Der historische KOSMOS-Radiomann mit der
sogenannten Raumladegitter-Röhre DM 300 (N)



Der folgende Beitrag geht auf diese Quelle zurück:

DM 300 (N) wirklich eine Raumladegitter-Röhre?? (Jogis Röhrenbude)

Diese speziell für KOSMOS gefertigte Röhre, die gegenüber der ursprünglichen DM 300 von 1927 (Radio Record) modifiziert wurde, scheint ab ca 1945 (als KOSMOS die ursprünglichen eingesetzten echten Raumladegitter-Röhren RE 074d ausgingen) eingesetzt worden zu sein, aber als "gewöhnliche" Tetrode. Dies wurde durch einen Trick bei den Gitteranschlüssen "verheimlicht" (Austauschen der beiden Gitteranschlüsse [Stift und Seitenschraube], ferner durch gewisse Modifikationen des Elektrodenaufbaues):

Es taucht natürlich sofort die Frage auf: Gehen also auch Nicht-Raumladegitter-Röhren mit 12 Volt Ua"?

Auf meine entsprechende Frage in Jogis-Röhrenforum

"Warum funktioniert die DM 300(N) auch in Schirmgitterschaltung ebenfalls auch schon mit 12 Volt"? antwortete Wolfgang Holtmann:

Ich muss zugeben, Detailkenntnisse über die internen Systemkonfigurationen der Elektronenröhren fehlen mir. Erschwerend in diesem Fall ist noch: trotz intensiver Suche, für diesen Röhrentyp (mit dem runden Stempel) besteht scheinbar kein Datenblatt! Dass die alte DM 300 mit der Neufertigung DM 300(N) wenig gemeinsam hat, wurde schon an anderer Stelle erwähnt.

Die Frage könnte auch lauten:
„Welche Voraussetzungen muss eine Schirmgitterröhre erfüllen, um bei 12 Volt Bertriebsspannung noch einen nennenswerten Anodenstrom zu erzielen?“

Bekanntlich kann man schon mit dem Auge eine grobe Einschätzung der Eigenschaften einer Röhre machen, natürlich nur, wenn das System einigermassen sichtbar ist!
In Abb.1 habe ich eine Gegenlichtaufnahme von der alten und der neuen DM 300 von Radio-Record gemacht.

Deutlich zu erkennen ist die unterschiedliche Höhe des Anodenkastens! Im Klartext:
Die Elektrodenabstände sind bei der rechten DM 300(N) geringer als bei der linken Ausführung. Das ist schon mal eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Funktion bei niedrigen Spannungen!

Ein weiterer Anreiz für die Elektronen sich Richtung Anode zu bewegen ist dadurch gegeben, dass das 1.Gitter (= neu als Steuergitter, direkt über dem Heizfaden) bei den Versuchen im RADIOMANN positiv(!) vorgespannt ist und damit (gewissermassen ähnlich einem Raumladegitter) die Elektronen aus der Raumladewolke lockt.
Diese positive Vorspannung ergibt sich aus dem Spannungsgefälle (ca. 4 Volt) entlang des Heizfadens (= Kathode)
Da das 1.Gitter (über den Gitterableitwiderstand) mit dem positiven Heizfadenende verbunden ist, ist an d i e s e m Punkt gegenüber dem g1 kein Potentialunterschied, also 0 V.
Dahingegen hat das negative Heizfadenende einen Spannungsunterschied von -4V gegenüber dem 1.Gitter. Anders ausgedrückt: Das 1.Gitter ist an d i e s e m Punkt +4 V gegenüber dem negativen Heizfadenende! Um die Sache zu vereinfachen, wird die Vorspannung dieses 1. Gitters auf +2 V gemittelt. Man kann noch daraus ableiten, dass die Elektronenverteilung ungleichmässig sein muss.

EMPFANGSVERBESSERUNGEN OHNE EXTRA AUFWAND

Das Spannungsgefälle entlang des Heizfadens bei den direkt geheizten Doppelgitter-Röhren, kann man vorteilhaft zu einer kleinen Aufstockung der Anoden-Betriebsspannungen nutzen! Bei den sowieso geringen Spannungen ist doch jedes zusätzliche Volt willkommen.

Bei KOSMOS hat man davon leider keinen Gebrauch gemacht. In der FUNKGESCHICHTE Nr.139 (GFGF) habe ich in der Vergangenheit Näheres hierzu geschrieben.


Die ganze Sache ist so logisch, dass ich mich frage: "hatte nicht früher schon jemand die Idee, um auch beim RADIOMANN einen Teil der Heizspannung der Betriebsspannung hinzu zufügen?" Man braucht nur die Heizbatterie umzupolen und den Gitterableitwiderstand wieder an das positive Heizfadenende zu bringen. Mehr nicht.

Anmerkung:
Wer aber das Optimum aus den Schaltungen herausholen möchte und noch 1 Euro investieren will, der sollte mal den Trick mit dem 470-Ohm-Poti parallel zum Heizfaden ausprobieren. Der Gitterwiderstand wird dann an den Schleifer angeschlossen, wodurch sich der Arbeitspunkt in gewissen Grenzen variieren lässt.


Die folgenden Ausführungen haben nur Gültigkeit für die Versuche mit den Doppelgitter-Röhren RE 074d (Raumladeschaltung) und DM 300 (N) (Schirmgitterschaltung), jedoch nicht für die indirekt geheizte EF 98 im späteren Radiomann!




In der Abbildung links habe ich in Rot diese änderungen für Versuch 74 eingezeichnet. Das ist für die anderen Röhrenexperimente gleichermassen gültig.

Woher kommt nun diese Zusatzspannung? Die Definition der Anoden-, Raumlade- oder Schirmgitterspannung bezieht sich immer auf die Kathode. Nun ist hier der Heizfaden die Kathode, die - wie schon erklärt - ein unterschiedliches Potential besitzt. Das macht das Ganze etwas komplizierter.

In der folgenden Abbildung habe ich mal versucht, die Einzelspannungen darzustellen. Mit einem (hochohmigen) Voltmeter kann man das selber nachvollziehen. Gezeigte Spannungsangaben sind in Volt.



Zunächst wie in der Orginalschaltung mit der DM 300(N) aus den 50er Jahren (Abb.2). Der Minuspol der Heizbatterie ist mit dem Minuspol der Anodenbatterie verbunden. Dann ergibt sich ein Potentialunterschied von der Anode zum pos. Heizfadenende von 6,3 V und zum neg. Heizfadenende von 9,3 V. Wir mitteln das auf Ua = 7,8 V. Das Gleiche wiederholen wir für das Schirmgitter: zum pos. Ende 7,5 V, zum neg. Ende 10,5 V. Die gemittelte Ug2 = 9,0 V.

Nun polen wir die Heizbatterie um. Anm.: Der Gitterableitwiderstand muss jetzt auch wieder an das pos. Heizfadenende, um die gleichen Gittervorspannungsverhältnisse wieder herzustellen (Abb.3). Diese Messungen zeigen die deutlich höheren Spannungswerte weil die Heizspannung (3 Volt) nicht mehr den Bertriebsspannungen entgegenwirkt, sondern sich mehr oder weniger addiert! Die neuen Mittelwerte sind: für die Ua = 12,4 V und für die Ug2 = 15,0 V!!

Was bringt uns das alles?

Es leuchtet ein, dass das einen günstigen Einfluss auf die Empfangseigenschaften haben muss. D.h., die HF-Empfindlichkeit nimmt zu, bzw. die NF-Lautstärke steigt an. Ich habe Messungen nach Versuch 74, also ohne Rückkopplung (wegen der besseren Reproduzierbarkeit) gemacht.

  • Orginalschaltung mit der DM 300(N): Iges = 0,65 mA. Ein 24 mV (700 kHz, 30% mod.) HF-Signal ergibt am Ra von 2,2 kOhm (Kopfhörernachbildung) eine NF-Spannung von 10 mV. Reduziert man die Ub auf 6 Volt (verbrauchte Batterien!), fällt die NF-Spannung auf 4 mV ab. (-60%)
  • Die geänderte Schaltung, mit Spannungsaufstockung: Bei gleicher HF-Eingangsspannung erhält man eine NF-Ausgangsspannung von 13,2 mV (+ 32%). Allerdings ist die Belastung der Anodenbatterien um ca. 1mA gestiegen! Viel wichtiger erscheint mir die Tatsache, dass bei einer Ub von 6 Volt die NF-Spannung nur auf 7 mV zurückfällt (-30%).
Ja, wir können sogar die Anodenbatterien ganz weglassen (Anschlüsse miteinander verbinden) und haben dennoch (schwachen) Empfang! Eine Beweis der These: Die Heizspannung kann einen Teil der Betriebsspannung liefern.

Ich möchte noch mitteilen, dass ich auch auf den Gedanken kam, die RE 074d in der Schirmgitter- sowie die DM 300(N) in der Raumladegitterschaltung (also verkehrt herum) zu betreiben. Die Ergebnisse waren in beiden Fällen deutlich schlechter.



Der RADIOMANN mit der EF 98

Ende der 50er Jahre wurde die DM 300(N) durch die neu entwickelte Autoradio-Röhre EF 98 ersetzt. Diese benötigt ebenso eine Betriebsspannung von nur 12 Volt. Allerdings ist durch die indirekt geheizte Kathode die aufzubringende Heizleistung deutlich höher. Obwohl die nominale Heizspannung dieser Röhre 6,3 V beträgt, wird in den Versuchen wieder eine 4,5 V Flachbatterie benutzt. Man hatte damals eben keine andere Wahl. Meine Experimente haben bestätigt, dass kaum ein Rückgang der Empfangseigenschaften bei dieser Unterheizung eintritt. Auf die Dauer kann das zu einem vorzeitigen Emissionsverlust der Kathode führen. Ich würde das aber nicht überbewerten, weil die Gesamtbetriebszeit doch relativ gering ist.

Anm.: Bei Uf = 4,5 V und If = 0,25A ist ein Netzteil sehr empfehlenswert!

Umstellungsschwierigkeiten:

Bei den RADIOMANN-Kästen bis etwa 1963 hatte Kosmos das Schirmgitter der EF 98 fest mit der vollen Betriebsspannung (max. 13,5 V) verbunden. Das ist aber für diesen Röhrentyp nicht zulässig. Durch die ungewünschte Stromübernahme des G2 bei schwankender Anodenspannung kommt es zu Unlinearitäten, wo doch gerade Audionschaltungen mit niedriger Ug2 betrieben werden. Damit wird zwangsläufig eine bessere Linearität im oberen Teil der Ia/Ug1 Kennlinie erreicht. In diesem Bereich wird ja bekanntlich die - durch Gittergleichrichtung - gewonnene NF verstärkt. Mehr dazu weiter unten.

1) Hier zunächst der Empfangsversuch 104 aus der 13. Auflage von 1960:





Hinweis: Der Telefonkondensator parallel zum Kopfhörer ist im Anleitungsheft nicht eingezeichnet, ist jedoch für guten Empfang unerlässlich. Nur bei Versuch 110 "Rückkopplung mit Regelung durch Kondensator" muss dieser entfallen, weil sonst die HF-Reste für die ‚kapazitive' Regelung der Rückkopplung kurzgeschlossen werden.

Messwerte zur obigen Schaltung:

Zunächst die Messung bei Ub = 12 V wobei hier G2 noch an der vollen Ub liegt! Ich messe einen Iges = 5,5 mA. Um wieder die 10 mV NF am Ra von 2,2kOhm zu erhalten, ist 13 mV HF-Spannung erforderlich. Also empfindlicher als der Vorgänger mit der DM 300(N).

1a) Vorschlag einer Sparschaltung:

Man kann in den Röhrenversuchen die Betriebsspannung problemlos auf 4,5 Volt senken! Wir benutzen einfach die Heizbatterie auch als Lieferant für die Anoden- und Schirmgitterspannung. Damit können drei(!) Flachbatterien eingespart werden! Ein weiterer Vorteil: bei einer Spannungsversorgung mit einem seperaten Netzteil, ist nur eine (Gleich-) Spannungsquelle erforderlich!

Anm.: Die Schirmgitterspannung braucht bei dieser Anordnung nicht reduziert werden. Untenstehende Abbildung (Versuch 104) zeigt die minimalen Anpassungen. Man beachte die umgekehrte Polung der Heizbatterie!





D i e g r o s s e ü b e r r a s c h u n g !

Wer nun glaubt, mit der geringen Betriebsspannung von nur 4,5 V - also einem Drittel der ursprünglichen Spannung - seien die Ergebnisse entsprechend schlechter, dem kann ich nur sagen: Die NF-Ausgangsspannung hat sich sogar um 140% verbessert!" Ich dachte zuerst an einen Messfehler. Aber auch eine andere EF 98 und ein anderer 2000 Ohm Kopfhörer ergeben etwa das gleiche Resultat!

Messwerte:

Bei Ub = Uf = 4,5 V sinkt Iges auf nur 1,3 mA!! Aber, schon 8 mV HF erzielen eine NF von 10 mV! Lasse ich die HF-Eingangsspannung auf die obigen 13 mV stehen, zeigt das NF-Voltmeter sage und schreibe 24 mV an !

2) Die durch KOSMOS korrigierte Schaltung

Im angeschlossenen FORUM wurde ich auf die Korrektur des "Fehlers" mit der Schirmgitterspannung, hingewiesen. Jetzt hat man das Schirmgitter an 2/3 der Betriebsspannung gelegt (8-9 Volt). Das genaue Datum der Umstellung kann ich noch nicht nennen, sie müsste aber um 1963 stattgefunden haben. Weiterhin wurde die Vermutung ausgesprochen, dass der angesehene Fachmann und Author vieler Bücher auf dem Gebiet der Radio/FS-Technik, HEINZ RICHTER, hierauf Einfluss hatte.





Messwerte:

Bei Ub = 12 V und Ug2 = 8 V ist Iges = 3,8 mA. Die HF-Eingangsspannung von 13 mV, ergibt nun eine NF-Spannung von 35 mV! Also, das bisher beste Resultat!

Nachbetrachtungen

Wenn ich mir diese "Story" nochmals durch den Kopf gehen lasse, muss ich an die vielen Besitzer der ersten Experimentierkästen mit der EF 98 denken. Man darf wohl davon ausgehen, dass diese weder damals, noch heute, von den ‚Unstimmigkeiten' gewusst haben bzw. wissen. Ich spreche hier von einer ungenutzten Verbesserungsmöglichkeit von immerhin 250%, dazu auch noch gratis!

Wie heisst es so schön: "Was ich nicht weiss, macht mich nicht heiss!"

Wolfgang Holtmann




Nun folgen noch ein paar von mir aufgenommene Ia/Ug-Kennlinien der typischen Vertreter der drei Röhrengenerationen, welche im RADIOMANN Verwendung fanden.

Anmerkung:
Mit Absicht habe ich nicht die statischen Kennlinien aufgenommen, sondern die praxisnahen dyn. Kennlinien mit einem Ra = 2kOhm und (abweichend von der Norm) -Ub mit dem positiven(!) Heizfadenende verbunden! Das ist auch der Bezugspunkt für die Steuergitterspannungen.

1. Bis etwa 1945 wurden Doppelgitter-Röhren in Raumladeschaltung verwendet. Oftmals auch „Raumladegitter-Röhren“ genannt. Die RE 074d (Abb.2) war sehr verbreitet.


2. In den 50er Jahren wurde auf die schon erwähnte Doppelgitter-Röhre DM 300(N) -aber in Schirmgitterschaltung- umgestellt (Abb.3). Trotz der geringeren Gesamtemission, schneidet sie im Empfangsvergleich sogar noch etwas günstiger als die RE 074d ab. Und das bei einer Gesamtbelastung der Anodenbatterien von nur 0,65mA!!


3. Ende der 50er Jahre kam dann die (jetzt indirekt geheizte) Autoradio-Röhre EF 98 zum Einsatz. Abb.4 macht deutlich, dass durch die viel grössere Heizleistung (plus ein verbessertes Steuergitter) eine höhere Steilheit erzielbar ist. Kein Wunder, dass sie die besten Ergebnisse liefert. Man beachte hierbei bitte, dass diese 6,3V-Röhre mit nur 4,5V auch noch stark unterheizt wurde!!

Die Sendeversuche mal anders betrachtet



Ehrlich gesagt, mir ist es bis heute nicht gelungen, eine halbwegs vernünftige Musikübertragung mit dem RADIOMANN als Sender (Versuch 80) zu bewerkstelligen.
Ich spreche jetzt von den Ausgaben der 50er Jahre, also mit der DM 300 (N).

Anstatt der vorgeschlagenen damals üblichen ('dynamischen') Grammofondose habe ich mal versucht, einen Sinuston als Modulation einzuspeisen. Zur Kontrolle wird die ZF-Hüllkurve eines auf der Radiomann-Sendefrequenz empfangenden Superhets auf einen Oszillografen sichtbar gemacht.Die Resultate mit dem Original-Schaltungsvorschlag sind schlichtweg entmutigend! Dabei bin ich mir durchaus bewusst, dass man bei dem geringen Aufwand nicht viel erwarten darf. Oder mache ich was falsch? Wer hat da andere Erfahrungen? Ich bitte um Reaktionen im FORUM.

Betrachten wir die Originalschaltung, muss die NF über die Eingangsspule und dann via den (für die NF viel zu kleinen) 200 pF Kondensator zum Steuergitter gelangen. Aber von einer G1-Modulation an einem Oszillator kann man sowieso nichts Gutes erwarten. Das räumt Kosmos auch schon selber ein (...ergibt eine wenig reine Musikwiedergabe...):



Die Sache mit dem Klingeltrafo

Mit ein wenig Einfallsreichtum können wir doch noch ein hörenswertes "eigenes Rundfunkkonzert" in den äther schicken. Ich wiederhole an dieser Stelle nochmal die Devise: Keine Veränderungen, die den Charakter unseres geliebten RADIOMANNES zerstören würde!

Erläuterung des Verbesserungsvorschlages: Wir wissen, dass ein Rückkopplungs-Empfänger bei enger Kopplung der beiden Spulen zum Sender wird. Die Stärke dieser ‚Sendewelle' ist auch von der Höhe der zugeführten Anodenspannung abhängig. Je höher die Spannung, um so stärker wird ausgesendet (und umgekehrt). Mit anderen Worten, man kann die Amplitude (Stärke) im Rhythmus der Musik schwanken lassen, wenn man die Anodenspannung entsprechend ‚moduliert'. Das ist mit einem einfachen Klingeltrafo (weil überall erhältlich) machbar. Dieser Trafo wird hier zur ‚Aufwärtstransformation' der auf die 8-Volt-Niederspannungsseite eingespeisten NF missbraucht. An der 230-Volt-Wicklung erhalten wir dann eine schwankende Wechselspannung von maximal ein paar Volt, welche mit der Batteriespannung in Reihe geschaltet ist. Somit wird im Rhythmus der Modulation die durch die Batterie gelieferte Anodenspannung verstärkt oder geschwächt. Unser Sender wird "amplitudenmoduliert" (AM).

Anmerkungen:
  • Mit ähnlichen Kleintrafos oder einem kleinen Ausgangsübertrager hatte ich auch gute Ergebnisse.
  • In meinen änderungsvorschlägen hat sich die Parallelschaltung von Drehko und Spule (40) als viel günstiger erwiesen!
  • Etwas mehr ‚Output' lässt sich erzielen, wenn man die Antenne direkt mit der Anode verbindet. Wohnt man jedoch in der Nähe eines MW-Senders (wie ich), so ist mit ungewünschten Rückwirkungen zu rechnen.
  • Und bitte die ‚Erdung' nicht vergessen!

Nun stellt sich die Frage: "Womit kann ich modulieren?"

Geeignet sind alle Audioquellen mit einen niederohmigen Ausgang. Der Kopfhörerausgang eines tragbaren CD- oder MD-Players, sowie eines ‚Walkmannes' ist möglich.
Die Ausgänge werden über eine ‚Anpassung' mit der 8V-Wicklung des Klingeltrafos (= Modulationtrafo) verbunden. Die 10 Ohm Widerstände dienen zur Entkoppelung der Ausgänge und vereinen ein eventuelles Stereosignal zu Mono. Ich gebe zu, die genannte moderne Unterhaltungselektronik passt eigentlich nicht zum Stil der 50er-60er Jahre. Sie sollte besser weit weg vom RADIOMANN aufgestellt werden!

Origineller ist schon ein Plattenspieler mit eingebautem Verstärker. Sollte es sich noch um einen Röhrenverstärker handeln, muss der fehlende Lautsprecher durch einen 8 Ohm Lastwiderstand nachgebildet werden. Und jetzt noch die alten Platten aus dieser Zeit auflegen!

Das Ergebnis kann sich sehen lassen!

Nebenstehende Abbildung zeigt die (mit einem Sinuston) 60%ig amplitudenmodulierte Trägerwelle, generiert mit einer DM 300 (N). Begrenzt man die maximale Modulationstiefe auf diesen Wert, bleiben die Verzerrungen (Klirrgrad) unter 5%. Das ist, in Anbetracht des Schaltungsaufwandes, ein sehr gutes Ergebnis. Selbst die (ungewünschte) Frequenzmodulation ist dann zu vernachlässigen. Also, bitte nicht zu weit aussteuern!

Die 4 Schaltungsvarianten

Abhängig vom verwendeten Röhrentyp, habe ich die besten Erfahrungen mit folgenden Einstellungen gemacht:

1. RE 074d

Die Betriebsspannung ist auf 6 Volt reduziert. Das Raumladegitter ist ebenso auf diese Spannung gelegt. Anmerkung: Frühere Versuche haben gezeigt, dass die Doppelgitter-Röhren sogar ganz ohne Anodenbatterien auch in der Senderschaltung funktionieren. Das Spannungsgefälle entlang des Heizfadens reicht schon aus, um ein schwaches Signal zu erzeugen. Will man aber Mauern durchdringen, sind die vorgeschlagenen Betriebsspannungen einzuhalten.



2. RE 084

Die schwer zu beschaffende Doppelgitter-Röhre DM 300 (N) kann durch eine 4-Volt Triode ersetzt werden. Die RE 084 funktioniert hier einwandfrei mit 27 Volt.




3. DM 300 (N)

Da es sich um eine Schirmgitterschaltung handelt, muss eine kleine Anpassung geschehen. Dieses Schirmgitter (besser gesagt: Schutzgitter) an der Seitenschraube hat ja die Aufgabe, den Gitter-Kathodenraum vor der ‚schädlichen' Anodenrückwirkung zu schützen. In der Modulationsschaltung ist jedoch ein ‚Durchgreifen' der schwankenden Anoden- und Schutzgitterspannung gewünscht. Daher wird G2 mitmoduliert!




4. EF 98

Obwohl Kosmos in den späteren Experimentierkästen keine Sendeversuche mehr publizierte, will ich zum Schluss noch einen Vorschlag für diesen Röhrentyp zeigen. Lag sozusagen ‚auf dem Weg'.

Die Schaltung ist eigentlich mit der vorigen zu vergleichen. Auch hier wird zusätzlich das G2 mit der Modulationsspannung beaufschlagt. Dieser Röhrentyp verlangt jedoch nach einem Widerstand vor dem G2 (Anm. Red.:denn für die Anodenmodulation ist ja ein grosser 'Durchgriff' die Grundlage).

Viel Spass beim Experimentieren!
Wolfgang Holtmann





Zwei weitere Beispiele für 'Sparschaltungen'

Otto Kappelmayer zeigt in seinem Büchlein 'Der Mikro-Sender' (1933, DRB 47, Deutsche Radio-Bücherei) zwei interessante Anordnungen:

1. Ein Sparaudion

Die genaue Wirkungsweise und ebenso die sehr gute Erklärung der 'versteckten' Rückkopplung bei dieser sog. Negadyn-Schaltung bei:

Jogis Röhrenbude unter 'Wie funktioniert das? Grundlagenwissen für den Radiobastler'




2. Ein Sender für 'tönende Telegraphie'

Hier sind der 'Modulationstrafo' und der 'Zerhacker/Spannungsheraufsetzer' vereint, wodurch wieder nur eine Taschenlampenbatterie benötigt wird:




Günstiger Ersatz für die DM 300 (N) und RE 074d

(Ein Vorschlag um Geld zu sparen) Es hat sich herumgesprochen, dass die genannten Typen für den RADIOMANN (ausgegeben bis Ende der 50er Jahre) sehr gefragt sind. Dieser Umstand hat den Preis der Röhren in die Höhe schiessen lassen. Dazu kommt noch, dass die gefertigten Stückzahlen rel. gering waren! Und überhaupt, wer kennt denn schon die Bezugsquellen?

Gerne greife ich obigen Artikel "Gehen auch Nicht-Raumladegitter-Röhren bei Ua = 12 Volt?" zurück: Bestimmte Röhren ergeben schon einen Empfang bei einer Ub von 25-30V.

Ganz wichtig bei diesen überlegungen ist: Wenn wir schon von ‚Ersatzröhren' sprechen, darf auf keinen Fall das Erscheinungsbild unseres RADIOMANNES zerstört werden!! Damit fallen Lösungen wie: D-Röhren, Noval-Röhren (oder gar Transistor-Ersatzschaltungen) über Zwischensockel in meinen Augen weg. Es sei denn, man kann sie in den Glaskolben einer alten Batterie-Röhre unterbringen. Ja, solche ‚Künstler' gibt es wirklich! Selbst mit Verspiegelung! Realistischer erscheint mir folgender Vorschlag: Man kann noch rel. günstig die 4 Volt -Triode RE 084 auf den Tauschbörsen der Radiosammler-Vereine kaufen. Gut, bei 12 Volt Batteriespannung tut sich bei dieser Röhre natürlich nicht viel. Erhöht man jedoch die Spannung auf 27 Volt, so haben meine Messungen ergeben, ist gleichwertiger Empfang wie mit einer DM 300 (N) zu erzielen! Siehe die abgebildete Kennlinie.

Diese 27V werden aus einer Reihenschaltung von drei 9V-Batterien gewonnen. Vorteilhaft ist auch hier die angepasste Verdrahtung der Heizbatterie, wie bereits weiter oben unter "Empfangsverbesserung" beschrieben. Der Empfangsunterschied ist aber geringer, weil der Spannungszuwachs in Relation mit der höheren Ub, kleiner ausfällt. Weitere änderungen sind nicht erforderlich. Die Verbindung zur Seitenschraube wird nicht mehr benötigt.

"Funktioniert die RE 084 auch in der Senderschaltung (Versuch 80) ?"

Auch das ist möglich! Allerdings in einer abgeänderten Form, weil der ursprüngliche Vorschlag von Kosmos -auch mit der originalen DM 300 (N)- sehr problematisch ist! Im obigen Beitrag "Die Sendeversuche mal anders betrachtet" bin ich näher darauf eingegangen.

Zum Schluß noch das Endzitat des erwähnten Artikels:

"Wie man es dreht und wendet: die 'Jagd' auf DM 300 (N) und Vergleichstypen ist eigentlich reichlich albern ... ('liegen doch ebenso geeignete Röhren nur so herum...')" "... nur so herum ..." erscheint mir etwas zu optimistisch dargestellt. Aber die in den 20er Jahren viel verwendete RE 084 (Telefunken) hat noch folgende, gleichwertige Schwestern:

A 406 oder A 408 (Valvo), A 415 oder A 416 (Philips), LD 410 (Tungsram). Man muss nur Glück haben, um noch ein (gebrauchtes) Exemplar mit genügend Emission zu finden. Anderenfalls schalten wir noch eine, oder gar zwei 9 V-Batterien dazu. Hauptsache, wir bleiben im ungefährlichen Spannungsbereich!
Wolfgang Holtmann







Die Erklärung der Wirkungsweise des Audion's ist im Radiomann-Anleitungsbüchlein leider völlig falsch. Aber auch in andern Büchern und Beiträgen wird das Audion immer wieder falsch erklärt: Oft wird es mit dem Anodengleichrichter verwechselt. Nur Letzterer nutzt die gekrümmte Kennlinie als Gleichrichter, das Audion jedoch die als "Diode" wirkende Kathode-SteuerGitter-Strecke.

Bilder und Kommentar zur DM 300 - Geschichte:

Linkes Bild: ca 1945 bis 1955, rechtes Bild: Letzte Herstellungsserie 1955

© Die folgenden Röhrenbilder entstammen aus http://www.jogis-roehrenbude.de






Weitere interessante Erläuterung eines Einsenders zum Problem:
Gehen auch Nicht-Raumladegitter-Röhren bei Ua = 12 Volt ?

  • Die Anodenspannung in Radiogeräten wird doch in erster Linie von der Endröhre (!) bestimmt. Typischerweise werden 250 V angenommen; in den Allstromsupern waren es (für Stromversorgungsnetze mit 110 Volt) dann nur rund 100 V (vgl. UL 41). Die sog. Miniwatt-Röhren fuer Allstromgeraete sind alle für Anodenspannungen zwischen 100-200 V ausgelegt, wobei der Spannungswechsel keinen Neuabgleich erforderlich machen darf!

  • Wenn also die Anodenspannung der Endröhre die Spannung des Netzteils bestimmt, werden die übrigen Röhren (Vor-, Misch- und ZF-Stufen) schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen ganz einfach auch dafür ausgelegt - was aber nicht heisst, dass sie nicht auch noch bei 18 V funktionieren dürfen (einfach etwas weniger effizient)! Es hätte nur keinen Sinn gehabt, mit 2 völlig abweichenden Anodenspannungen zu arbeiten.

  • Die sog. Batterieröhren (D-Serie) wurden primär auf niedrige Heizleistung und sekundär auf Kompatibilität zu bekannten Batteriebauformen 'gezüchtet'. Die Kurven in den Datenblättern zeigen, dass die D-Röhren offenbar ab 25-30 (!!) Volt zu verwenden sind. Von 'Raumladegitter' ist keine Rede. Ratheiser schreibt in "Rundfunkröhren" zur DL 11: "Da die DL 11 bereits mit Anodenspannungen von 25-30 V eine gute Kopfhörerlautstärke ergibt, ist sie auch gemeinsam mit einer DF 11 für Miniatur(Taschen-)Empfänger geeignet." Aha!!

  • Kosmos hatte sich aber seit den 1930er Jahren auf 4.5 Volt-Batterien festgelegt (die 'guten' für die Heizung, die 'schlechten' für die Anodenspannung). Ein Umstieg auf D-Röhren wäre wegen der deutlich niedrigeren Heizspannungen teuer (Spezial-Halterung für 1.5-Volt-Batterien) oder für die Röhren gefährlich (Herabsetzung von 4.5 Volt mit einem Vorwiderstand o h n e Messgerät) gewesen.

  • Als die RE 074d endgültig auslief, haben Froehlich und die KOSMOS-Leute sicherlich verschiedene Alternativen ausprobiert und wussten ganz genau, dass auch eine normale Radioröhre als Audion bei 30 Volt funktionieren kann (und etwas modifizierte Röhren auch deutlich darunter). Aber: Das Audion sollte auch bei 9 V (= 2 x 4.5 Batterie) noch zuverlässig laufen. Das geht mit den meisten Radioröhren nun wirklich nicht mehr. KOSMOS entschied sich offenbar, bei Radio Record eine DM 300, aber in modifizierter Form als Ersatz für die RE 074d herstellen zu lassen. Diese DM 300 arbeitete jetzt aber als gewöhnliche Tetrode.

  • Bei einer EF 80 hätten schlaue Knaben sicher versucht, nicht nur 15, sondern 90 oder 150 V anzulegen, um die Lautstärke oder Empfindlichkeit zu erhöhen ===> Lebensgefahr!

  • Die EF 98 konnte die Geschichte einer 'Spezialröhre' für den Radiomann, die die (modifizierte) DM 300 begründet hatte, fortsetzen. KOSMOS hätte mit einem 'offenen Modell' (diverse Radioröhren, ggfs. gebraucht aus alten Radios und Fernsehern) nur Probleme bekommen (abweichende Sockel, Reklamationen usw.). Man stelle sich nur die Briefe an die KOSMOS-Leute vor:
    "Unser Radiohändler hat mir eine alte Röhre geschenkt; die soll noch gut sein. Ich bekomme aber gar keinen Empfang. Woran kann das liegen?"

  • Die Beschreibungen der Raumladegitter-Röhren stammen überwiegend aus den 1920er und 30er Jahren, also aus Zeiten mit noch recht 'groben' Röhrenaufbauten. Die besondere Wirkung des Raumladegitters tritt wohl überhaupt erst ein, wenn Ua unter ca 20 Volt fällt.

  • Wie man es dreht und wendet: die 'Jagd' auf DM 300 (N) und Vergleichstypen ist eigentlich reichlich albern ... ('liegen doch ebenso geeignete Röhren nur so herum...')

Siehe dazu auch diesen interessanten Artikel: 0 Volt Anodenspannung

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