Bauanleitung für einen OTL Headphones Amp
- von Mario Benndorf

Es bestand der Wunsch, einen einfachen aber hochqualitativen OTL- Kopfhörerverstärker (OTL=ohne Ausgangstrafo) zu bauen der 600 Ohm (Studio-) Kopfhörer bis zur Nennleistung, die bei 200 mW liegt, ohne Verzerrungen aussteuern kann.
Die Leistung sollte jedoch nicht so hoch sein, dass die hochwertigen Kopfhörer überlastet werden oder gar durchbrennen können.
Weiterhin sollte auch an 32 Ohm Kopfhörer noch eine kräftige verzerrungsfreie Lautstärke verfügbar sein.
Nach einigen Tests mit ECC 82 in Kaskodenschaltung mit 10 mA Ruhestrom stellte sich heraus, das an 32 Ohm Kopfhörern doch etwas mehr Laustärke wünschenswert ist, oder anders ausgedrückt, das die Verzerrungen zu früh einsetzten. An 600 Ohm Kopfhörern schienen alle Wünsche bereits mit der ECC 82 befriedigt. Es entstand eine Schaltung mit 1 x ECC 82 als Vorverstärker und zwei ECC 88 als Kaskoden- Klasse A Endstufe.


Die Röhre ECC 88 ist eine Spanngitterröhre, die besonders für Kaskode Schaltungen entwickelt wurde, sicherlich im Hinblick auf UKW Tuneranwendung. Für NF ist sie jedoch ebenfalls exzellent zu verwenden und sehr linear über einen großen Aussteuerbereich.
Spanngitterröhren haben eine hohe Steilheit und einen besonders kleinen Durchgriff, was einen hohen Verstärkungsfaktor in Verbindung mit einem kleinen Innenwiderstand ermöglicht.

Schaltbild Invers Futtermann OTLs
(Mit der Maustaste das Bild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)

Als Vorverstärker werkelt eine ECC 82 mit einer Verstärkung von hier ungefähr 10-fach mit nur einer Triode. Hier könnte ebenfalls eine ECC 88 eingesetzt werden, mit etwas verändertem Rk und dann einer Verstärkung von ungefähr 25-fach. Die ECC 88 Endstufe benötigt zur Vollaussteuerung hier nur 1 Volt~ Effektivspannung. Die ECC 82 sorgt mit Ihrer Verstärkung dafür, das hier mit einer Line In Eingangsspannung von 200 mV~ bei etwa halb geöffnetem Laustärkepoti Vollaussteuerung erreicht wird.
Die Eingangs- und Treiberschaltung wurde besonders niederohmig ausgelegt um einerseits Störeinstrahlungen sehr gering zu halten, andererseits um eine niederohmige Ansteuerung der Endstufe an einem sehr niedrigen Gitterableitwiderstand von nur 120 kOhm zu ermöglichen.
Die ECC 82 hat eine sehr große Aussteuerreserve, wenn man bedenkt dass sie mit 2,75 Volt Gittervorspannung betrieben wird, jedoch nur mit 100 mV angesteuert wird. Damit arbeitet die ECC 82 in einem sehr linearen Bereich und erzeugt nur geringste Verzerrungen. Benutzt man ausschließlich 600 Ohm Kopfhörer, kann an Stelle des 470 µF/200V- Auskoppel Elko auch ein Metallpapierkondensator mit mindestens 6,8 µF benutzt werden. Mit dem 470 µF-Elko werden auch 32 Ohm Kopfhörer noch ungebremst mit tiefen Bässen versorgt.

Das Netzteil wurde mit Drosseleingang ausgeführt, welcher einen geräusch- und störungsfreien Einsatz von Silizium Gleichrichtern ermöglicht, da hierbei der Recovery Effekt dieser Dioden nur minimal zum Tragen kommt. Als Ladeelko wurde ein sehr großer 470 µF Typ benutzt, wenn man eine sehr große Drossel (10H) hat, würde hier wohl auch ein 100 µF Typ genügen. Wichtig ist der 68 kOhm Widerstand, der für die rasche Entladung des 470 µF Elko's sorgt, da sonst nach dem ausschalten sehr lange Gleichspannung an den Röhren anliegt was der Lebensdauer der Röhren nicht gerade dienen würde.
Der hier benutzte Trafo hat eine "Abschirmwicklung" bzw. eine Abschirmblechlage, die die Primärwicklung von der Sekundärwicklung für Hochfrequenz abschirmt, damit kann ein primärseitiges HF-Entstörglied entfallen. Die Eisenkerne der Drossel und des Netztrafo's sind mit Masse verbunden.

Zum Aufbau :

Es wurde als Gehäuse eine große alte Zigarrenschachtel verwendet, da nur sehr begrenzte mechanische Bearbeitungsmöglichkeiten vorhanden waren. Die Schaltung ist, wie bereits erwähnt, sehr niederohmig ausgeführt, weshalb hierbei ein abgeschirmtes Gehäuse entfallen konnte. Die Verdrahtung wurde frei fliegend ausgeführt, die Röhrensockel bieten hier genügend Fixpunkte. Große Teile wurden auf der Grundplatte (Grundbrettchen) aufgeklebt oder angeschraubt, die Drossel ist nur festgeklammert.
Wichtig ist ein zentraler Massepunkt und eine Sternerdung.
Das fertige Gerät hat kein hörbares Brummen oder sonstige Störgeräusche.


Der Sound ist sehr filigran, man hört jedes kleinste zischen und knistern des CD-Players, Fingergeräusche an den Gitarrensaiten.. kurzum: jede kleinste Nuance erscheint wesentlich deutlicher als gewohnt. Man hat ein Hörgefühl dass jedes Instrument für sich herraushörbar ist, so als hätte jedes sein eigenen Verstärker, keine Verdeckungen, auch bei hohen Lautstärken.
Der Verstärker vermittelt einen ungewöhnlich großen und tiefen Raumeindruck, die Geräuschquellen sind trotzdem scharf lokalisierbar. Man möchte am liebsten seine gesamte Plattensammlung noch einmal durchhören.














Heinz aus Berlin sandte mir zu dieser Schaltung die folgenden Zeilen:

Hallo Joachim,
Der Bericht/Plan/Projekt OTL-Headphones Amp kam gerade gerecht. Nach der Zwangsvertopboxung hier in Berlin war mein Fernsehkopfhöhrer mit seiner Siliziumschalter-AB-Sammlung-Verstärkung nicht mehr angenehm. Teile hatte ich. Ran ans Werk.
Zigarrenkisten-Design, heiße Röhren, Hochspannung war nicht ganz Enkelinnenkompatibel, also Metallgehäuse.
Erstes Probehören - Klasse . Aberrr... - je nach Kopfhörer Hintergrundbrummen - trotz sorgfälltigstem Aufbau.
Also Scope angeschmissen. 10 H Drossel + 470 Micro - C - für die "paar" Milliamps ????
Am 1. Sieb-C = Sinus ????? Am Eingang Siebdrossel Helloween. Tastkopf meinte : kann ich nicht.
Mir gingen Gegen-EMK, Schirmbilder am Booster-C einer Zeilenendstufe durch den Kopf.
Also back to the roots . Doppel-Pi.
Gleichrichter - 1. Sieb-C (100 Micro) - Drossel - 2. Sieb-C (100 Micro ) Ua Endstufe - Sieb-R - 3. Sieb-C Ua Vorstufe.
Und siehe da. Am 1. Sieb-C Sägezahn, 2. Sieb-C Restbrumm, 3. Sieb-C Schweigen - wie sich es gehört.
Jetzt war der Klang wirklich so wie ihn Mario beschrieben hat. Ich war erstaunt was mein alter Fernsehkopfhörer noch draufhat. Superklang.

Mit besten Grüßen
Heinz

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