Mittelwellen-Superhet-Empfänger mit Abstimmanzeige

von Ernst Rößler



Nach einer etwas längeren "schöpferischen Pause" beschloß ich vor wenigen Wochen, den Lötkolben wieder einmal anzuheizen. Da ich mit Eigenbau-Röhrenverstärkern inzwischen recht gut ausgestattet bin, wollte ich mich jetzt einmal einem anderen Thema widmen, den etwas höheren, nicht mehr direkt hörbaren Frequenzen...

Schon mehrmals waren mir die schönen Bandfilter und Spulenbausätze auf Gerd Reinhöfer's Webseite aufgefallen. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, nach den Audions und Zweikreisern, die ich in meiner Jugend gebastelt hatte, endlich einmal einen richtigen Superhet aufzubauen.
Dabei sollte die Schaltung auf das notwendigste begrenzt werden, auf eine Abstimmanzeige wollte ich aber keinesfalls verzichten. Zusätzlich sollte die Schaltung komplett auf einer Platine aufgebaut werden, mit Röhren, die heute noch verfügbar sind.
Das Ergebnis dieser Zielsetzung sieht nun folgendermaßen aus: Einband-Superhet für Mittelwelle
Empfangsbereich 520 - 1600 Khz
Röhrenbestückung : ECH81, EBF89, ECL86, EM80 (6E1P)
komplett aufgebaut auf einer Platine 166 x 112mm (außer Lautstärkeregler, Trafo und AÜ)






Die Schaltung ist wenig spektakulär, hier gibt es nichts neues zu erfinden. Nach dem Studium etlicher Schaltungen von vorhandenen Röhrenradios entstand folgender Plan:

Schaltung Superhet
(Mit der Maustaste das Schaltbild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)

Auffällig sind allenfalls zwei Besonderheiten:
  • 1) Das erste ZF-Bandfilter wird an das Gitter der EBF89 über eine RC-Kombination mit einem Keramik-C von 10 pF sehr lose angekoppelt. Macht man die Kopplung fester, besteht Schwingneigung in der ZF-Stufe, obwohl diese mit einer Schirmgitterneutralisation ausgestattet ist.

  • 2) Zur Realisierung einer verzögerten Regelung (AVR) wird im Netzteil durch R22 eine negative Spannung von ca. 4-5 V erzeugt, mit welcher die Regeldiode der EBF89 vorgespannt wird. Erst wenn die Regelspannung diesen Wert überschreitet, kann sie wirksam werden. Somit werden schwache Stationen nicht zurückgeregelt.




    Es folgt die Postscript-Datei des Platinen-Layouts: Layout.PS

    Hinweise zum Aufbau:
    Alle Bauteile außer dem Netztrafo und dem AÜ sind auf einer Platine untergebracht. Die Abstimmanzeige kann entweder, wie auf dem Foto, in eine Fassung auf der Platine eingesetzt werden, oder aber auch beim Einbau in ein Gehäuse über einen Kabelstrang angeschlossen, an anderer Stelle betrieben werden. Wer keine EM 80 in seinem Besitz hat, kann auf die gut (und günstig) verfügbare russische 6E1P ausweichen.
    Der NF-Verstärker kann mit einer Gegenkopplung (siehe Schaltbild) ausgestattet werden. Hierfür ist auf der Platine der Anschlußpunkt Gk gekennzeichnet. Die Gegenkopplung ist aber nicht zwingend erforderlich.
    Die Heizungsanschlüsse (H) werden auf der Platinenlötseite mit verdrillter Leitung verkabelt. Die Symmetrierung nach Masse mit 2 x 100 Ohm Widerständen ist platinenseitig ausgeführt.
    Bei meinem Exemplar war es notwendig, die Platinenmassefläche mit der Schutzerde des Netzkabels zu verbinden, um Brummfreiheit zu erreichen.

    Die Bandfilter werden von Gerd Reinhöfer fertig gewickelt und mit eingebauten Kreiskapazitäten geliefert, die Eingangs- und Oszillatorspule müssen laut Spulenplan mit Spulenbausätzen angefertigt werden.

    Spulenplan
    (Mit der Maustaste den Spulenplan anklicken, er wird dann in voller Auflösung dargestellt.)

    Zum Wickeln der Spulen benötigt man HF-Litze 5 x 0,05, die, genau wie die ZF-Filter, die Spulenbausätze und auch der verwendete Drehkondensator bei Gerd Reinhöfer erhältlich ist.

    Inbetriebnahme und Abgleich:
    Nach Anschluß des Lautstärkepotis, des Netztrafos und des AÜ's mit angeschlossenem Lautsprecher sollte man zunächst ohne eingesetzte Röhren die Spannung am Siebelko überprüfen. Diese muß (jetzt ohne Belastung) bei rund 260V liegen.
    Anschließend wird bei eingesteckter ECL86 die Funktion der NF-Stufe überprüft. Sind diese Prüfungen erfolgreich verlaufen, werden die EBF89 sowie die EM80 eingesetzt und ein auf 455 Khz eingestellter Meßsender über 100 pF an PIN 6 der noch unbestückten Fassung für die ECH81 angekoppelt. (Vorsicht, hier liegt Spannung an!)
    Jetzt können die beiden Kreise des 2. Bandfilters (rechts der EBF89) durch justieren der Kerne wechselseitig auf Maximum gezogen werden. Hierzu benutzt man die Abstimmanzeige als Indikator. Danach wird die ECH81 eingesetzt, der Meßsender an Pin 2 der ECH81 angekoppelt und die beiden Kreise des 1. FZ-Filters auf Maximum gebracht.
    Falls es beim Abgleich der ZF nah beieinander 2 Maxima gibt ist die Kopplung zu groß.
    Dann kann durch gezieltes bedämpfen eines Kreises dieses Filters die Welligkeit im Durchlassbereich reduziert werden, so daß sich ein etwas breiterer Durchlassbereich ergibt. Eine andere Möglichkeit ist, die Ferrithülsen im Filter zu drehen und damit direkt die Kopplung zu beeinflussen. - Zur Kontrolle und zum Abgleich immer den Filterbecher aufstecken, dabei auf die Erdfedern achten.
    Mit Hilfe eines Oszilloskopes kann man nun an Pin 8 der ECH81 prüfen, ob der Oszillator schwingt. Wenn nicht, ist zuerst der Fehler zu suchen und zu beseitigen. Nun legt man an den Antenneneingang ein Meßsendersignal von 520 Khz an und stellt den Drehkondensator auf maximale Kapazität. Der Trimmer C10 wird halb eingedreht. Jetzt wird der Kern der Oszillatorspule so justiert, daß das Meßsendersignal von 520 Khz empfangen wird.
    Danach wird der Rotor des Drehkos ganz herausgedreht und der Meßsender auf 1600 Khz eingestellt. Durch justieren des Trimmers C10 wird jetzt die Empfangsfrequenz auf 1600 Khz eingestellt. Als letztes wird die Eingangsspule L2 auf Gleichlauf gebracht. Hierzu wird wieder ein Prüfsendersignal von 520 Khz empfangen und dieses mit Hilfe des Kerns auf Maximum gebracht. Abschließend stimmt man noch mit Hilfe des Trimmers C2 auf ein Signal von 1600 Khz ab.
    Dieser Abgleich ist jeweils mehrmals zu wiederholen, bis keine Änderung des Trimmers mehr notwendig ist.

    Achtung: Man sollte sich dessen bewußt sein, daß die hier beschriebene Vorgehensweise beim ZF-Abgleich ein primitives Verfahren darstellt, welches nur dann zur Anwendung kommt, wenn die geeigneten Messmittel wie Wobbler, Oszillograph und weitergehende Kentnisse nicht vorhanden sind. Allerdings hat sich herausgestellt, daß das Gerät auch nach einem solchen "Primitivabgleich", wenn er mit etwas Geschick durchgeführt wird, erstaunlich gute Empfangseigenschaften zeigt.


    Zu guter Letzt bedanke ich mich sehr herzlich bei Gerd Reinhöfer, der mich während der Entwicklung dieses Projekts stets tatkräftig unterstützt hat.

    Alzey, im Juni 2005, Ernst Rößler

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