Bau eines zweistufigen NF-Verstärkers zu Übungs- und Testzwecken mit der EL84

Aus dem Buch "Rundfunk und Fernsehen selbst erlebt" von Lothar König.

Diese Seite beschreibt den Aufbau eines zweistufigen NF-Verstärker zu Testzwecken, eine Art Universalverstärker mit dem alle möglichen NF-Signalquellen (auch aus einem Detektorgerät) hörbar gemacht werden.
Doch vor dem Aufbau eines Verstärker sollten zunächst die für diesen Verstärker notwendigen Bauteile wie Widerstände und Kondensatoren berechnet werden. Der Test-Verstärker soll mit einer Vorstufen-Röhre, der Triode EC 92, aufgebaut werden.
Zunächst die Schaltung, wie sie endgültig aufgebaut wurde und die im nachhinein besprochen werden soll.



In den meisten Fällen ist die zu verstärkende Wechselspannung von einer Gleichspannung überlagert, die - gelangte sie ans Gitter - die Vorspannung verändern und somit den Arbeitsbereich verschieben würde.
Durch einen Gitterkondensator Cg wird diese Gleichspannung vom Gitter selbst ferngehalten, gleichzeitig aber auch die notwendige Vorspannung Ug. Damit wird der Einbau eines Gitterwiderstandes Rg erforderlich. Über ihn gelangt die Vorspannung wieder an das Gitter. Ein Spannungsabfall tritt nicht auf, da bei negativer Vorspannung des Gitters zwischen Kathode und Gitter kein Strom fließen kann. Die Größenordnung des Ableitwiderstandes liegt zwischen 200 kOhm und 1 Mohm, hier wird er mit 500 kOhm festgelegt.
An den Enden der Reihenschaltung Cg Rg liegt die zu verstärkende Wechselspannung, aber nur der über Rg abfallende Teil gelangt an das Gitter.
Bekannt sollte sein daß bei Widerstandsgleichheit von Rg und Rc über beiden Widerständen etwa das 0,7-fache der Eingangsspannung abfällt. Weiter auch, daß der kapazitive Widerstand mit fallender Frequenz steigt. Die Frequenz, für die Rc gleich Rg wird, bezeichnet man als untere Grenzfrequenz des Verstärkers. Man muß deshalb die Kapazität des Gitterkondensators so groß wählen, daß sein Wechselstromwiderstand auch bei den tiefsten Tönen nicht größer als der Wert des Gitterwiderstandes wird.
Als bekannt vorauszusetzen ist der 50-Hz-Brummton. Noch niedrigere Tonfrequenzen kommen bei Rundfunkübertragungen nur selten vor. Damit jedoch auch die tiefsten Töne so wie die höheren verstärkt werden, wird für diese Schaltung die untere Grenzfrequenz mit 30 Hz festgelegt. Der Gitterkondensator muß dann eine Kapazität von

haben.
Im allgemeinen sind Gitterkondensatoren in Niederfrequenzverstärkern - kurz NF-Verstärker genannt - zwischen 0,1 und 0,02 µF groß. Man könnte nun den Verstärker aufbauen, aber eines gefällt im folgenden Grundsatzschaltbild noch nicht: die gesonderte Gitterspannungsquelle.


- Erzeugen wir diese Spannung doch einfach automatisch in der Verstärkerschaltung!
Über einem in der Kathodenleitung liegenden Widerstand Rk muß infolge des fließenden Anodenstroms eine Spannung Uk mit positiver Polarität an der Kathodenseite abfallen. Da das Gitter über Rg mit dem negativen Pol der Anodenspannungsquelle verbunden ist und über Rg selber kein Strom fließt, wird die Kathode positiver als das Gitter. Die Spannung zwischen Anode und Kathode wird um den Betrag von Uk kleiner: aber das kann man vernachlässigen. Die notwendige negative Gittervorspannung erhält man aus der dynamischen Kennlinie mit 2 V ermittelt.


Man ersetzt sie durch eine positive "Kathodenvorspannung" von ebenfalls 2 V.
Der Kathodenwiderstand muß dann groß werden.
Wenn im Betrieb die zu verstärkende Wechselspannung in ihrer Größe schwankt, vergrößert oder verkleinert sich auch der Anodenstrom und mit ihm die über Rk abfallende Gittervorspannung. Das muß aber unter allen Umständen vermieden werden. Die Vorspannung muß konstant bleiben. Deshalb darf nur der Gleichstromanteil des Anodenstromes über den Widerstand fließen; für den Wechselstromanteil wird eine Umleitung mit geringem Widerstandes geschaffen, indem man zu Rk einen Kondensator Ck parallel schaltet. Sein Wechselstromwiderstand soll für die untere Grenzfrequenz nicht größer als werden. In diesem Beispiel muß die Kapazität des Kathodenkondensators betragen.
Das folgende Schaltbild zeigt nun die Schaltung des Vorverstärkers.


Oft ist die zu verstärkende Wechselspannung so gering, daß eine 40fache Verstärkung nicht ausreicht. Dann müssen wir eine zweite Verstärkerstufe hinter die erste schalten. Nehmen wir an, die Eingangsspannung betrage 10 mV. Sie wird in der ersten Stufe auf 40 x 10 mV = 400 mV = 0,4 V verstärkt. Hat die zweite Stufe den gleichen Verstärkungsfaktor, erhalten wir am Ausgang 40 x 0,4 V = 16V. Die Gesamtverstärkung beträgt also 16 Volt / 0,01 Volt = 1600.
Man erkennt, daß sich bei einem mehrstufigen Verstärker die einzelnen Verstärkungsfaktoren multiplizieren, denn 40 x 40 ist ebenfalls 1600. Im folgenden Schaltbild ist der grundsätzliche Aufbau eines zweistufigen Triodenverstärkers dargestellt.


Der Kondensator Cg2 hält die Anodengleichspannung der ersten Röhre vom Gitter der zweiten fern. In der Anodenleitung der sogenannten "Endröhre" liegt der Lautsprecher L, der die Schwingungen des Anodenstromes in hörbare Tonschwingungen umwandelt.
Die Schwingspule eines Lautsprechers hat nur einen geringen induktiven Widerstand, der typenabhängig zwischen 3 und 20 Ohm liegt und auf eine Frequenz von 1000 Hz bezogen ist. Wenn man diese "niederohmige" Schwingspule als Arbeitswiderstand direkt in die Anodenleitung der Endröhre legt, wird der Verstärkungsfaktor der Endstufe sehr klein.
Hierbei sollte man sich an den Zusammenhang zwischen den induktiven Widerständen zweier Spulen und ihren Windungsszahlen erinnern:
Mit Hilfe eines aus zwei Spulen entsprechender Windungszahlen bestehenden Übertragers kann man demnach den niederohmigen Lautsprecherwiderstand RLs an den hochohmigen Verstärkerausgang RLp "anpassen" - siehe Bild.


Für RLs = 5Ohm, RLp = 50 kOhm und Ns = 100 Windungen müßte die Primärspule

Windungen haben.
- Verliert man mit solch einem "Abwärts-Umspanner" nicht den größten Teil der vorher verstärkten Spannung? - Ja, aber die Schallleistung des Lautsprechers ist von der elektrischen Leistung, also vom Produkt aus Spannung und Strom, nicht von der Spannung allein abhängig.
Für eine Leistung von 3 W reicht bei einem Lautsprecherwiderstand von 5 Ohm eine Spannung von = 3,86 V aus. An der Primärwicklung muß dann eine bedeutend höhere Spannung auftreten, aber dafür ein geringerer Anodenwechselstrom, bei RLp = 50 kOhm beispielsweise

Für die EC 92 beträgt die Anodengleichstromänderung jedoch höchstens 3 mA (vgl. die Arbeitskennlinie). Das entspricht einem Anodenwechselstrom von
Für Endstufen nimmt man deshalb Röhren, die einen verhältnismäßig hohen Anodenstrom haben und wählt außerdem den Arbeitswiderstand nicht allzu groß. Besonders geeignet sind Röhren mit fünf Elektroden, Pentoden, die fast ausschließlich als Endröhren verwendet werden. An der grundsätzlichen Verstärkerwirkung ändern die weiteren Elektroden nichts, sie haben notwendige Hilfsfunktionen zu erfüllen.
Man sollte wissen daß sich Gitter und Anode der Triode sehr dicht gegenüberstehen und damit einen Kondensator bilden. Wenn auch seine Kapazität gering ist (einige pF), macht sie sich doch bei der Verstärkung sehr hoher Frequenzen störend bemerkbar. Über sie kann die Ausgangsspannung auf das Gitter zurückwirken und das Arbeiten des Verstärkers gänzlich in Frage stellen. Daher wird zwischen Anode und Steuergitter das Schirmgitter angeordnet, das den Anoden-Gitter-Kondensator in zwei in Reihe geschaltete Kondensatoren aufteilt: die Anoden-Gitter-Kapazität sinkt. Damit das Schirmgitter den Elektronenstrom nicht hemmt, erhält es über einen Widerstand Rgs vom Pluspol der Spannungsquelle eine positive Spannung, die jedoch geringer als die Anodenspannung ist. Ein zwischen Schirmgitter und Kathode liegender Kondensator Cgs leitet auftretende Anodenrückwirkungen zur Katode ab; das Steuergitter ist abgeschirmt.
Durch die zusätzliche Beschleunigung des Elektronenstromes kann - vor allem bei hohen Anodenspannungen - die Anode derartig mit Elektronen "bombardiert" werden, daß diese aus dem Blech neue Elektronen herausschlagen, die, vom Schirmgitter ebenfalls beschleunigt, auf das Steuergitter gelangen. Deshalb müssen die aus der Anode befreiten "Sekundärelektronen", noch bevor sie zum Schirmgitter gelangen, wieder eingefangen oder abgebremst und zur Anode zurückgeleitet werden. Diese Aufgaben erfüllt das direkt mit der Kathode oder dem Minuspol der Spannungsquelle verbundene Bremsgitter, das außerdem die von der Katode kommenden "Primärelektronen" vor dem Aufprall auf die Anode abbremst und so die Möglichkeit des Herausschlagens von Sekundärelektronen verringert.

Das folgende Schaltbild zeigt den grundsätzlichen Aufbau eines Pentodenverstärkers. Endröhren haben besonders konstruierte Schirmgitter, die einen direkten Anschluß an den Pluspol ermöglichen. Man darf solche Röhren niemals ohne Spannung an der Anode betreiben, denn dann würde die dünne Schirmgitterwendel den gesamten Strom übernehmen, hell aufglühen und rasch zerstört werden.


Die erste (Vor-) Stufe war der bereits berechnete Triodenverstärker, diese Endstufe mit der EL 84 wird in der gleichen Art berechnet. Vorher sei aber noch auf folgendes aufmerksam gemacht:
Die Bezeichnung der Widerstände und Kondensatoren ist unterschiedlich. Während bei R3 und R5 neben dem Widerstandswert (50 kOhm und 150 Ohm) auch die Belastbarkeit angegeben ist (1 W und 0,5 W), sind die übrigen Widerstände (R1, R2 und R4) nur mit ihrem Widerstandswert benannt. Ähnliches trifft für die Kondensatoren zu. Nur C2 und C4 enthalten Spannungsangaben. Folgende Festlegungen sollte man sich gut einprägen:
1. Alle nicht näher gekennzeichneten Widerstände haben eine Belastbarkeit von mindestens 0,125 W.
2. Alle Kondensatoren ohne Spannungsangabe müssen eine Spannungsfestigkeit von mindestens 350 V, besser noch 450 V haben.
Der Anodenstrom einer EL 84 beträgt bei 250 V 48 mA. Als Primärwiderstand des Übertragers werden 5 kOhm gewählt. Es soll einen Lautsprecher von 5 Ohm und 3 W angeschlossen werden.
Zur Berechnung des Übertragers verwenden man - ähnlich wie bei einer Drossel - Faustregeln:

Für eine Leistung von 3 Watt und eine niedrigste Frequenz von 50 Hz muß der Eisenquerschnitt

betragen. Es wird der Kern EI 66 mit 4,8 cm2 Querschnitt gewählt. Der Luftspalt soll eine Vormagnetisierung durch den Anodengleichstrom verhindern. Man berechnet
Der Spalt tritt sowohl am Mittelsteg als auch an den beiden (nur halb so breiten) Außenpolen auf; deshalb darf die Papierzwischenlage nur 0,13 mm dick sein. Für die Primärwicklung berechnet man dann = 3320 Windungen.
Beim Berechnen der Drahtdicke muß man neben dem Anodengleichstrom Ia- = 48mA noch den Anoden Wechselstrom Ia~ berücksichtigen. Nach P = R x I2 beträgt er

Die Primärspule wird mit einem Strom von

belastet. Der Draht muß dann einen Durchmesser von

haben. Für den Sekundärstrom von

brauchen wir einen Draht von

Der Aufbau des Übertragers erfolgt analog dem Aufbau einer Siebdrossel.
Die folgende Skizze zeigt den Aufbau eines Spulenkörpers:



Die Maße des hier benötigten Spulenkörpers betragen in mm:
a1 = 48, a2 = 25, a3 = 22, a4 = 13, b1 = 42, b2 = 24, b3 = 22, c = 32, d = 1.
Zuerst wird die halbe Primärwicklung mit 1660, dann - durch eine Papierisolation von dieser getrennt - die Sekundärwicklung mit 105 Windungen aufgebracht. Nach erneutem Isolieren folgt die zweite Hälfte der Primärwicklung. Das Ende der ersten Hälfte wird mit dem Anfang der zweiten verbunden. Diese Wicklungstrennung, Verschachtelung genannt, setzt die unvermeidliche Streuung herab und bewirkt damit ein Erweitern des Frequenzbereiches nach höheren Frequenzen. Die fertige Wicklung wird wie üblich noch mit einer Papierlage abgedeckt. Danach werden die Bleche wie folgt geschichtet:



Zum Aufbau des Verstärkers wird ein Experimentierchassis aus Pertinax in der Größe 200 x 150 mm, 5 - 6 mm dick, hergestellt - s. d. folgende Foto.
Hierauf werden, wie auch im weiter unten folgenden Verdrahtungsplan erkennbar, mittels Lötnägel Lötstützpunkte angebracht, dazu bohrt man mit einem 1mm-Bohrer an den entsprechend markierten Stellen. Verwendet man eine 5-mm-Pertinaxplatte kann man etwa 4 mm tief einbohren, danach werden die Lötnägel mit einem leichten Hammerschlag in die Bohrungen getrieben.
Im Foto erkennt man die Lötnägel, die ich dann nach dem eintreiben (leichtes vernieten) mit einem Seitenschneider gekürzt hatte.



Aus 1 mm Messing-, Alu- oder Eisenblech werden 2 Winkel, wie in der folgenden Zeichnung ersichtlich, angefertigt. Diese erlauben sowohl ein waagerechtes als auch senkrechtes Aufstellen des Experimentierverstärkers.



An den Seitenrändern werden drei, bzw. zwei Telefonbuchsen in vorher angebrachten 6-mm-Bohrungen eingesetzt. Die beiden Röhrenfassungen finden in den dafür angebrachten Bohrungen ihren Platz. Eine Bohrung von 10 mm Durchmesser am oberen Rand dient zur Aufnahme des Potentiometers.
Das folgende Bild zeigt, wie die einzelnen Bauelemente eingelötet werden. Man erkennt, daß der Eingang nicht - wie im Gesamt-Schaltbild - unmittelbar zum Gitterkondensator C1 führt, sondern daß parallel zum Eingang ein Potentiometer von 500 kOhm liegt. Mit ihm kann man zu hohe Eingangsspannungen herabsetzen und damit die Lautstärke einstellen.



Zunächst werden die beiden Heizleitungen verlegt. Um die Abstrahlung der Netzfrequenz möglichst gering zu halten, werden die Leitungen verdrillt. Danach werden die einzelnen Widerstände und Kondensatoren eingelötet - Schaltdraht ist dafür nicht erforderlich. Eine der beiden Heizleitungen (welche, ist gleichgültig) verbindet man mit der Masseleitung.

Zum einfacheren Auffinden der Pinbelegung des Sockels - hier die Sockelschaltbilder der EC 92, darunter der EL 84.





Für die Verbindung der Eingangsbuchse mit dem Potentiometer wird abgeschirmtes Kabel verwendet. Abschirmgeflecht und Potentiometergehäuse werden auf Masse gelötet, mit dieser Maßnahme verhindert man unerwünschte Brummeinstreuungen.
Die Primärspule des Lautsprecherübertragers schließt man mit zwei möglichst kurzen Leitungen an die Ausgangsbuchsen an. - Nun kann die erste Funktionsprobe erfolgen.
An den Eingang wird eine Wechselspannung angelegt. Nach etwa 20 Sekunden Anheizdauer vernimmt man im Lautsprecher einen Brummton, der einer Frequenz von 50 Hz entspricht. Mit dem Potentiometer kann man laut und leise stellen.

(Diesen Ton gut einprägen - künftig machen wir alle Anstrengungen, ihn aus unseren Schaltungen zu vertreiben....)

Es folgen die weiteren Fotos des Aufbaus:






Die Metallbügel sind auch bereits hergestellt und mit der Pertinaxplatte verschraubt. Auf der linken Seite des Aufbaus erkennt man die Eingangsbuchsen, die untere schwarze habe ich mittlerweile durch eine Chinch-Eingangsbuchse ausgetauscht.




Nachdem ich den Aufbau fertig hatte und auf der Suche nach einem geegneten Übertrager (ich habe einigen Vorat durch irreparable und daher ausgeschlachtete Radios, darum kann ich auf einen vorhandenen Übertrager zurückgreifen) einen passenden mit einer Schirmgitteranzapfung (und sogar mit separater Gegenkopplungs-Wicklung) fand, baute ich das ganze noch etwas um, siehe folgende Skizze:


Der links im Bild oben gezeichnete Anschluß "+" geht an das "untere Ende" der Primärwicklung, Anschlußbuchse "g2" geht auf die Schirmgitteranzapfung des AÜs (ca. 25 % vom "oberen Ende" der Primärwicklung) und die Anschlußbuchse a geht dann letztendlich auf das "obere Ende" der Primärwicklung.
Schließe ich den AÜ wie beschrieben an so arbeitet der Verstärker im Ultralinear-Betrieb.
Ich habe aber aufgrund der Erweiterung die Möglichkeit, die EL 84 durch Verbinden der Buchsen a mit g2 als Triode zu schalten - oder durch Verbinden der Buchsen g2 mit + sie als reine Pentode und nicht Ultralinear zu betreiben.

Zurück zur Hauptseite