RS 1003-SE - Amp
- von Hans Koch




Ein SE - Amp. mit 2 x 12 Watt und jeweils nur zwei Endröhren pro Kanal.

Die Firma Unison vertreibt einen High-End Verstärker unter der Bezeichnung "Simply Two", der in verschiedenen Tests sehr gut beurteilt wurde. Das Teil ist pro Kanal mit einer ECC 82 und einer EL 34 bestückt und soll echte 12 Watt Output machen.
Ich kenne die Schaltung nicht, wie das aber mit einer EL 34 gehen soll, macht mich doch etwas nachdenklich.
Saubere 6 bis 8 Watt im Eintakt, na gut, aber 12 Watt?
Mich hat das spartanische Konzept gereizt - so wenig wie möglich aktive Komponenten im Signalweg - aber bei dem Gedanken an 12 Watt aus einer EL 34 habe ich doch "kalte Füsse bekommen."

Welche Alternativen gibt es?
Klar, man könnte KT 88 oder 6550 nehmen, die schaffen das, oder auch EL 156 (zu teuer), aber das ist ja nichts außergewöhnliches. Aufgrund meines zweiten Hobbys (Amateurfunk) habe ich dann meine Röhrenbestände durchgeforstet und bin auf eine interessante Röhre gestoßen, nämlich die RS 1003 oder SRS 551.
60 Watt Verlustleistung, robustes System und das Schirmgitter verträgt relativ hohe Spannung, also Ultralinear-Betrieb möglich. - Einzig der Sockel ist problematisch, weil der so gut wie nicht zu bekommen ist.
Glücklicherweise hatte ich noch zwei Stück herumliegen. Also Einstieg in die Planung. Leider sind Kennlinien für diese Röhre im Internet so gut wie nicht zu finden. Bleibt also nur übrig, die Sache empirisch anzugehen.

Ich bin von max. 40 Watt Eingangsleistung ausgegangen, um die Röhre nicht zu hart arbeiten zu lassen. Bei einer eff. Ua von 375 Volt sollte der Anodenstrom dann 105 bis 110 mA betragen. Ich hatte noch zwei ordentliche AÜs mit Schirmgitteranzapfungen und primär 2,4 kOhm sowie sekundär 4, 6 und 8 Ohm. Damit müsste sich was machen lassen.

Die RS 1003 ist relativ steil (18 mA/V), sodass zur Aussteuerung keine riesigen Wechselspannungen benötigt werden. Da fiel mir die alte "Mullard-Schaltung" ein, damals mit EF 86 und EL 84. Warum sollte das nicht auch mit der RS 1003 gehen?
Notfalls könnte man für die EF 86 ja auch eine C3m nehmen, die bringt mehr Verstärkung. Um es vorweg zu nehmen: Die EF 86 reicht!

Also Probeaufbau gemacht. Aus einem separaten Netzteil stehen 385 Volt Ub zur Verfügung. Der AÜ schluckt 10 Volt und an der Kathode der RS 1003 stehen 55 Volt an, Ua beträgt somit 320 Volt. Das Schirmgitter wird an den Anzapf des AÜs gelegt, also Ultralinear-Schaltung.
Das beste Ergebnis stellte sich ein, wenn die LP-Box mit 4 Ohm Impedanz an die 6 Ohm-Klemmen des AÜs angeschlossen wurde. Die Lastimpedanz für die RS 1003 beträgt dann etwa 1,8 kOhm.
Die Schaltung selbst ist ziemlich unkritisch, wenn man auf kurze Verbindungen achtet.

Die RS 1003 ist auch eine recht gutmütige Röhre, was Selbsterregung anbetrifft, obwohl sie ja eigentlich für HF gebaut wurde und selbst für UKW noch brauchbar ist.
Erstaunlich ist die Stabilität dieses galvanisch gekoppelten Verstärkers. Der eingestellte Ruhestrom steht nach ganz kurzer Zeit "wie ein Fels in der Brandung."

Einziges Problem ist die richtige Gegenkopplung. Da kann man graue Haare bekommen, wenn man sie nicht schon hat.
Ohne Gegenkopplung geht nichts. Die richtige Gegenkopplung muß durch Versuche ermittelt werden. Ich habe mir dazu ein "Plug-in" gebaut und etliche Stunden damit zugebracht. Immer den Oszi am Ausgang und Frequenzgang gemessen, zwischendurch immer wieder mit Rechteck auf Überschwinger kontrolliert, usw. usw.
Es hat wenig Sinn, jetzt für den Rgk einen bestimmten Wert anzugeben, weil der abhängig ist von dem verwendeten AÜ und natürlich auch von den verwendeten Lautsprechern. Das muß eben ausprobiert werden. Bei mir hat sich für Rgk ein Wert von 7,2 kOhm bewährt, aufgeteilt in 3,9 k und 3,3 k, wobei der 3,3 k mit einem Silver-Mica von 1000 pF gebrückt ist.

Schaltbild
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Den Koppelkondensator zum Gitter der EF 86 mußte ich auf 6,8 nF (!) verkleinern.Dadurch ergibt sich mit dem Eingangswiderstand der Vorstufe für ganz tiefe Frequenzen ein Spannungsteiler, der die untere Grenzfrequenz auf etwa 15 Hz begrenzt. Bei größeren Werten (ich hatte zunächst 0,1µF eingebaut) sind ansonsten bei impulsartigen Tiefbässen die Lautsprecher überfordert. Man muß schließlich bedenken, dass sich im Signalweg kein Kondensator befindet und der Verstärker ohne das Eingangs-C auch Gleichspannung verstärken würde.
Das Eingangs-C ist aber wichtig, weil nicht alle CD-Player einen gleichspannungsfreien Ausgang besitzen.



Der Verstärker bringt bei den oben angegebenen Spannungen 20 Vss an 4 Ohm, also gute 12 Watt. Darüber klippt er schön symmetrisch.
Das ganze ist schön kompakt aufgebaut und gefällt auch optisch, nicht zuletzt wegen der beiden RS 1003. Zwischen den beiden EF 86 habe ich noch eine EM 84 als Aussteuerungsanzeige eingefügt, die natürlich nur von einem Kanal angesteuert wird.
Die Beschaltung der EM 84 setzte ich als bekannt voraus, sodass ich sie im Schaltplan nicht eingezeichnet habe.
Der Klang dieses kleinen Verstärkers ist beachtlich. Präziser, straffer Bass, klare Mitten und schöne, nicht aufdringliche Höhen. Mir gefällts. Aber das ist ja bekanntermaßen subjektiv. Deshalb gilt: Nachbauen und selbst hören.

Bei höherer Versorgungsspannung (bis ca. 375 Volt Ua eff.) müssten locker 15 bis 18 Watt rauszuholen sein, wenn der AÜ das mitmacht. Also eine echte Alternative zu den "Heizkraftwerken" mit der 6 C 33.






Wenn jemand noch eine Quelle kennt, wo man Fassungen für die RS 1003 bekommen kann, dann wäre ich für diesen "Geheimtipp" äußerst dankbar.

Mit besten Grüßen, Hans Koch.

Nachtrag :
Als ich mir die Kennlinien angesehen habe, wurde ich stutzig, was die von mir gemessenen (und oben angegebenen) Spannungen an Kathode und Gitter anbetrifft. Nach kurzer Überlegung war mir klar, was da passiert ist: ich habe mit einem Digital-Multimeter gemessen. Das geht aber nicht, da das Gitter so hochohmig ist, dass genaue Messungen nur mit einem Röhrenvoltmeter möglich sind. - Also nochmal nachgemessen, und jetzt passt es.
Bitte korrigiert also vor dem evtll. Nachbau die Angaben im Schaltbild entsprechend.
An der Kathode der RS 1003 liegen +57 V an und am Gitter + 48 V. Vorspannung also -9 Volt, und das passt dann auch zu den Kennlinien. Deshalb braucht die EF 86 auch kaum etwas zu leisten.

Noch eins: Der Anodenstrom muss in der Anodenzuleitung gemessen werden! Mit dem Poti in der Kathode kann zwar der Ia eingestellt werden, die Spannung an der Kathode ändert sich dabei aber nicht. Das ist schaltungsbedingt. Eine Einstellung durch Messung der Kathodenspannung funktioniert also nicht.

Von Interesse ist vielleicht auch noch das Datenblatt zur RS1003, welches ich im Internet fand: vm233.pdf

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Einige kritische Anmerkungen im Forum zu dem am 27. 1. 2007 veröffentlichten Amp. haben mich veranlasst, das Konzept nochmals zu überdenken und zu modifizieren.
Richtig ist, dass die Schaltung in Bezug auf die Ansteuerung der Endröhre sehr hochohmig ist. Ob dabei rein rechnerisch ein Eingangs-C der Endstufe von 50 pF zugrunde zu legen ist, könnte fraglich sein, denn die RS 1003 hat ein Eingangs-C von 23 pF. Rechnet man das Ausgangs-C der EF 86 (ca. 5pF) hinzu, kommt man auf 28 pF. Ich bezweifle, dass bei der gewählten Verdrahtung zusätzliche Schaltkapazitäten von 22 pF hinzukommen.
Ich meine deshalb, dass man wohl eher mit einem resultierenden C von etwa 35 pF rechnen kann.
Des weiteren ist zu berücksichtigen, dass der Ri der EF 86 wechselstrommässig parallel zum Aussenwiderstand liegt, also ebenfalls in die Berechnung einbezogen werden muß.
Hinzu kommt, dass durch die Gegenkopplung der dynamische Ri der Treiberröhre weiter verringert wird.

Ich habe nun versucht, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen, ohne das grundsätzliche Konzept zu verlassen. Als erstes habe ich den Aussenwiderstand des Treibers auf 180 kOhm reduziert.
Dann habe ich nach einer anderen Treiberröhre gesucht, die gegenüber der EF 86 einen wesentlich niedrigeren Ri aufweist.
Vorhanden waren EF 80, EF 184, E 180 F und E 280 F. Alle vier wurden versuchsweise ausprobiert. Verwendet wird nun eine EF 184, die sich bei mir als die beste Lösung herausgestellt hat. Für meinen Geschmack eine hervorragende Röhre, die ich bisher leider immer etwas stiefmütterlich behandelt habe.
Die Röhre hat eine Steilheit von 15 mA/V, ist also ca. 7-mal so steil, wie die EF 86. Nimmt man an, dass der Durchgriff nicht eklatant größer als bei der EF 86 ist, dann ergibt sich "nach Barkhausen", dass der Innenwiderstand gegenüber der EF 86 sich auf etwa 1/5 bis 1/7 verringert.
Zusätzlich habe ich den Kathodenkondensator der RS 1003 auf 1.000 µF erhöht und die Gittervorspannung der EF 184 wird jetzt - nach Anregung von Kurt Schenk - durch Anlaufstrom an 22 MOhm erzeugt. Gleichzeitig wurde das Koppel-C am Gitter wieder auf
22 nF erhöht.

Der Verstärker wurde anschließend durchgemessen und hat jetzt eine obere Grenzfrequenz von 23 kHz (am Sek.-Ausgang der AÜs gemessen).
Ich muß dazu anmerken, dass die von mir verwendeten AÜs nicht schlecht sind, aber sicher nicht allerfeinste High-End Qualität besitzen. Mit entsprechend hochwertigen Übertragern dürfte sich das Ergebnis wohl noch verbessern lassen.
Jedenfalls klingt der Amp. jetzt (für meine Ohren) echt gut, subjektiv sogar besser, als der 6C41C-Amp.

Soweit verschiedentlich auf die Schwingneigung der RS 1003 hingewiesen wurde, trifft dies nach meinen Erfahrungen nur auf den reinen Pentoden-Betrieb zu (also G2 direkt an Ub), nicht jedoch für den von mir gewählten Ultra-Linearbetrieb. Ich führe das auf den dadurch verringerten Innenwiderstand zurück. Ein Gitterstopper (1 kOhm) und ein 100 Ohm Widerstand direkt am G2-Anschluss reichen völlig aus, um die Gefahr jeglicher Schwingneigung zu bannen.
Das geänderte Schaltbild mit Spannungsangaben füge ich an.

Zum Schluß noch eins:
Da nichts im Leben vollkommen ist und ich das auch für mich und meine Verstärker-Projekte in Anspruch nehme, ist auch weitere fachliche (und sachliche) Kritik durchaus erwünscht.
Man kann immer noch etwas dazu lernen.

Mit besten Grüßen, Hans Koch.

Neues, geändertes Schaltbild
(Mit der Maustaste das Bild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)


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