Der Gewinner des Bastelwettbewerbs 2003 - Ralf Raupach


Beschreibung zum Bastelwettbewerbsradio "Hercules"
- von Ralf Raupach

Nachdem ich die Ausschreibung mit Begeisterung gelesen hatte, begann das große Grübeln.
Es sollte dann schon ein "richtiges" Radio werden. Also mit Holzgehäuse für einen wummernden Bass, einem Blech-Chassis für gute HF-Eigenschaften und einem angenehmen Äußeren für die Duldung im Haushalt.
Eine richtige Skale mit Beleuchtung ist sowieso Pflicht.
Außerdem sollten richtig erwachsene Röhren darin glühen.

Nach einigen wüsten Drahtigel-Schaltungen hat sich aufgrund der beengten Verhältnisse das folgende Konzept herauskristallisiert:
Um geeignete Röhren zu finden, wurden einige Typen aufs Röhrenprüfgerät gesteckt und bei der geringst möglichen Anodenspannung (20 V) auf Anodenstrom und, wenn noch möglich, auf Steilheit geprüft.
Die günstigsten Werte brachten PCC 88 (Ia = 9 mA, S ca. 7 mA / V) und PCF 801 (Triode: Ia = 8 mA, S ca. 6 mA / V; Pentode: Ia = 2,5 mA, S ca. 2 mA / V).
Weitere brauchbare Werte bringen auch PC 900, PCC 84, PC 88, PCF 82, ECF 82, E 88 CC.

Bei den Doppeltrioden wurde für die Verwendung in der NF-Endstufe wert auf einen geringen Innenwiderstand gelegt. Bei PCC 88 und E 88 CC liegt er bei 2,6 kΩ pro System.

Für die HF-Seite des Gerätes wurde eine Audionschaltung mit selektiver Vorstufe gewählt. Dadurch wird es zum Zweikreiser. Es ist Mittel-und Kurzwellenbetrieb vorgesehen.
Leider ist für eine optimale Funktion beider Bereiche die Umschaltung des Arbeitspunktes der Pentode nötig. Da der Wellenschalter nur über zwei Umschaltkontakte verfügt, wurde der Arbeitspunkt nur für MW optimiert. Der KW-Bereich (41 m und 49 m - Band) ist deshalb außerhalb der Wertung.

Das Schaltbild
(Mit der Maustaste das Schaltbild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)

Den Eingangskreis FA bildet ein Ferritstab (10 mm Ø x 100 mm lang). Damit lässt sich ein stärkerer Ortssender auch ohne Außenantenne hören. Da L1 bei KW kaum noch wirkt, wird der Eingangskreis über den 15 pF-Kondensator versorgt. Das stellt allerdings einen Kompromiss dar, da die Kapazität der Außenantenne stärkere Verstimmung des Kreises bewirkt. Bei Verwendung eines Wellenschalters mit ausreichenden Kontakten könnten alle Koppelspulen und Kreise separat geschaltet werden. Wenn da nur dieses winzig kleine Gehäuse nicht wäre...
Da bei der geringen Anodenspannung keine optimale Gittervorspannung entsteht, wird diese regelbar vorgegeben. Das 10 kΩ - Tandempoti regelt ebenfalls das Gitter 2 der Pentode.
Bei voller Verstärkung (Schleifer auf Masse) wird der Gitterwiderstand (hier 33 kΩ) so ausgewählt, dass die Stufe noch nicht schwingt. Der 100 pF-Kondensator verkürzt den Kapazitätsbereich des Dreko´s bei KW.
Der zweite Kreis SP1 ist analog dem ersten aufgebaut, nur dass er auf einem Meuselwitzer Filter gewickelt wurde. Koppelspule L2 (wieder mit 15 pF für KW gebrückt) ist dabei auf einen separaten Körper gewickelt (induktive Kopplung). Die Rückkoppelspule L1 ist, entgegen der Zeichnung, auf L3 gewickelt. In gleicher Weise ist SP2 für KW auf einen kleinen Stiefelkörper aufgebaut.
Der 10 kohm -Einstellregler bestimmt den Arbeitspunkt der Pentode und wird so eingestellt, dass bei voll aufgedrehtem Verstärkungspoti ein ausreichender Schwingungseinsatz des Audions gewährleistet ist.
Das an der Anode der Pentode anliegende NF-Signal wird über 4,7 kΩ und Dr1 sowie 220 pF und 1 nF von der restlichen HF befreit und der NF-Endstufe zugeführt. Diese besteht aus den zwei parallel geschalteten Triodensystemen der PCC 88.
Durch den dadurch halbierten Innenwiderstand der Stufe wurde die Verwendung eines gerade vorhandenen Ausgangsübertragers möglich. Der 5,6 nF-Kondensator verbessert etwas den Klang. Wenn die Stufe mit einem Eingangspegel von ca. 2 Vss angesteuert wird, ist eine Ausgangsleistung von etwa 50 mW zu erwarten. Leider wird dieser Pegel von dem Audion nur bei extrem kräftigen HF-Eingangssignal geliefert. Hier lässt sich mit einer NF-Vorstufe sicher noch was rausholen.
Die Stromversorgung wird durch einen 12 V / 4,5 Ah Bleigel-Akku als Heizstromquelle und eine 9 V - Blockbatterien als aufgestockte Anodenbatterie realisiert. Wenn der Clip der 9V-Batterie kurzgeschlossen wird und nur der 12 V - Akku als Anodenversorgung wirkt, ist auch noch "verhaltener" Ortssenderbetrieb möglich.

Die Stromversorgung wurde samt einer 2 A - Sicherung in einem stilechtem Stromversorgungsmöbel versteckt.



- Wie im Bild zu sehen, ist nun auch die Herkunft der auf den meisten Radiogehäusen vorhandenen Ringe geklärt. :-)



Durch die "wilden" Heizspannungen der Röhren (PCC 88 = 7 V, PCF 801 = 8,5 V) gab es nur die Parallelschaltung der Heizfäden. Die Spannungsdifferenzen werden dabei durch kleine einlötbare Lämpchen ausgeglichen. Die Verwendung von E-Röhren und der Reihenschaltung deren Heizfäden könnte bei geringer Unterheizung eine sparsamere Lösung sein.
Der gesamte Anodenstrom 'wackelt' so etwa zwischen 5 und 10 mA. - Wirkungsgradfuchser sollten hier sowieso den Blick abwenden. - Bei ca. 7 Watt "Heizleistung" und max. 0,05 Watt Nutzleistung ist der Spaßfaktor der größte Wert

Der HF-Abgleich erfolgt stufenweise. Dafür wird das Steuergitter der Eingangstriode kurzgeschlossen. Über ca. 10 pF an der Anode dieser Röhre wird das Signal (entweder von der Außenantenne oder vom Messgenerator) eingekoppelt. Der Kern der Koppelspule L2 ist voll eingedreht. Nun wird mit L3 bei ca. 600 kHz ein Sender bzw. das Messignal gesucht (Drehko dabei fast ganz eingedreht). Beim gesamten Abgleichvorgang ist natürlich die Rückkopplung (Verstärkungspoti) mit zu bedienen. Jetzt wird der Drehko fast voll rausgedreht und das Signal bei ca. 1400 kHz gesucht und mit dem Trimmkondensator 2 / 10 pF eingestellt. Der Vorgang ist mehrmals wechselseitig zu wiederholen.
Nach Aufhebung des Gitterkurzschlusses und der Einkopplung über die Antennenbuchse kann der Abgleich des ersten Kreises FA in gleicher Weise durchgeführt werden. Nun ist dabei auch noch der richtige Gleichlauf zwischen beiden Kreisen gefragt. Beim KW-Bereich sind die Eckfrequenzen 6 und 7 MHz.
Das ist alles eine recht knifflige Angelegenheit und eine Frage der Geduld. Auch bei meinem Gerät schlummern da noch Reserven.
Alle angegebenen Windungszahlen und Bauelementewerte sind Zirka-Werte und abhängig von den vorhandenen Spulentypen, den Röhren und dem Schaltungsaufbau.




Es folgen nun weitere Fotos sowie der Bewertungs-Bericht vom Jury-Mitglied Klaus Bayer:














































Testbericht zum Bastelwettbewerbsradio "Hercules"

Schon die Verpackung zeigt die liebevolle Hingabe zum Radio. Dies kann nur ein echter Fan der Technik.
Zur Optik braucht man nichts zu sagen, außer das alle Teile inkl. des Stromversorgungsmöbels von Ralf selbst gebaut wurden !
Also: Teile entnehmen und die Bedienungsanleitung vor der Inbetriebnahme lesen. Dann die Teile zusammenfügen - und los gehts.
Den kleinen abgewinkelten 3mm-Stereo-Klinkenstecker, der mit (originalgetreu nachempfundenem) stoffummanteltem Anschlußkabel vom Radio kommt, unterhalb des Unterschranks in die Klinkenbuchse gesteckt - und es klappt sofort und problemlos.
Zunächst wird die Skala schön von innen her beleuchtet. Dann ein leichtes Pfeifen aus dem Lautsprecher, in der Anheizphase.
Und dann ertönt der immer noch eingestellte Ortssender (MDR Info - Wilsdruff - 1044 kHz).
Am Tag ist nur noch ein weiterer (tschechischer) Sender auszumachen, dafür geht es am Abend deutlich besser. Mehrere Sender können empfangen werden.
Die Trennschärfe wird dabei vom Geschick des Bedieners stark beeinflusst. - Meine Frau versuchte sich auch in der Bedienung, sie konnte nur den Ortssender einstellen.

Es gibt auch ein paar Schwächen. Die Lautstärke ist gering, in einem ruhigem Zimmer kann man Radio hören. Wer aber an einer Hauptstrasse wohnt, der wird nur wenig hören.
Der Empfang ist am kurzwelligen Ende der Skala viel besser als am langwelligen. Laut Ralf hätte er noch ein paar Windungen anpassen müssen, aus Zeitgründen hat er es dann nicht mehr geschafft. Die (Zugabe) Kurzwelle ist ebenfalls dem Zeitmangel zum Opfer gefallen. - Natürlich wird das noch nachgerüstet, denn der kleine Kasten soll ja richtig 'laufen'.
Insgesamt ein sehr guter Eindruck, man könnte glatt neidisch werden. (Oder doch auch mal etwas bauen....)
Klaus (FTL)

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