Audion-Empfänger mit dem Chip MK 484

von Franz Gysi, Schweiz.

Bei einem Besuch im Brockenhaus habe ich mir als Zugabe zu einem Kauf dieses kleine Teekistchen (etwa ein Würfel von ca. 5 cm Kantenlänge) drübereingeben lassen.


Mit diesen Zutaten plante ich, einen Detektorempfänger zu bauen.
Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt (oder wie sagte der alte William, sorry, Wilhelm Busch)!
Ich stellte fest, dass eine ganz kleine 1,5 V Batterie stehend im Gehäuse Platz findet. Zusätzlich hatte ich in der Bastelkiste noch einen dieser famosen MK-484 AM-Empfänger IC. Dieser IC ist heute ja auch schon Geschichte (etwa 30 jährig). Eine kleine Ferritantenne fand ich auch noch inkl. Spule.
Also die Idee: ein kleiner Empfänger, der auch ohne externe Antenne funktioniert und mit einer Batterie monatelang läuft. Zum Bedienen brauchts bloss den Drehkondensator, das Einstecken des Kopfhörers schliesst den Stromkreis, so dass sich ein Schalter erübrigt.
Aber reinsehen in den Empfänger muss man können, wozu baue ich sonst dieses Ding im Zeitalter der iMac’s und PC's?


Warum man noch reinsehen muss? Damit es Jogi mit einer Röhre verwechselt und diesen IC-Empfänger auf seiner Homepage veröffentlicht! Trotz dem Gruseln, das er zuerst über sich ergehen lassen muss.

Hier das Schaltbild:


Der MK 484 IC ist ein vollwertiger Geradeausempfänger wie in den zwanziger Jahren, aber er schaut aus wie ein Transistor. Ferranti hatte die Entwicklung bereits 1970 begonnen, ab 1973 war der Chip auf dem Massenmarkt erhältlich. Er wurde als 414 bezeichnet und ist z.T. auch noch heute erhältlich (ZN414, Vorsicht: andere Pinbelegung).
Der MK 484 ist äusserst hochohmig und dämpft hochwertige Schwingkreise kaum! Durch die HF-Vorverstärkung (siehe Schema unten), resultiert ein sehr empfindlicher Empfänger. Es sind nur sehr wenige zusätzliche Bauteile erforderlich, der Stromverbrauch ist minimal.
Der Kopfhörer sollte ein heute handelsüblicher, niederohmiger dynamischer Typ sein. Ein hochohmiger wird parallel zum 1 k Widerstand geschaltet, dazu ist ein Schalter zum Ausschalten erforderlich. Der 1 k Widerstand kann in diesem Falle durch einen 1,5 k Widerstand ersetzt werden.
Der Schwingkreis (Drehkondensator und Spule) werden wie bei einem Detektorempfänger bemessen.
Durch seine Empfindlichkeit und Sparsamkeit ist er der ideale Partner neben einem historischen Detektorempfänger und ev. sogar einer Rahmenantenne: so hilft er, die Primärkreise abzustimmen und Sender zu suchen. Danach kann der historische Empfänger optimal eingetunt werden.
Hier das Blockschema des MK 484 resp. F-501:


Zur Lösung dieses Blockschemas - von Ferranti wurden auf dem F-501 Chip ca. 10 Transistoren integriert. Der MK-484 ist der Ersatztyp für den F-501 und kostet heute bei Conrad sFr. 1.75 (etwas mehr als 1 Euro).
Weitere Bilder meines Empfängerchens (fälschlicherweise mit Kristallhörer):






Die nachfolgende Schaltbildvariante bringt durch den 1 stufigen NF-Verstärker höhere Lautstärke:


Wie man sieht, ist diese Schaltung für einen Kopfhöhrer mit hoher Impedanz ausgelegt. Hier wäre also der Kristallhörer richtig am Platz, aber in jedem Fall ein Hauptschalter erforderlich, um Batterie zu sparen.

Zusatzinfo: der Chip verfügt über AGC (Automatic Gain Control), die über die Versorgungsspannung geregelt wird (oder in meiner Schaltung Veränderung des 1 k Ohm Widerstandes, dabei nicht unter 500 Ohm gehen!).

Ich hab gestern abend etwas damit im Äther rumgehört. Am besten läufts mit dem alten Telefunkenhörer, mit 4 k. Das kleine Radio ist trotz des simplen Schwingkreises sehr selektiv.
Weitere Erfahrungen: Das Gerätchen liefert genügende Lautstärke ohne zusätzliche NF-Verstärkung. Und zwar in der einfachsten Schaltungsvariante sowohl mit heute handelsüblichen Walkman-Kopfhörern, mit den kleinen billigen dynamischen Ohröhrern als auch mit meinem alten 4 K-Ohm Telefunken Kopfhörer!
Für den Betrieb mit einem Kristallohrhörer muss er parallel zum 1 K Widerstand geschaltet werden, der Widerstand wird besser mit einem 1,5 K ersetzt.

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