Restauration eines DKE38
von Jochen Wankmiller




Restaurationsbericht DKE38 (aus dem Kuhstall)

Da stand er nun: Ein kleiner DKE 38, und er stank dermaßen nach Kuhstall, dass ich beschloss die erste Aktion der Restauration ins Freie zu verlegen. Das Gerät stand über Jahrzehnte in einem Stall im Fenstereck und siechte vor sich hin.
Der genaue Zustand des Geräts war wie folgt:

Allgemeines:
  • Lautsprecherbespannstoff: Ein Stück einer völlig versifften Gardine o.ä. Seitlich ein 12mm Loch, im Bakelit gebohrt, für extra Netzschalter. Entweder der Vorbesitzer hat beim Versuch das Gerät einzuschalten (ohne Rückwand) aus Versehen ins Gerät gefasst und -brzzzzl- ordentlich eine gewischt bekommen und dann beschlossen den Zusatzschalter zu montieren, oder er war zu faul um immer hinter dem Gerät zu fummeln.

  • Rückwand: Fehlanzeige.

  • Innereien: Gnadenlos mit Güllenebel und Staub und Dreck verschleimt; jeder Gentechnologe würde sich über so einen quietschlebendigen "Generationen-Biofilm" im Millimeterbereich freuen.





  • Was am Gerät verändert war:
    Ein Elko wurde irgendwann ersetzt, der Schleifer des Potis ausser Funktion gesetzt, ein Schutzwiderstand 470 Ohm vor die VY2 gesetzt (!) und die negative Gittervorspannung für G1 der VCL11 Tetrode mit einer zusätzlichen R-C-Siebung versehen. Das Gerät ist Bj. 38/39, für die letztgenannte Maßnahme wurde ein Kondensator Bj. 1944 eingesetzt - also eine sehr frühe Modifikation; vielleicht war der damalige Besitzer ein "High Ender", der sich am Brumm störte.
    Ein 0,25µF Kondensator war durch einen Bosch Blockkondensator 0,5 µF ersetzt worden.
    Außerdem war die 220 V Netzspannung direkt am Schalter durch einen 0,22µF Kondensator gegen HF verblockt.
    Der 0,9µF Kondensator, der das Biaspoti überbrücken soll, fehlte komplett.



    Was am Gerät außergewöhnlich war:
    Nach genauer Untersuchung hat sich gezeigt dass die VY2 und die VCL11 praktisch in neuwertigem Zustand sind. Bei der VY2 ist sicher der 470 Ohm Vorwiderstand dafür verantwortlich, dass sie überlebt hat, die VCL11 hat sicher sehr wenig Betriebsstunden drauf, denn der EMV Schutzlack ist wie neu.
    Auch die Drehkos sind in gutem Zustand. Das Blechpaket der Drossel ist nicht durch Rost gequollen - vielleicht der Gülle zu verdanken .. ?

    Schritt1: Zerlegen
    Chassis und Lautsprecher raus, Lautsprecherstoff in den Hausmüll, und das Gehäuse ordentlich in einem Eimer Wasser mit Spülmittel über Nacht eingeweicht. Tags darauf das Gehäuse saubergeschrubbt und mit Autolackreiniger wieder auf Hochglanz poliert.
    Das 12mm Loch an der Seite ist sauber gebohrt und nicht auffällig; ich werde es so belassen.

    Schritt 2: Lautsprecherbespannstoff
    Einen vergilbten LIDL Baumwollsack habe ich als Lautsprecherbespannstoff missbraucht. Ich spannte den Stoff mittels vieler Pinnadeln auf ein Holzbrettchen und klebte dann, als er straff sass, einfach einen stabilen Pappring darüber. (Aussen- und Innendurchmesser des Papprings entsprechen den Abmessungen des vorgesehenen Kleberands im Bakelitgehäuse)
    Nachdem der Pattex getrocknet war, schneidete ich rings um den Pappring den überschüssigen Stoff ab und klebte das unter Spannung stehende Gebilde dann in das Bakelitgehäuse. So war das Ergebnis sehr sauber und schön straff gespannt.



    Schritt 3: Chassis reinigen
    Wegen einiger Blechbiegeverbindungen z.B. des Elkohalters, des Buchsenhalters und einiger Nietverbindungen ist von einer Vollzerlegung abzuraten. Wenn man die Teile dann nochmals biegt, brechen sie ab. - Also: Reinigen des Chassis mit Wasser und Spülmittel und Wattestäbchen. Das braucht eben Zeeeeeiiiiiiiit.



    Schritt 4: Kondensatoren
    Ich habe die beiden 4µF Elkos durch zwei MKP Blockkondensatoren 3,15µF/400V AC ersetzt, die genau in die Elkoschelle passen. Diese Lösung überzeugt mich, sie ist äußerst sicher und haltbar; andere Lösungen sinds vielleicht nicht.






    Der 10nF Kondensator, welcher die VY2 überbrückt, wurde durch einen 9200 pF/2000 V FKP Kondensator ersetzt. Zusätzlich habe ich für die Spannung an G2 der Tetrode und -G1 der Tetrode und Anode der Triode RC Siebglieder eingebaut, die in diesem frühen Modell nicht vorgesehen waren, aber in den späteren Geräten ohne Netzdrossel enthalten sind. Dadurch ist das Gerät erstaunlich brummarm. Den damals schon nachgerüsteten direkt am Netz angeschlossenen HF Blocker Kondensator im halb zerlaufenen Wachswickelgehäuse habe ich durch einen Roederstein 0,22µF/250V AC FKP ersetzt.
    Nun gut, die Teile sind nicht gerade authentisch; aber sie sind sicher und sie waren griffbereit.





    Detailansicht der VCL11-Fassungsbeschaltung:

    ACHTUNG: Einige DKE haben zwischen der Antennenspule und "Gerätemasse" einen Kondensator 5nF. Bitte diesen Kondensator in jedem Fall durch ein modernes WIMA Topmodell (z.B. FKP-1) mit höchster Spannungsfestigkeit (2000V) ersetzen! Wenn der Original-C nämlich durchschlägt, dann liegt evtl. Phase der Netzspannung an der Antenne !!!

    Schritt 5: Widerstände nachmessen
    Dabei ergaben sich keine wesentliche Abweichungen der Sollwerte.

    Schritt 6: Kontaktreinigung der Röhrenfassungen
    Nach dem Ausblasen der Röhrensockel mit Druckluft habe ich diese mit Liqui Moly Elektronikspray Art.-nr. 3110 eingepinselt; auch den Sicherungshalter. Dies ist mit Abstand das beste Kontaktreinigungs/-pflegemittel, das ich kenne; die 100ml Spraydose kostet aber 17 Euro. Auch für Potis das optimale Mittel. Es wird von der Autoindustrie beim Zusammenbau der Vielfachsteckverbinder der Motorsteuerung verwendet.

    Schritt 7: Netzkabel
    Das alte Stoffkabel ist in desolatem Bröselzustand und wurde durch ein neues Netzkabel ersetzt.

    Schritt 8: Zusammenbauen und Einschalten
    Die Erstinbetriebnahme erfolgt unter größter Vorsicht :
    A) Das Gerät ist über einen Trenntrafo 230V/220V angeschlossen !!!
    B) Dem Gerät ist eine 40 W Glühbirne vorgeschaltet !!!

    Zu A :
    Da es sich um ein Allstromgerät handelt welches keine galvanisch Trennung vom Netz hat, steht im Prinzip jedes Teil des Geräts unter direkter Netzspannung. Das betrifft u.U. auch Metallachsen von Drehkos und Potis, sowie die EMV Abschirmbeschichtung der VCL11 und den Lautsprecheranschluss. - Daher: Experimente mit solchen Geräten NIE OHNE TRENNTRAFO !!!
    Zu B:
    Wenn im Gerät etwas nicht stimmt, also z.B. ein totaler Kurzschluss, dann leuchtet lediglich die zwischengeschaltete Glühbirne auf, und es passiert ansonsten nichts spektakuläres.
    An der linke Buchse Erde anschließen, am ganz rechten Antennenanschluss eine 6m Außenantenne.

    Was (bei meinem Gerät) dann passierte: Frohen Mutes eingeschaltet. Die 40W Birne glimmt für kurze Zeit leicht auf. Nach ca. 1 1/2 Minuten regt sich etwas; die ersten Töne. Erstaunlich - das Gerät spielt bei richtiger Abstimmung sehr laut und klar; fast besser als der VE301W.

    Hier noch, als PDF-File, das der modifizierte Schaltplan meines DKE38.

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    Diese Restauration ist zwar nicht ganz schulbuchmäßig, aber sicher und dauerhaft und die Wiedergabequalität ist so, dass man das Gerät gerne einschaltet.
    Allgemein möchte ich jedem, der ein Allstromgerät betreibt (also kein Netztrafo im Gerät vorhanden ist) dringend empfehlen, dieses immer über einen vorgeschalteten Trenntrafo anzuschliessen.

    Viel Spaß beim restaurieren, selberbauen, reparieren wünscht...
    Jochen Wankmiller



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