Pendelrückkopplungs-Emfänger in einer modernen Schaltung
( http://www.jogis-roehrenbude.de/Bastelschule/UKW-Pendler-Radio/UKW-Pendler.htm)

Ist es Ihnen beim Durchlesen der Schaltungsbeschreibung auch so ergangen wie mir?
Da wird ein Einröhren UKW-Vorsatzgerät mit der Doppeltriode 6J6 = ECC 91 vorgestellt, von dem der Eindruck geweckt wird, dass man eigentlich alle anderen Pendler getrost vergessen kann. Ja, so steht geschrieben, mit nur einer zusätzlichen Röhre (als Gitterbasis-Vorstufe) ist diese Schaltung sogar "einem Superhet ebenbürtig!" Eine interessante und auch etwas geheimnisvolle Schaltung, weil die genaue Funktion auf den ersten Blick nicht so leicht zu erkennen ist. Man fragt sich, warum wurde in der Vergangenheit nicht viel mehr Gebrauch davon gemacht? Hier der originale Schaltungsvorschlag:


In Jogis Röhren-Forum erfuhr ich allerdings von grösseren Nachbauproblemen, es wurde selbst die Gesamtfunktion in Frage gestellt. Das war für mich letztendlich der Anstoß, die Schaltung selber mal auszuprobieren.


Anmerkung: In der Wickeldaten-Tabelle sind die Wickeldurchmesser fehlerhaft angegeben. Hier die Anhaltswerte meines Aufbaues: L2 freitragend, 12 mm Durchmesser, mit einer Anzapfung bei der 1. Windung zur unsymmetrischen 50 Ohm Einkopplung. Daher kann L1 entfallen. L3 + L4 auf 8 mm Spulenkörper mit UKW-Kern. L10 freitragend, 12 mm Durchmesser, wobei L11 mit ca. 4 Windungen aus 0,5 mm isolierten Schaltdraht in L10 geschoben wird.

FUNKTIONSBESCHREIBUNG DER SCHALTUNG
Die Schaltung arbeitet nach einem ‚neuartigen’ Prinzip (Originalton)! Nicht zu vergleichen mit den herkömmlichen Pendlern, welche in der Anfangszeit des regulären UKW-Rundfunks oftmals als Vorsatzgerät mit einer Pentode und einer Triode (oder eine als Triode geschaltete Pentode) verwendet wurde. Ich muß gestehen, der recht ausführliche Begleittext hat mir nicht viel weitergeholfen. Im Gegenteil, einige Passagen erschienen mir sogar unlogisch. Ich habe mich bemüht, meine manchmal abweichenden Erklärungen der Schaltungsfunktion mit Messungen und Oszillogrammen zu unterbauen!

Da ist zunächst die Umsetzung des UKW-Signals auf eine 3 MHz Zwischenfrequenz, also ein Superhet! Hierzu ist das linke Triodensystem als selbstschwingender Mischer geschaltet. Damit werden die breitbandigen (weil gepulsten) Störstrahlungen des 3 MHz Oszillators (L5 + 200 pF) in einen Bereich verlegt, die durch den UKW-Bandpass (L2, Trimmer, L3, L4) gut zu unterdrücken sind und wo keine Klagen von Nachbarn zu erwarten sind. Für die konstant (!) erzeugte UKW-Oszillatorfrequenz der Mischstufe (L10, L11) stellt dieser Bandpass natürlich kein Hindernis da und wird somit stark über die Antenne abgestrahlt.
Die so gewonnene ZF wird über die gemeinsame Kathode zur rechten Triodenhälfte übertragen. Hier findet der eigentliche Pendelempfang statt. Zusätzlich werden noch die erforderlichen Pendelschwingungen mit einem 25 kHz Hilfskreis (L8 + 20 nF) generiert. In der Literatur findet man manchmal die Bezeichnung "Quenchkreis" (to quench ~ auslöschen). Das ist auch abweichend von den herkömmlichen UKW-Pendlerschaltungen, wo durch periodische Selbstblockierung (Engl.: self-quenching, nach Flewelling) der gewünschte Pendelempfang ermöglicht wird.
Die Gitterkombination (100 kOhm parallel zu 1 µF) dient nicht zur Demodulation, sondern soll als ‚automatische Verstärkungsregelung’ zu hohe Amplituden des durch das Eingangssignal angeregten 3 MHz-Kreises entgegen wirken. Die Zeitkonstante ist recht hoch bemessen, was eine rel. träg ansteigende neg. Gittervorspannung durch Gittergleichrichtung zur Folge hat.

Amplituden-Demodulation
Sehr schön lässt sich auf dem Oszilloskop verfolgen, welche Veränderungen die 3 MHz-Bursts erfahren wenn die Amplitude des (von einem UKW-Meßsender generierten) Eingangssignals von Hand vergrössert oder verkleinert wird. Erhöht man dieses, erhöht sich kaum die Amplitude der 3 MHz-Bursts, sondern nur deren Verweildauer! Anders ausgedrückt: die Amplituden-Modulation wird in eine Burstbreiten-Modulation umgesetzt. Die Variation liegt ca. zwischen 5 µs ... 15 µs. Diese Veränderungen im Anodenstrom des rechten Triodensystems erscheinen durch Integration (mit C intgr.) als niederfrequente Anodenspannungsschwankungen und werden nach einer starken Aussiebung der HF-Reste dem Steuergitter der Endröhre angeboten.


Obenstehendes Oszillogramm ist am g1 des rechten Systems abgenommen. Die dominierende 25 kHz Sinusspannung (= Pendel-Hilfsschwingung) fährt die Gitterspannung jedesmal für eine gewisse Zeit in den Bereich der höchsten Steilheit der rechten Triode. Man erkennt die nur kurzzeitig angeregten 3 MHz-Schwingungen. Zur Verdeutlichung habe ich diese induktiv an L5/6 ausgekoppelt und auf den unteren Strahl gegeben. Bei korrekter Einstellung, muss man die Bedämpfung des 3 MHz-Kreises mit dem dazugehörigen Parallel-Poti so einregeln, dass keine konstante Schwingungen, sondern nur die dargestellten ‚Bursts’ entstehen.
Untenstehendes Bild ist der gedehnte Spannungsverlauf an der Anode. Wir sehen die Auf- und Abschaukelung des 3 MHz Oszillators im Rhythmus der 25 kHz Hilfsfrequenz.


Frequenz-Demodulation
Wir betrachten die untenstehende (vereinfacht dargestellte) Resonanzkurve des 3 MHz-Kreises (L5 mit 200 pF parallel)
Abgestimmt wird nicht auf die Höckerspitze, sondern auf einer der beiden Flanken. Somit bestimmt der frequenzmodulierte Träger des heruntergemischten UKW-Signals die Stärke und als Folge davon, die Dauer der Anregung des 3 MHz-Oszillators. Über diesen Umweg erhalten wir die bereits erklärte stetige Änderung der Burstbreite im Rhythmus der Modulation. Es drängt sich der Vergleich mit Begriffen wie: "Flankendemodulator" oder einer "Pulsbreitenmodulation" auf.
Nun hat ein wenig bedämpfter 3 MHz-Kreis meistens eine rel. hohe Kreisgüte und damit auch viel zu steile (sprich: zu schmale) Flanken. Das lässt sich aber schwer mit dem auf UKW üblichen Frequenzhub von + - 75 kHz in Einklang bringen. Verzerrungen wären die Folgen. Aus diesem Grund war man dazu gezwungen, eine zusätzliche Bedämpfung vorzunehmen. Damit wird die Resonanzkurve verbreitert, was natürlich auf Kosten der so in den Himmel gelobten hohen Verstärkung geht. Der Verfasser der Schaltungsbeschreibung macht jedoch aus dieser Not eine Tugend.


Stolpersteine wegräumen
Auch bei mir funktionierte die Schaltung nicht auf Anhieb. Ursache: die selbstschwingende Mischstufe erzeugte durch den NF-Parallelkreis (L9 + 0,1 µF in der Kathodenleitung) keine sauberen konstanten(!) VHF-Schwingungen. Daher wurde dieser erstmal kurzerhand entfernt. Mehr dazu später.
Weiterhin ist der 20 pF Kondensator am kalten Ende von L 11 viel zu klein bemessen. Diesen erst auf 110 pF und später auf 10 nF erhöht. Dann noch den gemeinsamen Kathodenwiderstand durch ein 470 Ohm Einstellpotentiometer ersetzt (kritischer Arbeitspunkt) und siehe da, die Mischstufe erzeugt nun bei einem 104 MHz Eingangssignal und einer 107 MHz Oszillatorfrequenz, eine 3 MHz Zwischenfrequenz ! Deutlich zu überprüfen mit einem KW-Empfänger. Das rechte Triodensystem war hierfür totgelegt. Damit ist die Theorie widerlegt, dass der Mischvorgang auch noch ‚zeitweilig’ (als Nebenjob sozusagen) vom rechten Triodensystem erledigt wird.
Als letztes wurde der Einstellbereich der künstl. Bedämpfung (10 kOhm log. Potis) vergrössert und auf beide Oszillatoren (3 MHz + 25 kHz) angewendet.
Die Amplitudenbegrenzung des 25 kHz Hilfsoszillators geschieht nun durch zwei Si-Dioden in Reihe.


Meine Messwerte:
Ein 104 MHz Eingangssignal von 70 µV, mit 40 kHz Hub (400Hz) ergibt eine Ausgangsspannung (ohne Endröhre) von 400 mV (S+N) bei 13 dB Rauschabstand. Natürlich sind darin auch noch die Reste des 25 kHz Hilfsoszillators enthalten, wie untenstehendes Bild vom NF-Ausgang zeigt. Ich konnte die Empfindlichkeit noch weiter steigern, erschien mir jedoch zu unrealistisch, weil das auf Kosten der Betriebsstabilität geht!


Vorteile der Schaltung:
  • a). Rel. hohe Empfangsempfindlichkeit.
  • b). Geringer techn. Aufwand

    Nachteile:
  • a). Der Hauptnachteil ist in meinen Augen die überaus starke Höhenbeschneidung des NF-Übertragungsbereichs.

    -------100 Hz + 3 dB --------- 1 kHz 0 dB -------- 2 kHz - 6 dB (!) ------- usw. (6 dB/Oktave)

    In diesem Licht betrachtet, ist der Einsatz einer Gegenkopplung für Frequenzen im Bereich unterhalb von 500 Hz für eine reine Sprachübertragung gar nicht so abwegig. Das könnte der wahre Grund für die Einschleifung des Parallelkreises L9 mit 0,1 µF (F res = 290 Hz) in die Kathodenleitung gewesen sein.
    Natürlich habe ich nach Verbesserungen gesucht. Eine Verkleinerung des 10 nF Integrationskondensators, sowie des 1 nF Kondensators (Deemphasis oder Deakzentuierung) am g1 der Endröhre, brachte nicht die erhoffte Verbesserung des NF-Frequenzganges. Vielmehr stieg der 25 kHz Restanteil übermässig stark an! Diesen müsste man mit einem zusätzlichen 25 kHz-Saugkreis weitgehend reduzieren können.
  • b). Die schon besprochene schmale Empfangsbandbreite des 3 MHz Kreises bei zu groß eingestellter Empfindlichkeit, d.h. bei geringer künstl. Bedämpfung. Ein mit 75 kHz Hub modulierter FM-Sender wird daher nicht verzerrungsfrei wiedergegeben.
    Falsche Erwartungen werden auch bezüglich der Höhe der NF-Ausgangsspannung geweckt.
    Ich konnte am Ausgang des Konverters (also ohne die Endröhre) keine höheren NF-Pegel als 400...500 mV erzielen. Die Testfrequenz betrug dabei 400 Hz bei 40 kHz Hub, also noch im optimalen Bereich. So betrachtet ist die gemachte Aussage, dass man damit "beliebig große" Röhren voll aussteuern kann, nicht richtig.
  • c). Es wird mit einer ZF von nur 3 MHz gearbeitet! Das bedeutet, dass der Spiegelempfang bei jeder(!) Sendereinstellung 6 MHz von der Empfangsfrequenz entfernt liegt. Diese ungewünschte 2. Empfangsfrequenz kommt praktisch kaum geschwächt, ebenfalls durch. Natürlich nur wenn diese belegt ist. Bei der heutigen dichten Belegung des UKW-Bandes ist diese Wahrscheinlichkeit recht groß!

    Fazit: Diese Schaltung ist für den UKW-Rundfunkempfang nicht empfehlenswert !

    Ein sicherlich hartes Urteil. Der Autor des Artikels (NICHT Jogi, der diesen Artikel ja auch nur "as is", aus historischen Gründen, auf seiner Seite setzte !) muß sich vorhalten lassen, dass unrealistische Erwartungen geweckt werden und prinzipielle Mängel nicht, bzw. nicht deutlich genug herausgestellt werden! Da braucht man keinen Barkhausen zu verstehen um zu erkennen, dass schon (z.B.) alleine der 10 nF Kondensator parallel zum Ausgangsübertrager einen wichtigen Hauptvorteil des UKW-Rundfunks -nämlich der erweiterte Übertragungsbereich- zunichte macht!

    Ich habe die Vermutung, dass der originale Schaltungsvorschlag aus den USA kommt, vielleicht Ende der 40er Jahre. Mit höchstens ein oder zwei FM-Sendern, welche damals auf niedrigeren Frequenzen und ausserdem noch mit kleinem Frequenzhub arbeiteten?
    Auch eine Anwendung als low-cost Empfänger in Fernsteueranlagen oder in Walkie-Talkies wäre denkbar.

    Zum Schluss, darf ich die Leser bitten, mir Komentare, Fehler, Ergänzungen und Verbesserungen via Jogis Röhrenforum oder auch direkt via E-mail mitzuteilen. Dafür schon mal meinen herzlichen Dank im voraus.

    Wolfgang Holtmann
    eMail : holt4711@hotmail.com

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