist es zum Verzweifeln, das Radio will nicht funktionieren, alles stimmt, alles ist augenscheinlich richtig. Aber : ich empfange nichts. Spezielle Messgeräte habe ich auch nicht.
Gehen wir mal einen Moment davon aus, das der HF-Kreis in Ordnung ist und wir einen Fehler in der ZF haben. Welcher könnte das sein, die Spulen haben doch Durchgang und die Gitterkappe der ZF Röhre meines alten Radios hat auch Kontakt?
Bei älteren Radios wurden als Paralell-Kondensatoren zu den ZF Spulen genietete Schichtkondensatoren eingebaut.
Diese kleinen Alunieten korrodieren mit der Zeit und geben dann entweder keinen oder schlechten Kontakt. Der Kondensator hat zwar seine Kapazität, aber keine leitende Verbindung mehr von seinem Anschlussdraht zur Lötöse.
Die ZF funktioniert dann nicht mehr und damit auch das Radio nicht. - Ein fieser Fehler.
Ähnliche Probleme machen diese Kondensatoren auch, wenn sie zudem noch in Wachs vergossen sind oder bei der Montage Flussmittel verwendet wurden die dann zur Korrosion im Nietbereich führen.
Das bedeutet Frustarbeit, die Abschirmbecher müssen runter! - Dann der nächste Frust: Oft ist auf den Kondensatoren der Wert nicht aufgedruckt, da helfen dann nur Vergleichsmessungen mit den anderen Kondensatoren in den Bechern oder man guckt sich die Schaltpläne von ähnlichen Geräten mit gleicher ZF Frequenz an. Statistisch gesehen findet man dann immer mehr oder weniger den gleichen Wert, im Zweifelsfall baut man einen C-Trimmer ein.
Dieser Fehler kommt nicht sehr häufig vor, mir ist er bisher 3 mal passiert, mit Meßsender und Signalverfolger kommt man der Sache schnell auf die Spur, aber nicht alle haben diese Geräte.
Deswegen an dieser Stelle diesen Zusatz und nicht gleich die ganze HF-Gruppe zerrupfen!
Da die Röhren für unseren Simpel-Super ja, z.B. bei Pollin, so wenig kosten, haben wir vorsorglich schon mal eine neue 12BE6 parat. Diese EK lässt sich auf allen gängigen Röhrenprüfern nur schlecht prüfen. Wir haben zum Glück nur MW und keine KW-Kreise und wir haben auch keinen Wellenbereichsumschalter, der mit seinen korrodierten Kontakten uns fürchterlich nervt.
Der Eingangskreis besteht aus der Rahmenantenne und dem Drehko. Wenn irgend wie möglich, sparten die Amis gewickelte Spulen, Filterkreise im Eingang, Saugkreise... - Unsere Spule ist als Antenne auf die Pappwand als fertiger Wickel geklebt.
Unser Drehko funktioniert, hat keinen Kurzschluss, die Schrauben der Paralelltrimmer haben wir gereinigt mit Kontakt 60 oder WD40, ohne diese zu verstellen. Wir haben dort die gleiche Prozedur angewendet, wie bei den ZF Spulen beschrieben!
Wir messen jetzt die kleine Oszillatorspule unter dem Chassis durch und betrachten sehr aufmerksam die Lötstellen. - Ist hier ein Wackler, dann funktioniert nichts. Zwei kleine Bauteile sind hier um die Spule herum zu sehen: der kleine 110 mmF Kondensator (C14), ist der aus Keramik, ist er meistens OK, wie im Zenith H511. Einen Teerkondensator oder aus Wachs wechseln wir immer aus, hier empfiehlt es sich immer, einen Keramik- oder Styroflex-Kondensator einzubauen. 100pF reichen aus, sehr gut bewähren sich da auch die Mica-Kondensatoren. Der Kondensator muss dicht sein, beim geringsten Feinschluss schwingt der Oszillator nicht mehr.
Der Widerstand R6 (22k) kann auch abweichen und seine 20% ausnutzen. - Vorsicht beim Löten an den Anschlüssen der Oszillatorspule, die Drähte sind hauchdünn und werden schnell "zerlötet".
Eine letzte Kontrolle: Der Drehko und der Anschluss der Spule sollten immer eine sehr sichere Verbindung zu Masse oder Massebus haben.
Alles fertig? - Dann funktioniert auch unser neues Küchenradio hervorragend, und Ihr werdet Euch wundern, wie enorm empfindlich dieser Simpel-Empfänger ist.

Solltet ihr also so etwas einmal unter die Finger bekommen: Geräte mit dieser Bestückung brauchen einen 560 Ohm-Widerstand 30W bis 50W zum Betrieb an 230V, oder aber einen kleinen Vorschalttrafo.
Na, dann viel Spass beim Löten, nach dieser kleinen Einführung.
Gruss, Volker Jeschkeit



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