Noch eine Korbspulen-Wickelmaschine

von Ernst Schlemm

Das Handwickeln von Korbspulen ist ein mühsames und zudem nervenaufreibendes Geschäft -
denn stellt man erst nach der 50sten Windung fest, dass man den Draht vielleicht während der 16. Windung - aus schon routinierter Lässigkeit oder aus Mangel an Gelegenheit zur Konzentration - einmal im falschen Moment zur anderen Seite geführt hat, ist damit die ganze Spule im Eimer. Das ruft nach Mechanisierung.


Die typische Korbspulenstruktur ergibt sich, wenn der Wickelkörper ungeradzahlig geteilt ist und der Draht nach jeder zweiten Stiftreihe auf die andere Seite wechselt.
Ist der Durchmesser des Wickelkörpers 40-70 mm, empfiehlt sich eine 11er bis 15er Teilung der Spule.
Die Idee war, den Wickelkörper auf die Achse eines langsam laufenden Getriebemotors zu setzen und die Drahtführung durch einen Hubmagneten zu steuern.
Ein 60V Gleichstrommotor und ein 48V Hubmagnet mit Aktion in beide Richtungen konnten beim lokalen Elektroschrott-Verwerter (ein Besuch lohnt sich immer) aufgetrieben werden (Kilopreis 2,50 Euro).
Die Spulen sollten einen Innendurchmesser von 50 mm bekommen, es wurde eine 11er Teilung gewählt.
Der Hubmagnet muss den Draht während der ersten Umdrehung des Wickelkörpers beispielsweise nach Passieren des 2., 4., 6., 8. und 10. Stiftpaares auf die andere Seite führen, während der zweiten Umdrehung dann nach dem 1., 3., 5., 7., 9. und 11. Stiftpaar. Die dritte Umdrehung verhält sich dann wieder wie die erste, die vierte wie die zweite usw.

Dieses wird folgendermaßen erreicht:
Eine mit dem Wickelkörper ebenfalls auf der Achse des Getriebemotors verstellbar befestigte Steuerscheibe bekommt die gleiche 11er Teilung wie der Wickelkörper, nur werden hier M3 Rundkopfschrauben eingedreht. Diese Steuerscheibe wird provisorisch so eingestellt, dass die Schrauben ungefähr bei den Stiften liegen.
Dreht sich die Achse, dann gibt ein Mikroschalter, betätigt durch die Schraubenköpfe, bei durchlaufen jeder Stiftreihe einen Impuls (11 pro Umdrehung).
Teilt man nun diese Impulse, so dass jeder zweite zum Richtungswechsel des Hubmagneten führt, so ergibt sich automatisch die oben beschriebene Drahtführung.
Ein zweiter Mikroschalter schaltet nur nach jeder Umdrehung beim Passieren von Stiftpaar1 und ist mit einem programmierbaren Zähler (Conrad) verbunden, der den Wickelvorgang nach Erreichen der gewünschten Windungszahl beendet.

Schaltung
Hubmagnet-Ansteuerung:
S2 ist der Mikroschalter für die Steuerscheibe, S3 erlaubt die manuelle Vorwahl der Hubmagnetstellung. IC2, R3, R4 und C10 dienen zur Entprellung von S2 und S3. IC3 ist ein Dual D Flip-Flop und teilt die Impulse von S2 und S3 so, dass nur jeder 4. Impuls zum Anziehen (bzw. jeder zweite Impuls zum Umschalten) von Rel 2 führt. Mit S8 kann der Hubmagnet komplett ausgeschaltet werden.

Motorsteuerung:
IC1 usw. entprellen S1. Der Conrad-Zähler öffnet nach Erreichen der Windungszahl Rel 1 und stoppt den Motor. S5 ermöglicht die Ausrichtung der Achse, um den Wicklungsanfang nach oben zu legen, S6 und S7 Rechts- / Linkslauf.

Schaltung Steuerung
(Mit der Maustaste das Bild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)







Mechanik
Der Wickelkörper hat eine Breite von 16mm und einen Durchmesser von 46 mm. Auf seiner Aussenseite befinden sich in 11er Teilung im Abstand von 6,5mm Bohrungspaare von 2mm Durchmesser und 10mm Tiefe.
Die Wickelstifte bestehen aus U-förmig gebogenem 2mm Autogen- Schweissdraht. Stiftpaar 1 besitzt zur leichteren Befestigung des Spulenanfangs zusätzlich ein zentrales Stück Draht.
Der Schweissdraht ist in seiner U-Form sehr stabil, kann ggf. etwas aufgebogen werden und wackelt deshalb auch ohne Anschrauben nicht. Ist die Spule fertig, werden die Stifte einfach herausgezogen.




Auf den 46mm Wickelkörper passt ein 3cm langes Stück Abflussrohr mit 50mm Aussendurchmesser, nachdem man den Bereich der Stifte ausgesägt hat (siehe Bild).
Dieses Rohrstück erleichtert das spätere Vernähen der Spule sehr.



Der Wickelkörper wird durch eine zentrale Mutter auf der Achse gehalten, ein Stift auf der Achse greift in eine Ausfräsung des Wickelkörpers und fixiert die Spule eindeutig. Liegt Stiftpaar1 und damit der Spulenanfang oben, wird S1 betätigt und weitergezählt.
Durch eine Hebelmechanik wird das Oszillieren des Hubmagnets in eine kreissegmentförmige Führung des Drahtes mit Nullstellung in Spulenmitte umgesetzt. Die Steuerscheibe muss ggf. etwas verstellt werden, falls der Wickeldraht beim Probelauf noch nicht kollisionsfrei zwischen den laufenden Stiftpaaren durchgeführt wird.




Spulenwickeln
Der Hubmagnet bleibt noch ausgeschaltet, mit Test Motor wird Stiftpaar 1 nach oben bewegt, der Wickeldraht wird an Stiftpaar 1 befestigt, dann die Hubmagnet -Vorwahl so, dass nach den übernächsten Stift umgeschaltet wird, den Zähler auf gewünschte Windungszahl einstellen, starten und den Draht mit der Hand leicht auf Spannung halten.
Nach z.B. 50 Windungen (dauert ca. 4 min.) stoppt die Maschine automatisch. Drahtende abschneiden und um Stift 1 wickeln.








Vernähen
Sehr gut zum vernähen eignet sich ungewachste Zahnseide, als Hilfsmittel benötigt man nur eine geradegebogene Pinzette.
Den Wickelkörper mitsamt Spule abnehmen und das Abflussrohr etwa bis zur Hälfte der Breite des Wickelkörpers herausziehen, so dass Platz zwischen der einen Innenseite der Spule und dem Wickelkörper entsteht. Diese Seite wird zuerst vernäht. Nun das Ganze auf die Nähhilfe stecken.


Die Zahnseide wird da, wo der Knoten später unsichtbar liegen soll, also in der Kammer in der auch die Anschlussdrähte und Stiftpaar 1 liegen, von außen nach innen in Richtung Wickelkörper durchgesteckt, dort mit der Pinzette gegriffen und in der nächsten Kammer wieder nach außen geführt. In der darauf folgenden Kammer dann wieder nach innen, dann wieder nach außen usw. Zwischendurch sollte man die Zahnseide immer etwas straff ziehen.






Nach zwei vollen Umdrehungen kommt man wieder am Ausgangspunkt an und verknotet den Faden. Damit ist die erste Seite fertig.
Jetzt kann das Abflussrohr komplett herausgezogen und die zweite Seite, wie die erste, vernäht werden.
Die Knoten kann man noch mit Sekundenkleber sichern.










Sockel
Die Spulensockel (32x 23x15 mm) sind aus schwarzen Hart-PVC gefräst, anschliessend geschliffen, mit Bimssteinpulver und danach mit Sidol poliert. Die Ausfräsung zur Spulenaufnahme ist 10,5 breit x 12mm tief. Am Boden der Ausfräsung liegen für die Stecker zwei Bohrungen mit Gewinde M4 im Abstand von 19mm und zwei Bohrungen 2mm zur Durchführung der Anschlussdrähte.



Montage
Die Verknotungen sind nach Aufstecken der Spule auf den Spulensockel nicht mehr zu sehen. Nachdem die Anschlussdrähte befestigt sind, werden Spule und Sockel mit etwas Pattex verklebt. Dazu benötigt man eine 2ml Einmalspritze mit stumpfer Kanüle von ca. 40mm Länge. Das Pattex wird in die Spritze aufgezogen und kann dann punktgenau aufgebracht werden.


Ganz besonders danken möchte ich meinen Freunden (Al) Fred Stachl und Carsten Hoffmann für ihre Hilfe bei der Entwicklung der Frequenzteilerschaltung für den Hubmagneten und bei der Herstellung der Sockel.

Gruss, Ernst

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