Der Vorverstärker S 59 A von Revox
(Aus einem Funkschau-Artikel, Heft 18/1955, Author Fritz Kühne)
Im Ausland ist es vielfach üblich, daß man sich eine Anlage für beste Tonwiedergabe oder eine
Musiktruhe "nach Maß" aus im Handel erhältlichen Bausteinen zusammenstellt. Dabei wird für den
Nf-Teil ein teilweise ungewöhnlich hoher Aufwand getrieben. Es gibt Steuerverstärker mit umfangreichen
Entzerrungsnetzwerken, die etwa 2 V Steuerspannung für einen nachzuschaltenden Hauptverstärker liefern, ferner
AM- und FM-Empfangsvorsätze (Tuner), rumpelfreie Präzisionsplattenspieler und hochwertige Lautsprecher-Kombinationen.
Das "Herz" einer solchen Anlage bildet stets der Steuerverstärker. Wie wohlüberlegt seine Schaltung ist,
erkennt man gut am Beispiel des Revox-Vorverstärkers S 59 A der E l a AG, Zürich.
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(Eine weitere Schaltungsvariante des Revox-Vorverstärkers findet sich in diesem PDF-File,
16 Seiten, ca. 3MB)
Beim ersten Betrachten erschweren die sechs Triodensysteme sowie die zahlreichen Schalter und Regler den Überblick.
Man findet sich aber schnell zurecht, wenn man wie folgt vorgeht:
Jede Doppeltriode sehe man zur Vereinfachung als Einzelröhre an. In Wirklichkeit arbeitet zwar jede ECC 83 als
zweistufiger RC-Verstärker, aber die beiden Systeme sind jeweils so stark gegengekoppelt, daß die Verstärkung
kleiner bleibt als z. B. bei einer einzigen EF 40. Am Beispiel der ersten Röhre kann man die Gegenkopplung gut verfolgen.
Hinter C 21 wird ein Teil der Ausgangsspannung abgenommen und über R 24 zurück zum Kathodenwiderstand R 12 des
ersten Systems geführt. Sinngemäß wird bei den beiden anderen Röhren genauso verfahren.
Diese starke Gegenkopplung bewirkt nicht nur eine hervorragende Linearisierung des Frequenzganges innerhalb der beiden
Systeme und sehr hohe Stabilität, sie setzt auch den Ausgangs-Scheinwiderstand so stark herab, daß die
Schaltkapazitäten der umfangreichen Netzwerke und der vielen Leitungen zu den Umschaltern keine Höhenverluste mehr
verursachen können.
Die zahlreichen Schalter und Regler verwirren gleichfalls. In Wirklichkeit sitzen sie aber auf insgesamt nur vier
Bedienungsachsen mit den Funktionen: Eingangsumschalter, Höhenregler, Tiefenregler, Lautstärkeregler.
Eigentlich müßte man also die Schaltersymbole durch strichlierte Linien verbinden, um anzudeuten, welche
Kontaktsätze zusammengehören. Das erschwert aber die Übersicht noch mehr, so daß es besser ist, sich
auf die Wiedergabe des Schalterdiagrammes zu beschränken.
Der Eingangs-Umschalter besitzt acht Schaltstellungen. Stellung 1 bis 4 schalten mit den Kontaktsätzen A 5 und A 4 den
dynamischen Tonabnehmer ein. Gleichzeitig werden aber mit A 2 und A 3 Vorentzerrer umgeschaltet, die die verschiedenen
Schneidkennlinien korrigieren. Stellung 5 ist für Mikrofon vorgesehen, wobei A 2 und A 3 die Vorentzerrung abschalten.
Das Gleiche gilt für die Eingänge 6 bis 8, also für Tonband, UKW und AM-Rundfunk. In diesen drei Schaltstellungen
wird mit A 5 der Eingang der ersten Doppelröhre geerdet, um Übersprechen sicher zu unterbinden. Gleichzeitig
schleust man die Tonspannung erst auf den Eingang der zweiten Doppeltriode (Kontaktsatz A 4), weil diese drei Quellen
Spannungen in der Größenordnung von einigen hundert Millivolt abgeben. Die Vorregler P 3 bis P 5 werden nur einmal
bei Inbetriebnahme eingestellt, und zwar so, daß alle Quellen ungefähr gleichen Pegel liefern.
Die eigentliche Lautstärke-Einstellung erfolgt mit dem Doppelpotentiometer P 1/P 2. Bei Mikrofonbetrieb ist P 2 wirksam.
Die Regelung erfolgt vor der zweiten Röhre, um mit Sicherheit Übersteuerungen in dieser Stufe zu vermeiden, wenn
gelegentlich große Schallspitzen auftreten.
Bei allen übrigen Quellen wird mit P1 geregelt. Vor der dritten Röhre und demnach auch vor der Hauptentzerrung
zweigt der Ausgang für Magnetton-Aufnahme ab. Die Tonaufzeichnung erfolgt also unabhängig von der Einstellung der
Hauptentzerrer und des Lautstärkereglers. Das ist wichtig, wenn man z. B. ein Rundfunkprogramm mitschneiden will. Man
kann dann Klangfarbe und Lautstärke des Lautsprechers ganz nach Wunsch einstellen und unter Umständen auch
während der Darbietung verändern, ohne daß sich das auf die Bandaufnahme auswirkt. Die Vorentzerrer für
Schallplattenwiedergabe sind aber trotzdem wirksam, denn sie werden ja in jedem Fall zur Frequenzgang-Korrektur benötigt.
Die Hauptentzerrung erfolgt nicht mit Potentiometern, sondern in je fünf Stufen mit den Umschaltern B 1/B 2 und C 1/C 2.
Diese Abstufung ist für die Praxis völlig ausreichend. Obgleich sie wesentlich mehr Aufwand erfordert als
ähnliche Schaltungen, die mit Reglern arbeiten, wird sie hier wegen der genauen Reproduzierbarkeit bevorzugt. Mit B 2
werden durch Längskondensatoren die Tiefen geschwächt und beim Weiterdrehen durch B 1 mit Querkondensatoren
angehoben. C 2 unterdrückt Höhen nach Art einer Tonblende (Querkondensatoren), während kapazitiv
überbrückte Längswiderstände bei C 1 die hohen Töne anheben. Infolge der starken Gegenkopplung
liegen die Ausgangswiderstände des Verstärkers unter 5 kOhm, und zwar sowohl der Steuerausgang für den
Lautsprecherverstärker als auch der Tonbandausgang. Deshalb können auch längere Leitungen ohne
Höhenverlust angeschlossen werden.
Einige Besonderheiten zeigt das Netzteil. Der mit dem Lautstärkeregler gekuppelte Netzschalter ist entstört, um
Schaltgeräusche zu unterdrücken, die gerade bei Breitbandwiedergabe ungemein stören. Über den
Hauptschalter sind noch zwei weitere Netzausgänge geführt, an die z. B. der Lautsprecherverstärker und Band-
oder Plattenspieler angeschlossen werden können.
Für alle Röhren ist Gleichstromheizung vorgesehen; die Heizfäden liegen in Serie um hochohmigere
Verhältnisse zu erhalten und deshalb mit kleinen Siebkapazitäten (je 100 µF) auszukommen. Im Anodenspannungsteil
bewirkt eine weitere Doppeltriode eine elektronische Stabilisierung, denn bei breitem Frequenzband können sogar
Netzstöße zur Übersteuerung der Endstufe führen. Die als Kapazität geschaltete Röhre
entspricht in ihrer Wirkung einem Kondensator von 10 000 µF.