MC Röhrenvorstufe mit der Pentode EF86
von Andreas Fuss



Liebe Bastelfreunde.
Heute stelle ich Euch ein Projekt vor, welches schon eine Weile in Betrieb ist, an dem ich aber lange rumgetüftelt habe und wohl auch noch weiterhin rumtüfteln werde.

Zu jeder guten Anlage gehört natürlich eine Röhrenvorstufe. Jeder, der sich daran versucht hat, wird mir bestätigen, dass dies ungleich schwieriger als eine Endstufe ist.
Mein Ziel war, mit möglichst wenigen Stufen eine MC Vorstufe zu bauen, die neben gutem Sound auch technisch "mal was Anderes" ist.

Ich muss dazu auch noch sagen, dass dieser Beitrag weniger Wert auf die Optik, als auf die Schaltung selbst legt. Das Gehäuse habe ich mit einfachsten Mitteln auf meiner Kappsäge runtergeschrubbt, es besteht aus Alublech und Aluprofilleisten. Mit zahlreichen Detailfotos von Hochglanzmotiven kann ich daher leider nicht dienen.

Ich habs mir aber komplett selber aus den Fingern gesaugt, dazu gabs folgenden Ansatz:

Was muss so ein Gerät können?
  • man braucht eine Verstärkung von ca. 1000-2000fach bei 1kHz

  • Das Phonosiganl muss nach der RIAA Kurve entzerrt werden

  • Der Ausgang der Vorstufe sollte einigermassen niederohmig sein

  • Der Fremdspannungsabstand sollte im erträglichen Bereich sein

  • Ich möchte auf eine Entzerrung mit Gegenkopplung verzichten

  • Ein stabiles Netzteil ist Grundvoraussetzung

  • Und klingen solls natürlich auch

Röhren:
Ich habe mich für dieECC803S im Eingang entschieden, sie ist sehr rauscharm; was bei der Verstärkung nicht zu unterschätzen ist - sie hat ein sehr hohes µ und sie macht einen schönen warmen Klang. - Mit ihr treibe ich das RIAA Netzwerk.
Danach kommt eine EF86. Als Pentode besitzt sie kaum Eingangskapazität, dies ist bei der hochohmigen Treiberstufe nicht anders machbar. Auch sie hat eine hohe Verstärkung und kann vom Innenwiderstand her so gerade eben ein Lautstärkepoti treiben.
Im Ausgang verwende ich eine E188CC, die einigermassen niederohmig abgestimmt ist. - Ein Kathodenfolger wäre hier von Vorteil, aber dann langt die Verstärkung nicht mehr aus.
Ich teste z. Zt. den Anodenwiderstand mit 5kOhm anstelle von 10kOhm, aber mit einem kurzen Verbindungskabel zur Endstufe gibt es keine Frequenzprobleme.

So gesehen ist diese Schaltung überhaupt nichts Besonderes, es sind einfach 3 Stufen hintereinandergeschaltet, was für eine MC-Vorstufe allerdings wenig ist. Ich habe persönlich mit SRPP und Gegenkopplung keine so guten Erfahrungen, sammeln können, weshalb ich mich für den klassischen Trivialaufbau entschieden habe.

Ich kann Euch aber sagen, dass mich das Gerät schier zur Verzweiflung gebracht hat. - Wenn Ihr Euch die Werte mal genau anseht, stellt Ihr fest, dass man in jeder Beziehung mit dem Rücken zur Wand steht.

Die Schaltung
(Mit der Maustaste das Schaltbild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)


Etwa 2002 kamen die ersten Versuche auf einem Brettaufbau. Ich hatte zuerst ein einfaches ungeregeltes Netzteil und die Eingangsstufe mit der ECC803S und der EF86. Es war eine einzige Katastrophe, die Schaltung brummte wie ein Hornissennest. Der Brumm kam von der EF86.
Ich war nachher so weit, dass ich als Netzteil einen 4700µ Elko aufgeladen hatte und nur die EF86 angeschlossen hatte: es brummte immer noch..! Ich war fast drauf und dran, das Projekt einzustellen und mein Hobby aufzugeben.
Einige Monate später kam mir der Gedanke, dass der Brumm eigentlich nur von Aufbau kommen kann, und so war es dann auch.
Der Brettchenaufbau ist nicht für jede Vorstufe geeignet - auf einem Metallblech montiert gab die Pentode dann Ruhe.

Leider war das nicht das einzige Problem.
Eine Triodenschaltung (Eingangsstufe) reagiert prinzipiell stark auf Schwankungen der Anodenspannung, was durch die hohe Verstärkung insgesamt am Ausgang zu einem chaotischen Pumpen führt. Dies ist u.a. auf die instabile 230 V Netzspannung zurückzuführen.
Man kann natürlich durch ewig viele Filterstufen und gigantische Kapazitäten das Netzteil ruhig bekommen, das finde ich aber nicht so elegant. Ich habe lieber eine künstliche Last eingebaut. Diese muss einfach ihren Innenwiderstand verkleinern, wenn die Spannung ansteigt und umgekehrt. Es geht gar nicht darum, die Spannung auf einen bestimmten Wert stabil einzustellen als vielmehr diese kurzen Spikes, die man auf dem Oszilloskop sieht, in den Griff zu bekommen.
Es gibt eine ganze Menge Röhren die dafür in Frage kommen, sie sollten nur ziemlich steil sein und auch einige Watt Lesizung bringen können.
Eine ED8000 - Triode eignet sich super und passt auch von der Optik - allerdings betreibe ich sie unter einer Abschirmhaube.

Insgesamt besteht das Netzteil aus einem Wuestens-Netztrafo, einer AZ1 Gleichrichterröhre, einer Wuestens-Drossel und einigen Ölpapier-Kondensatoren. Drei Filterstufen sind dabei ausreichend.
Mit dem Parallel-Regler ist die Spannung dann absolut stabil.

Die Heizung betreibe ich mit Gleichstrom, geregelt durch einen LM310; dieser funktioniert als Konstantstromquelle, was nicht nur der Lebensdauer der Röhren gut tut.
Das Netzteil ist extern in einem kleinen Metallgehäuse eingebaut. - So langsam wurde das Projekt also was.

Das nächste Problem, welches zu erwarten war, das war die Impedanz der ECC803S. So ein RIAA - Netzwerk ist ja nicht ganz einfach zu betreiben; zu dem hohen Innenwiderstand der Triode kommt noch der Eingangswiderstand vom RIAA, der im Bereich 100 kOhm liegt. Man benötigt zum Entzerren dann Kondensatoren von 6.2 nF / 20 nF, das sind recht kleine Werte. Da ich die Verbindungskabel aber sehr kurz gehalten habe, langte es mit dem Frequenzgang so grade eben hin.




Nach einigen Gehversuchen sah die Vorstufe dann so aus, wie Ihr sie auf dem Foto seht. Es gab dann immer noch Probleme mit Restbrumm und Rauschen. Auch Einstreuung vom Handy etc. spielten eine Rolle.
Den Restbrumm habe ich dadurch wegbekommen indem ich nicht nur jede Stufe, sondern jedes Bauteil auf den zentralen Massepunkt gelegt habe. Ihr erkennt ihn als dicken Kupferdraht am Poti.


Das Rauschen gab sich von selbst, nach ca. 100 Betriebsstunden waren die Röhren eingebrannt und somit auch ziemlich ruhig. Lediglich mein Funktelefon zirpt ab und zu im Lautsprecher, das werde ich wohl nie in Griff bekommen.
Insgesamt bin ich aber ganz zufrieden mit dem Gerät, ich betreibe damit meine RE604, die Ihr aus einem anderen Beitrag kennt.
Ich kann Euch nur ermuntern, beim Vorstufenbau ähnliche Wege zu gehen, es ist zwar wirklich sehr sehr schwierig, das Gerät zum fehlerfreien Laufen zu bekommen, aber das Ergebnis lohnt sich.
Das Material (abgesehen von der TFK ECC803S) sollte für 200€ zu haben sein.

Viel Spass beim Lesen und Werkeln,
Andreas Fuss
a.fuss@aesculabor.de









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