Digitaler Rundfunk mit Röhren

von Burkhard Kainka


Die gute Nachricht: Langsam aber sicher wird DRM, das digitale Radio unter 30 MHz eingeführt. Ziel ist eine bessere Qualität der Audioübertragung bei gleicher Reichweite. Tatsächlich erreicht DRM z.B. auf Kurzwelle eine UKW-ähnliche Qualität, Stereo und gleichzeitige Text- und Bilddatenübertragung bei einer Bandbreite von nur 10 kHz. Es werden die bisherigen AM-Sender verwendet und nur anders moduliert und angesteuert.

Dieses Bild wurde von Ulf Schneider auf 531 kHz empfangen

Die schlechte Nachricht: Ein normales Röhrenradio kann DRM nicht empfangen. Derzeit sind DRM-Sendungen allerdings noch in der Minderheit. Es wird wohl zehn Jahre dauern, bis der letzte AM-Sender abgeschaltet wird. Wer jetzt schon mal einen DRM-Sender mit einem AM-Radio hören will, sollte es im 49-m-Band bei 6095 kHz versuchen. Da tummelt sich der alte Kurzwellensender von Radio Luxemburg, aber jetzt digital. Man hört ein weißes Rauschen. Es wird exakt eine Bandbreite von 10 kHz belegt.

Bisher gibt es noch keinen DRM-Radioempfänger, nur ein Gerät ist bisher angekündigt. Für die Übergangszeit wurde das DRM-Software Radio entwickelt. Die eigentliche Dekodierung geschieht im PC. Ein ZF-Signal von 12 kHz wird über die Soundkarte eingelesen und in die Audiodaten umgerechnet. Das offizielle DRM-Software Radio kann man über www.drmrx.org online kaufen. Eine kostenlose Alternative ist das Open Source Projekt DREAM. Die Software wird offiziell nur im Quelltext weitergegeben. Manchmal hat man aber Glück und findet einen Link auf ein kompiliertes und ausführbares Programm. Meist werden vorhandene Empfänger umgerüstet und um einen zusätzlichen Mischer erweitert, der die 455-kHz-ZF auf 12 kHz herunter mischt.

DRM-Empfang mit Hardware und Software

Statt einen Empfänger umzubauen, kann man auch ein Audion mit stark angezogener Rückkopplung oder einen Direktmischer verwenden. Eine wichtige Voraussetzung ist eine extrem gute Frequenzkonstanz. Der folgende Versuch verwendet zwei russische Batterieröhren 1SH29B für einen Mittelewellen-Direktmischempfänger für den DRM-Sender der BBC bei 1296 kHz. Dies ist der derzeit stärkste Mittelwellensender auf Mittelwelle, zwar nur für die Zielgebiet Holland gedacht, aber weit nach Deutschland hinein zu hören. Der Sender strahlt in den Abendstunden DRM aus, sonst AM. Die Sender in Burg, Berlin und Kaiserslautern strahlen teilweise schon ein 24-Stunden-Programm aus, allerdings nur mit geringer Leistung.

Der Probeaufbau

Die Mittelwelle wurde ausgewählt, weil bei der geringen Frequenz eine Chance bestand, einen genügend genauen frei schwingenden Oszillator zu bauen. Die Oszillatorröhre wird in Triodenschaltung verwendet, weil die etwas höhere Steilheit dann auch bei 12 V Anodenspannung noch ausreicht. Sie Spule hat zwei mal 40 Windungen auf einem ZF-Spulenkörper mit Ferritkern. Die multiplikative Mischstufe erhält das Oszillatorsignal am Schirmgitter. Am Steuergitter liegt eine abgestimmte Ferritantenne aus einem alten Radio.

Das Schaltbild

Zur Dekodierung wurde zunächst DREAM eingesetzt, weil eine genaue ZF-Lage von 12 kHz nur schwer justiert werden kann und DREAM auch andere Freqeunzlagen erlaubt. Das Programm zeigte das bekannte DRM-Spektrum mit ausreichender Signalstärke und genügend Rauschabstand. Trotzdem wurde das Tonsignal nur für kurze Momente hörbar.

DRM-Spektrum in DREAM

Zum Glück zeigt DREAM die genaue Zwischenfrequenz an. Da sieht man das Problem: Der Oszillator driftet ganz langsam mit bis zu 1 Hz/s. Man darf gar nicht atmen, sonst schwankt die Frequenz. Die Software rastet immer wieder neu ein, beginnt mit einem hohen SNR und sackt dann langsam wieder ab. Die Schaltung wurde deshalb in einen geschlossenen Pappkarton gelegt. Schon besser. Immer wenn die Frequenzdrift unter 0,2 Hz/s fällt, gelingt die Dekodierung. Damit ist der Fall klar. Mit einem Quarzoszillator wäre es kein Problem, aber ein frei schwingender Röhrenoszillator erfordert mehr Aufwand.

Stationsanzeige in DREAM

Eine weitere Beobachtung: Eine Abstimmung des Eingangskreises hat großen Einfluss auf die Oszillatorfrequenz, d.h. beide Kreise koppeln schwach, weil sie auf nah benachbarten Frequenzen liegen. Das bedeutet, wenn man wirklich einen frei schwingenden Oszillator verwenden will, muss man all die Mühen auf sich nehmen, die z.B. bei Amateurfunkempfängern vergangener Tage üblich waren: VFO im stabilen, abgeschirmten Gehäuse, Spule auf Keramikkörper, Einbrennen im Backofen, sorgfältige Temperaturkompensation, eine oder zwei Pufferstufen zur Entkopplung, am besten eine Stunde Vorheizen vor jedem Gebrauch.

Die Schaltung kann auch als ZF-Nachsetzter an einem normalen Radio eingesetzt werden. Der Oszillator sollte 12 kHz höher als die verwendete ZF schwingen. Bei rund 462 kHz ist die geforderte Stabilität wesentlich leichter zu erreichen. Man könnte eine übliche ZF-Spule im Oszillator einsetzen. Das ganze kann aber nur funktionieren, wenn auch der erste Oszillator im Radio ausreichend stabil arbeitet. Außerdem sollte die ZF-Bandbreite ausreichend sein. Und es darf keine Verzerrungen durch den AM-Demodulator geben. Die ZF kann z.B. direkt an der Anode der Mischröhre ausgekoppelt werden. Ich möchte nicht behaupten, dass es einfach ist, ein Röhrenradio für DRM umzurüsten, aber lösbar ist die Aufgabe.

Das DRM Software Radio

Übrigens, die kleine Anodenspannung ist mein persönliches Hobby. Die Schaltung kann aber auch mit anderen Röhren bei höherer Anodenspannung aufgebaut werden. Man könnte z.B. zwei EF80 nehmen, oder eine ECF80, oder eine ECH81 oder was sonst gerade da ist. Ein Oszillator und eine Mischstufe lässt sich ja ganz unterschiedlich realisieren. Wenn man ein kleines Mischer-Modul direkt in ein bestehendes Radio einbaut, braucht man nur noch die passende Verbindung zu PC-Soundkarte. Der Sound-Ausgang gelangt dann am besten gleich wieder zurück zum Radio, damit der Lautsprecher ganz klassisch von Röhren getrieben wird.

Burkhard Kainka

Die Bastelecke mit vielen Versuchen, u.a. zu Röhren und zu DRM: www.b-kainka.de
Die DRM Software Radio Homepage: www.drmrx.org
DRM-Sendeplan, DRM-Forum und andere DRM-Infos: www.drm-info.de


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