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Die folgenden Bilder zeigen eine Drehanodenröhre von einem diagnostischen Röntgenaufnahmeplatz, Hersteller Philips.
Ihre Bezeichnung ist mir leider nicht bekannt, es gibt auf der Röhre keine Hinweise darauf.
Die Röhre arbeitet im diagnostischen Bereich von mit ca. 50 ~ 150.000 Volt. Sie hat eine drehende Wolfram-Anode,
der Rotor des Motors sitzt im inneren der Röhre, also im Vacuum. Die Drehzahl kann (je nach Type) zwischen 3600 ~
10,000 UPM betragen.
Aufgrund der hohen Verlustleistung muss sich die Anode drehen, sie würde sich sonst bis zum abschmelzen erhitzen.
In der Röntgendiagnostik liegt die Pv (Nennleistung) zwischen 15 ~ 100 kW, je nach Anwendung. (Bei CT darf's auch schon
ein bißchen mehr sein..)
Die Brennfleckbahn (focal track) würde bei der Leistung sehr schnell Einschmelzerscheinungen zeigen, die das
Vacuum schnell vergiften würde - die Röhre würde zu "stossen" anfangen, d.h. durchzuenden - und
somit die Ortsauflösung am Film bzw. Bildverstärker oder Detektor herabsetzen.
Die Röhre hat ein Gewicht von 2,2 kg, einen Durchmesser von 12,5 cm und eine Länge von 26 cm.
Damit ist sie noch eine leichtgewichtige Drehanode für einen einfachen Röntgenaufnahmeplatz mit ca. 350 kHU
Anoden-Wärmespeicherfaehigkeit (anode heat storage capacity).
Hochbelastete X-ray tubes für die Kard-und Universelle Angiographie, sowie CT, haben eine aufgebackene, mehrere
cm dicke Graphitbeschichtung auf der Rückseite der Wolframlegierten Drehanode. Das erhöht die
Anoden-Wärmespeicherfaehigkeit auf > 1 MHU bei Angioaufnahmeplätzen, bis zu ca. 6 MHU fuer CT. Bei ~100 kW braucht es
das auch schon, um die enorme Wärme kurzfristig während der Aufnahme zuspeichern, da ist Flaeche angesagt...
Die Anoden solcher Hochleistungsöhren werden im Betrieb normal bis zur Hellrotglut betrieben. Die Wärme wird nur
durch IR-Strahlung an die Ölfüllung der Haube abgegeben, es gibt keine direkte Kühlung der Anode.
Die Wärmeabstrahlung der Anode (anode heat dissipation) ist deshalb ziemlich ineffektiv, was längere
Abkühlpausen zwischen Untersuchungen erforderlich machen kann.
Bei Hochleistunfsstrahlern wird die Ölfüllung entweder direkt mit Hilfe einer Pumpe durch ein
Ölkühlaggregat gekühlt, oder mittels Öl/Wasser - Wärmetauschers durch eine
Wasserkühlvorrichtung.
Hochleistungsröhren wiegen 20 ~ 30 kg und haben einen Durchmesser von 15 ~ 30 cm. Der gesamte Strahler (x-ray tube
assembly) besteht aus dem Röhreneinsatz (x-ray tube insert) und der Haube (tube housing) und kann für Spezialtypen
bis nahe 100kg wiegen!
Blick auf den Motor. Genau genommen ist es (nur) der Rotor eines asynchronen Spaltpolmotors, der Stator mit Erregerspule
ist ausserhalb des Glaskolbens. Die Lager laufen trocken und sind graphitgeschmiert.
Ein Datenblatt steht mir leider nicht zur Verfügung.
Stephan schrieb mir zu den auf dieser Seite gemachten Angaben u.a. folgendes:
Übrigens ist das Anodenmaterial für die Verwendung der Röhre entscheidend. Bei Wolfram kommt es auf den
hohen Schmelzpunkt an, verwendet wird die "weiße" Röntgenstrahlung. Für analytische Zwecke werden z.B.
Kupfer oder Molybdän verwendet, wenn es auf die "charakteristische" Röntgenstrahlung ankommt, etwa bei
Molybdän 0.71073 Angström (MoK(alpha) ), bei Kupfer 1.54178 Angström (CuK(alpha) ).
Zum Vergleich: Die Länge der Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindung beträgt um die 0.15 Nanometer, im Diamant
0.154 Nanometer.
Du siehst also, daß man mit den K(alpha)-Wellenlängen im Bereich molekularer Bindungslängen ist und damit
Strukturanalyse aufgrund Beugung machen kann.
Es gibt noch einen interessanten, in der Praxis aber störenden Effekt. Eine normale Röntgenröhre für
die Röntgenstrukturanalyse ist nach ein paar tausend Stunden Betrieb unbrauchbar.
Während des Betriebs scheidet sich Wolfram aus dem Wolfram-Filament auf der Anode ab und erzeugt so eine Wolfram-Anode.
Ich fragte Stephan, wie das sein könne - oben (gemeint ist die Röhre die auf dieser Seite
vorgestellt wurde) ist es eine wolframlegierte Anode, unten (hier in Stephans Beschreibung) geht sie durch Wolframabscheidungen
kaputt?
Stephan antwortete mir:
Klar! Stell Dir eine Kupferanode vor, auf der sich Wolfram abscheidet. Die Elektronen schlagen, je nach Stärke der
Wolfram-Abscheidung, Elektronen aus Kupfer und Wolfram heraus und erzeugen mit zunehmender Stärke der Wolfram-Schicht
mehr und mehr ein Wolfram-Spektrum.
Die Röhre würde also noch sehr lange Zeit munter Röntgenstrahlung produzieren, nur ist diese für
analytische Zwecke nicht mehr brauchbar.
Darauf fragte ich zurück : Wenn Wolfram auf der Anode unbrauchbare Strahlung erzeugt - wieso ist
dann die andere Anode Wolfram-beschichtet?
Stephans Erklärung darauf war auch für einen Laien, wie ich es bin, einleuchtend:
Es kommt darauf an, ob Du die "weiße" Strahlung brauchst oder die "charakteristische". Im ersten
Fall ist das Anodenmaterial wurscht, Wolfram hat aber den Vorteil des höheren Schmelzpunkts, im zweiten Fall hängt
das Frequenzspektrum vom Anodenmaterial ab.
Kupferanoden liefern u.a. ein CuK(alpha) von 0.154 nm, Molybdän ein MoK(alpha) von 0.702 nm. Dies sind, ähnlich
einem Laser oder einer stabilen Frequenz eines Quarzoszillators, Materialkonstanten.
Ein frische Kupferanode wird nun jene 0.154 nm liefern. Scheidet sich aber Wolfram aus dem Filament auf der Anode ab, wird
der Anteil an 0.154 nm schwächer und der Wolfram-K(alpha) nimmt überhand. Es liegt also aus der Sicht des
Wellenlängenspektrums mit der Betriebsdauer zunehmend eine Wolfram-Anode vor.
Vergleiche dies mit einem Oszillator, dessen Frequenzbereich sich durch Bauteilealterung verändert hat. Den mußt
Du auch entweder nachstimmen oder kannst ihn im Mülleimer entsorgen.