D-Röhren-Kurzwellen-Super "Il piccolo Turismo"
von Thomas Moppert
Einleitung
Man wird sich fragen, warum ich einen Kurzwellenempfänger vorstelle mit lediglich einem Wellenbereich und nur bis 25
Meter und nicht bis ins 13-m-Band.
Einiges hat mich gereizt, dieses Radio zu bauen:
Ich wollte die Kurzwellentauglichkeit der DK92 testen und ich wollte ein Röhrenradio, das sich leicht mitnehmen
lässt.
Wegen des geringen Volumens habe ich nur zwei mit Doppeldrehko abstimmbare Kreise (Eingang und Oszillator) und einen
durchgehenden Frequenzbereich ohne Bandumschaltung vorgesehen. Die Probleme mit Frequenzumschaltern sind zur Genüge
bekannt, nicht umsonst wurden deshalb Spulenrevolver entwickelt.
Die Einstellbarkeit der Sender sollte noch einigermassen bequem und stabil sein, deshalb habe ich mich auf den Bereich 49
m bis 25 m beschränkt.
Schaltungsbeschreibung
(Mit der Maustaste das Schaltbild anklicken, es wird dann in voller Auflösung
dargestellt.)
Vorstufe
Um auch bei hohen Frequenzen und geringen Antennenspannungen eine genügende Empfindlichkeit zu erreichen, wird eine
Vorstufe verwendet. Diese reduziert ausserdem die negative Auswirkung des verhältnismässig hohen aquivalenten
Rauschwiderstandes der Mischröhre DK92 auf das Gesamtrauschen des Empfängers.
Exkurs:
Ursprünglich lag der Vorkreis (mit Koppelwicklung für die Antenne) am Gitter der Vorstufenröhre DF96. Die
Röhre arbeitete auf einen Anodenwiderstand. Die Verstärkung lag im unteren Frequenzbereich bei eins, bei 12 MHz
nur noch bei 0,5. Tricks mit Neutralisation der Ausgangskapazität mittels einer Drossel in der Anodenleitung brachten
keine wesentliche Steigerung der Verstärkung. Mit anderen Worten: Die Vorstufenröhre schwächte die Signale
eher ab, anstatt sie zu verstärken.
Fazit: Die DF96 ist als Breitbandpentode nicht verwendbar.
Die Empfangsergebnisse waren so, wie bei einem Gerät ohne Vorstufe. Eigentlich gut, ich hätte zufrieden sein
können...
Die Trennung des Eingangskreises durch die Vorstufenröhre hatte auch Vorteile, indem absolut kein Mitziehen des
Oszillators beim Abstimmen des Vorkreises zu beobachten war. Empfang an der Langdrahtantenne über einen 50-Ohm-Anschluss
war sogar sehr gut!
Ich wollte nicht locker lassen, es musste nach einer anderen Lösung gesucht werden, wenn ich die Vorstufenröhre
schon eingeplant hatte! Einschränkung war, dass im bereits fertigen Gehäuse nur ein 2-fach-Drehko Platz fand...
Nach aufschlussreichen Diskussionen mit Peter Treytl entstand das folgende Konzept:
Die Vorstufenröhre soll auf den, mit dem Drehko abgestimmten, Schwingkreis arbeiten. Somit entsteht ein
Resonanzverstärker.
Die Antenne soll über einen angepassten Breitbandübertrager angeschlossen werden.
Es ist klar, dass ein solch breitbandiger Eingang zu Grosssignalproblemen infolge Übersteuerung führen kann. Das
Gerät sollte aber in erster Linie an einer kurzen Drahtantenne betrieben werden, wie dies für Reiseempfänger
üblich ist.
Überlegungen zur Anpassung des Eingangstrafos:
Die Eingangskapazität der DF96 beträgt 3,3 pF. Zusammen mit der Fassung und Schaltkapazitäten ist mit
insgesamt etwa 10 pF zu rechnen.
Die höchste Empfangsfrequenz bei meinem Gerät beträgt 12,3 MHz. Der Wirkwiderstand Xc von 10 pF bei 12,3 MHz
beträgt 1,3 Kiloohm. Die Antennenimpedanz soll also auf etwa diesen Wert transformiert werden.
Ein Trafo mit einem Windungsverhältnis 1:3 transformiert 50 Ohm auf 450 Ohm, 1:4 transformieren auf 800 Ohm und 1:5 auf
1250 Ohm. Das wäre ideal, dennoch wollte ich nicht so hoch transformieren und habe den 1:4 Trafo gebaut. Wie bei den
Ergebnissen berichtet wird, gibt es schon bei diesem Trafo an der Langdrahtantenne Intermodulationsstörungen infolge
Übersteuerung, sodass sogar ein 1:3 Trafo denkbar wäre, wenn man eine gute Antenne hat.
Eine kurze Teleskopantenne, oder ein sehr kurzer Draht kann direkt an das Ende des Trafos gelegt werden. Ein etwas längerer
Draht wird, wie im Schaltplan gezeigt, an eine Anzapfung des Trafos gelegt.
Realisierung des Trafos mit einem Amidon-Ferritringkern FT-37-77:
Mit 4 verdrillten Drähten 0,3 mmCuL werden 5 Windungen aufgebracht. Dann werden die 4 Drähte, wie im Schaltbild
gezeichnet, zusammengelötet. So ergibt sich ein Spar-Transformator mit dem Spannungsübersetzungsverhältnis
1:4 und einem Impedanzübersetzungsverhältnis 1:16.
Die Kreisinduktivität (LK) besteht aus zwei Spulen. 4/5 der Induktivität ist auf einem Amidon-Ringkern T-50-2
aufgebracht, 1/5 der Induktivität wird auf einen kleinen, mittels Ferritkern abstimmbaren Spulenkörper gewickelt.
Die Gesamtinduktivität beträgt 2,26 uH. Auf dem Amidon-Kern sind 19 Windungen, was ca. 1,8 uH ergibt.
Bei einem nicht genügend spannungsfesten Drehko kann mit einem Serien-Kondensator von z.B. 2n2 mit entsprechender
Spannungsfestigkeit die Anodenspannung vom Drehko ferngehalten werden. (Es gibt Polystyrol-Kondensatoren mit 250V
Spannungsfestigkeit, jedoch nur bis 2n2).
Dieser Kondensator wirkt dann als Verkürzungskondensator und ist Teil des Schwingkreises. Damit muss er eine hohe
Güte aufweisen (Polystyrol) und der Verkürzungseffekt muss in die Kreisberechnung einfliessen.
Dasselbe muss auch beim Oszillatordrehko realisiert werden, um Gleichlauf zu erreichen.
Aufgrund des grösser werdenden L/C-Verhältnisses und damit steigenden Resonanzwiderstandes nimmt die
Verstärkung der Vorröhre proportional zur Frequenz zu, was der Empfindlichkeit zu Gute kommt. Gleichzeitig darf
bei den höheren Frequenzen auch mehr verstärkt werden, ohne die Mischröhre zu übersteuern, weil hier
die anstehenden HF-Summenspannungen abnehmen, insbesondere jetzt (2006) bei geringer Sonnenfleckenzahl. Die
Vorstufenröhre ist in die automatische Verstärkungsregelung einbezogen.
Natürlich bietet es sich an, eine abgestimmte Antenne vor den Empfänger zu schalten, denn dadurch wird auch die
naturgemäss schlechte Spiegelfrequenzdämpfung durch einen weiteren Kreis deutlich verbessert.
Mischstufe mit der DK92
Die Schaltungsvariante, die Oszillator-Anode über eine Zusatzspule zu speisen, stammt aus dem Buch von Rodenhuis (siehe
Literaturverzeichnis). Diese Massnahme soll die Oszillatorspannung über den ganzen Frequenzbereich konstant halten.
Die Zusatzspule hat, zusammen mit der Rückkopplungsspule und der Kapazität, welche die Rückkopplungsspule
an die Oszillator-Anode ankoppelt (hier 82 pF), eine Resonanzfrequenz knapp unterhalb der tiefsten Oszillatorfrequenz. Ich
habe bei Vorversuchen eine handelsübliche Drosselspule eingesetzt, der gewünschte Effekt hat sich auch sogleich
eingestellt.
Die Oszillatoramplitude für höchste Mischsteilheit beträgt für die DK92 4 Volt effektiv.
Die Kapazität 1p8 zwischen Steuergitter und Oszillatorgitter neutralisiert den Induktionseffekt der Kreisspule. Dadurch
vermindert sich das Mitziehen, also die Beeinflussung der Oszillatorfrequenz beim Abstimmen des Kreises.
Um Frequenzverwerfungen ganz zu vermeiden, habe ich die DK92 nicht in die automatische Verstärkungsregelung einbezogen.
Diese Frequenzverwerfungen sind bei Frequenzen bis etwa 10 MHz allerdings relativ klein. Man könnte die DK92 also
durchaus auch regeln.
Oszillatorspule:
Ich benutzte einen umgebauten 455-kHz-Einzelkreis von Reinhöfer. Die Wicklung und der Kondensator wurden entfernt und
es wurde ein Abgleichkern für KW eingedreht. Die Ferrithülse wird nicht verwendet.
Kreiswicklung: 2,1 uH, entsprechend 17 Windungen, Kupferlackdraht 0,3 mm, verteilt auf die 3 Spulenkammern.
Rückkopplungswicklung: 11 Windungen Kupferlackdraht 0,3 mm, verteilt auf die oberen zwei Kammern, über die
Kreisspule gewickelt.
Ein Padding-Kondensator beim verwendeten Doppeldrehko mit 370/330 pF ist nicht notwendig.
Zwischenfrequenzverstärker
In beiden Stufen wird Schirmgitterneutralisation angewendet. Zusätzlich habe ich die Spannungszuführungen beider
Stufen voneinander entkoppelt.
Bedämpfung der ZF-Kreise:
Bei frischer Heizbatterie und ohne Abregelung ist der ZF-Verstärker knapp vor dem Schwingen. Dies verursacht beim
Abstimmen zwischen den Sendern ein unangenehmes Zischen. Ich habe deshalb den anodenseitigen Bandfilterkreis der DK92 mit
390 Kiloohm und beide Kreise des zweiten Bandfilters mit 470 Kiloohm bedämpft.
Ohne die oben erwähnte Entkopplung der Stufen mussten diese Widerstände kleiner sein, was die Bandbreite des
Verstärkers zu Lasten der Trennschärfe vergrösserte.
Demodulation und Regelspannungserzeugung
Anstelle der BAT83 kann natürlich eine andere Demodulatordiode verwendet werden, gut geeignet ist z.B. die
Germaniumdiode AA119.
Die Zeitkonstante für die Regelspannung sind für die zweite ZF-Stufe (1M, 22nF) kurz, für die erste ZF-Stufe
und die Vorröhre lang (nochmals 1M, 22 nF).
Insgesamt ist damit das Ansprechen auf verschiedene Fading-Frequenzen befriedigend.
Niederfrequenzverstärker
Nach dem Lautstärkepoti folgt eine Impedanztransformation mit einem FET, danach verstärkt ein integrierter
Schaltkreis TDA 7231A, welcher schon ab 3 Volt arbeitet, auf Kopfhörerlautstärke.
Heizkreis
Der Heizkreis bei direkt geheizten Röhren kann zu unerwünschten Kopplungen führen.
Ich habe den Heizanschlüssen aller Röhren keramische Kondensatoren von 100 nF parallel geschaltet. Zusätzlich
ist die Heizleitung der DK92 verdrosselt. Ein dicker Elko sorgt für einen kleinen Innenwiderstand der Heizbatterie,
auch wenn sie langsam leer wird. - Auch bei Heizspannungserzeugung mit einem Netzteil darf ein solcher Kondensator nicht
fehlen.
Abgleich ZF-Verstärker:
Ich habe die Ferrithülsen so gedreht, dass sich die Öffnungen leicht "anschielen", die Schlitze stehen
sich also weder gegenüber, noch stehen sie parallel zueinander. Bei dieser Kopplung ist es nach meiner Erfahrung nicht
unbedingt nötig, beim Abgleich die nicht einzustellenden Kreise mit einem Widerstand zu dämpfen.
Die NF-Bandbreite, respektive die Trennschärfe sind auf diese Weise befriedigend ausgefallen. Die Konsonanten und damit
die Sprachverständlichkeit waren das Kriterium. - Sogar die Belastung durch den HF-Tastkopf eines Oszilloskops
beeinflusst den korrekten Frequenzabgleich der ZF-Kreise!
Für den definitiven Abgleich wird der Tastkopf (ohne galvanische Verbindung!) an den Demodulatorkreis gelegt. Alle
Kreise werden nochmals auf 455 kHz getrimmt, indem ein Messender oder ein starker Sender so eingestellt ist, dass ein
ZF-Signal von genau 455 kHz am Mischerausgang liegt. Für diesen Abgleich wird die AGC-Leitung an Masse gelegt, sonst
werden die Amplitudenunterschiede ausgeregelt!
Oszillator:
Wer weder Messender noch Frequenzmesser hat, dafür ein Frequenzdisplay verwendet, kann den Oszillator natürlich
leicht mit dem Display einstellen.
Danach kann der Vorkreis nahe der unteren Frequenzgrenze mit dem Spulenkern, nahe der oberen Frequenzgrenze mit dem Trimmer
auf besten Empfang getrimmt werden, auch dazu soll die AGC-Leitung an Masse liegen.
Das Mitziehen des Oszillators beim Verstimmen des Kreises macht sich nach meiner Erfahrung deutlich bemerkbar. Es ist echt
schwierig, korrekt abzugleichen!
Ich habe deshalb Folgendes getan: Ich habe die unterste und oberste Oszillatorfrequenz gemessen und jeweils 455 kHz abgezogen
(entfällt natürlich, wenn man ein Frequenzdisplay verwendet). Dann habe ich die DK92 gezogen und den Kreis mit
Messender und Oszilloskop (an der Anode der DF96 lose über einen HF-Tastkopf angeschlossen) an den Frequenzgrenzen auf
Maximum getrimmt. Danach habe ich die DK92 wieder gesteckt, fertig. Die 4 pF Eingangskapazität der DK92 verfälschen
den Abgleich kaum.
Frequenzdisplay
Das Frequenzdisplay stammt aus einem Billigradio (umgerechnet 6 Euro). Der notwendige Frequenzoffset von 455 kHz ist schon
einprogrammiert. Die nötige Betriebsspannung beträgt 3 Volt. Störstrahlungen auf KW sind keine vorhanden.
Bei einem MW-Radio mit Ferritantenne, das ich auch mit einem solchen Display ausgestattet habe, musste ich das Display wegen
Störstrahlungen abschaltbar machen. Uebrigens ist das beim Original-Radio auch der Fall, es ist unbrauchbar!
Das Display ist vierstellig, zeigt also bis 9999 kHz, zählt aber weiter. Die führende Null wird unterdrückt,
z.B. 10,355 MHz werden als 355 KHz angezeigt. Ab 11 MHz muss man sich die vorderste 1 einfach denken, z.B. werden 12155 kHz
als 2155 kHz angezeigt.
Mechanik
Der Drehko und die Trimmer sind auf einer Platine befestigt, die ihrerseits mit Gummitüllen und Distanzbolzen am Boden
des Gehäuses aufgeschraubt ist. Der Mentor-Feintrieb 10:1 ermöglicht eine gute Einstellung der Sender. Er hat
etwas "Spiel", was mich zuerst irritierte. Nachdem ich festgestellt hatte, dass innerhalb dieses Bereiches doch
ein kleines Drehmoment übertragen wird, kann man dies zur Feineinstellung der Stationen gebrauchen.
Ergebnisse
Dies ist kein Empfänger für DX-er!
Bei einem Datenvergleich der Batterieröhren mit Noval-Röhren oder Pico-7-Röhren, sind die Ergebnisse aber
doch beachtlich. Zum Beispiel ist die Steilheit der DF96, verglichen mit der EF89, oder der EF93 um etwa den Faktor 4-5
kleiner.
Mit einem Meter Draht als Wurfantenne können die grossen Stationen auf den Rundfunkbändern, auf sehr ruhigem
Hintergrund, laut und mit ausgezeichneter NF-Qualität empfangen werden.
Mittelstark ankommende Stationen können gut empfangen werden, die ZF-Filter trennen sie noch absolut genügend,
auch wenn sie neben starken Sendern liegen. Schwache Stationen, die mit einem empfindlichen Weltempfänger mit guten
Filtern noch verständlich wiedergegeben werden, kommen nicht mehr befriedigend, besonders, wenn sie neben starken
Stationen liegen.
Nach Einbruch der Dunkelheit sind an der Langdrahtantenne (am 50-Ohm-Eingang) auf den niedrigen Bändern
Intermodulationsstörungen vorhanden. An einer abgestimmten Aktivantenne sind keine solchen Störungen mehr
vorhanden. Mit einer kurzen Antenne ist das Radio in seinem Element, und an einer kurzen Antenne soll es ja im Allgemeinen
auch betrieben werden.
Der Oszillator ist erstaunlich frequenzstabil. Fading wird gut ausgeglichen. Eigenpfeifstellen konnte ich keine ausmachen.
Die Spiegelfrequenzdämpfung ist konzeptionell bei einem Einfachsuper und einer ZF von 455 kHz bescheiden, was aber beim
Hören auf den Rundfunkbändern nicht viele Probleme bereitet.
Da die Hochspannungsversorgung von extern erfolgt, ist Betrieb mit Akku-betriebenem Spannungswandler, mit Batterien oder mit
Netzteil möglich. Jogi zeigt in der Röhrenbude dazu mehrere Möglichkeiten (z.B. Versorgung mit ausgedienten
Fotobatterien, Spannungswandler von Hans Borngräber).
Bezugsquellen:
AM-Doppeldrehko: Reinhöfer-Electronic (www.roehrentechnik.de)
ZF-Filter: Reinhöfer-Electronic (www.roehrentechnik.de)
Keramische Röhrenfassungen: Reinhöfer-Electronic (www.roehrentechnik.de)
Literatur
Helmut Pitsch: Lehrbuch der Funkempfangstechnik, Akademische Verlagsgesellschaft Geest und Porzig, Leipzig 1950
E. Rodenhuis: Röhren für Batterie-Empfänger, Philips` Technische Bibliothek, 1956
E.T. Red: Funkempfänger-Schaltungstechnik praxisorientiert, Franzis, München 1985
Dank
Peter Treytl danke ich herzlich für die Anregungen zur Vorstufenschaltung.
Einmal mehr möchte ich Jochen danken, dass er diesen Beitrag in seiner Rubrik "Leserbeiträge"
veröffentlicht.
Basel, im November 2006
Guten Empfang wünscht Thomas