Con Fuego - PCL84-SE-Amp
von Michael Fischer

Con Fuego - oder wie alles begann.

Es war einmal - so fangen die meisten Märchen an. Doch ich will Euch hier kein Märchen erzählen sondern wie mich der Röhrenbazillus infiziert hatte.

In unserer alten Mietswohnung durfte ich im Dachgeschoss Holz für den Boxenbau zusägen. Eines Tages fand ich beim Saubermachen hinter allerlei Gerümpel einen alten Fernseher in der Ecke. - Hmmm. Mal reingucken. Die Rückwand war sowieso schon ab. Oha! Noch Röhren drin. Also schon ziemlich alt und nicht wert noch irgendein Bauteil auszuschlachten.
Dann, ein paar Wochen später, stolperte ich im Internet beim Suchen nach Selbstbauverstärker über den Titel eines Buches namens "Röhren-Projekte von 6 - 60 V". Sollten Röhren wirklich mit derart niedrigen Spannungen laufen? Ich hatte dieses Thema immer wegen der hohen Spannungen gemieden, aber 60 V, da konnte ja eigentlich nix passieren. Und von Röhren verstand ich überhaupt nichts.
Was also lag näher, als ein paar Experimente damit zu machen?
Also noch mal rauf auf den Boden und ein paar Röhren rausgezogen, die Bezeichnungen notiert und im Web nachgeschaut, wofür die gut sind. Die Interessanteste, eine PCL86, hatte leider einen Heizfadenbruch, also blieb noch die PCL84, ebenfalls wie die PCL86 eine Verbundröhre mit Triode und Pentode in einem Gehäuse, als brauchbare NF-Röhre übrig.

Das Internet lieferte alsbald auch verschiedene Schaltungen für diese oder ähnliche Röhren, von denen ich eine mit ein paar Modifikationen nachbaute. Als Übertrager kam ein einfacher 9 V-Trafo zum Einsatz. Dann war es soweit: Heizspannung anschalten und - oh, es leuchtet!
Für mich zu diesem Zeitpunkt echt noch spektakulär...
Jetzt langsam die Anodenspannung erhöhen und mal vorsichtig am Lautstärkepoti drehen. 15 V - nix zu hören, 30 V - ah, da kommt ganz leise Musik, weiter bis 50 V, dem Maximum des Netzteils. Jetzt war Musik auch in zwei Metern Entfernung zu hören.
Alle Netzteile wieder aus und noch ein weiteres Netzteil in Reihe dazu geschaltet. Alles wieder einschalten und Spannung langsam bis auf 100 V Anodenspannung erhöhen. - Mann, hatte ich ab 70 V feuchte Finger!
Es funktionierte alles auf Anhieb, ohne Schwingen, ohne Pfeifen, ohne Knall und ohne Funken. Bei 100 V kam da schon gut Lautstärke raus. Ich war begeistert und von diesem Moment an infiziert.

Da war es nun geboren, mein neues Bastelobjekt: 'Con Fuego' was so viel heißt wie 'mit Feuer'.




Jetzt brauchte ich dringend eine zweite Röhre für Stereo und passende Trafos für's Netzteil. Es wurden 100 V-Übertrager gekauft und zwei Trafos so verschaltet, dass die 15 V Sekundärspannung des ersten an dem Sekundärausgang des zweiten liegt und dieser damit am Ausgang 2 x 110 V zur Verfügung stellt.


Darauf folgt eine klassische Zweiweggleichrichtung mit Dioden, 47µF Ladeelko, eine Drossel, bestehend aus einem Trafo mit Schnittbandkern, der einen Luftspalt aus 4 Lagen Papier erhalten hatte und dessen Sekundärwicklung durch Draht gleichen Querschnitts wie die Primärwicklung ersetzt wurde, und dann noch die beiden Siebelkos mit je 47µF, pro Kanal einer. Hier stehen ca. 147 V zur Verfügung, an den Anoden bleiben dann noch ca. 140 V gegenüber der Kathode übrig.
Das Bild zeigt die geflochtenen Netzkabel.


Zuerst lief der Verstärker ohne Gegenkopplung und mit Kathodenelkos. Die Empfindlichkeit war aber viel zu hoch, so dass die Kathodenelkos entfernt wurden. Das klang schon sehr gut, aber die Bässe fielen ab 250 Hz ab. Nach ein paar Tagen Recherche waren die Rahmenbedingungen für eine passende Rückkopplung gefunden. Die Bauteilwerte wurde empirisch ermittelt. Jetzt war die untere Grenzfrequenz immerhin schon 100 Hz und der Verstärker brauchte wieder die Kathodeneolkos zur Erhöhung der Empfindlichkeit. Der Klang war jedoch äußerst bescheidend.
Nach einiger Zeit habe ich die 100 V-Übertrager durch Radioübertrager ausgetauscht und die Rückkopplung wieder ausgebaut. Die Frequenzgangkorrektur wird jetzt durch eine doppelte, passive RC-Kombination zwischen Triode und Pentode realisiert.
Bei 20mA Kathodenstrom wird gerade einmal die Hälfte der max. zulässigen Anodenverlustleistung umgesetzt, die Röhren werden also ewig halten.




Der Ra der beiden Telefunken-Übertrager (für EL84) beträgt 5,2 kOhm und der Verstärker liefert maximal 250 mW Ausgangsleistung, bedingt durch die niedrige Anodenspannung und eine gewisse Fehlanpassung. Da aber alle Elkos nur 250V Spannungsfestigkeit aufweisen, kann ich auch im Nachhinein die beiden 110 V-Spannungen nicht in Reihe schalten.
Die Sicherung (63 mA) trennt im Schadensfall die Betriebsspannung ab.


Beide Röhren werden mit Gleichspannung geheizt. Diese wird aus der 15 V Wicklung gewonnen, mit 2200 µF Ladeelko für beide Röhren gemeinsam, einem Vorwiderstand von 10 Ω pro Röhre und dann noch einmal 4700 µF pro Röhre. Das ergibt eine schön langsam ansteigende Heizspannung zum schonenden Aufheizen. Der Widerstand gleicht eventuelle Toleranzen in der Heizspannung aus, denn P-Röhren sollen ja mit 300 mA Konstantstrom geheizt werden.
Am Widerstand fallen daher gut 3 V ab.


Das Gehäuse besteht aus einem Rahmen aus Birkenmultiplex in 18 mm mit 45° Fasen an den Ecken. In ca. 5 mm Abstand von der oberen Kante verläuft innen ein dickes Alublech, das alle Bauteile trägt. Hierauf wurden die Fassungen von oben montiert; die Trafos, Lötleisten etc. von unten.






Das sichtbare obere Abdeckblech hat zwei Öffnungen für die Röhren und verdeckt ansonsten alle Schrauben des Trägerbleches. Nur die beiden Übertrager wurden direkt auf dem oberen Blech mit Innensechskantschrauben befestigt. Die seitlichen Innensechskantschrauben verankern dieses Blech auf dem Rahmen.


Das Namensschild kommt vom Schlüsseldienst und hat 8 Euro gekostet.

Zum Abschluss noch die Schaltbilder:





Gruss, Mikee

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