Verstärker SYNOLA SE845
von Reinhard Seyer



Beschreibung

Diesen Verstärker habe ich zweimal aufgebaut, bis er funktionierte. Ich kann also davon berichten, wie man es nicht machen - und wie man es besser machen kann.

Von Beruf bin ich Kaufmann (gewesen) und nebenbei Jazzmusiker in der "Szene" um Hamburg".
Es ergab sich häufig, daß ich für die vorhandene Elektronik der Band verantwortlich war, wohl auch deshalb, weil ich mir meine Instrumenten-Amps immer selbst gebaut habe.

Im Jahre 1992 fing ich nach über 20jähriger Abstinenz von Röhrentechnik mit dem Hobby neu wieder an, sicher ausgelöst durch ein R.z. Linde Buch. Mit Ausnahme der Übertrager waren noch sämtliche Zutaten zum Bau einer Trioden-Amps mit der EL 34 vorhanden.
Das Ergebnis war derart phänomenal, daß mich die Röhrentechnik , spez, mit Trioden wieder in den Bann schlug, und verschiedene Dinge, nicht nur in Triodentechnik, gebaut wurden.

1996-97 sah ich bei einem HIFI Händler das 1. Mal einen Amp mit der 845, angesteuert mit einer 6CK4, einem Röhrentyp, den ich nicht kannte.
Kurze Zeit darauf lernte ich die 845er Hiraga Schaltung, EL 34 Triode als Treiber und EF 86, auch als Triode geschaltet, vorweg, kennen. Diese Schaltung beschäftigte mich. Ich hielt sie für "verbessungswürdig; denn eine astreine Triode anzusteuern mit zwei Pseudotrioden ist sicher nicht optimal!"
Wenn man, so meine Überlegungen, meine alten, nicht getränkten 102ber Netztrafos mit neuen Heizwicklungen für das 845 Projekt umbaut, könnte das Vorhaben starten, ohne den Geldbeutel allzusehr zu strapazieren. Diese Netztrafos waren vor 30 Jahren für die EL 503 mit ihrer niedrigen Anodenspannung gewickelt worden. Trafo Nr. 1 hatte sec. 200V. Und 660mA für 4 x EL 503.
Trafo Nr. 2 besaß 3 x 220 Volt 160 mA für EL 503 PPP + zusätzlichem Hallteil mit der ECL82 oder 86.

Als Ersatz für die EL 34 plante ich die 2A3 einzusetzen. Die EF 86 als Triode läßt sich trefflich durch die ECC 808 aus meinem Bestand ersetzen und schafft durch ihr 2.System sicherlich noch mehr Empfindlichkeit, sodaß ich zwei Eingänge in Form eines Mischverstärkers realisieren konnte. Die Heizwicklung für die 2A3 wurde mit 2 x 3,15 V erstellt, ein Zurück auf die EL 34 war dadurch immer noch möglich, falls 2A3 nicht geeignet.

Die Umbauten der Trafos und das anschliessende Tränken übernahm Fa. Schmitz, Palmer Vertrieb, aus dem Taunus. Ebenso war er zuständig für die Fertigung der Drosseln und der beiden Übertrager mit einem RA von 8 Kohm. Martin Schmitz war für mich eine Adresse, mit der ich gerne zu tun hatte. Leider hat er sich jetzt aus der Wickelei ziemlich zurückgezogen.
Die Übertrager wurden bei ihm komplett mit Haube vergossen. Die Begründung für seine Empfehlung, die Übertrager nicht mit dem Chassis zu verschrauben, sondern etwas Abstand zu wahren, ist mir leider entfallen. Aber ich folgte diesemRat gern, hatte ich doch dadurch unter der Chassis etwas mehr Platz!

Trafo Nr 1 diente in Greinacher Spannungsverdopplung mit 565 Volt als UB für die Treiberstufe.
Von Trafo Nr. 2 nahm ich 2 x 220 V in Serie und erzielte via Graetz- Brücke ca. 620 Volt.. Diese beiden Spannungen packte ich sinnreich mit einem simplen Standby-Schalter übereinander und konnte somit die 845 mit rund 1150 Volt befeuern, ohne diesen Schalter allzusehr zu balasten. Die dritte 220 V Wicklung lieferte die neg. Gittervorspannung in Einweggleichrichtung. Ich erinnere hier an dieser Stelle an die Kurwellenamateure, die in den Mittfünfzigern ihre Sender selbst bauten und noch keinen gesättigten Bauteile-Markt vorfanden und sich irgendwie an alten Rundfunkgeräte-Trafos schadlos hielten und diese seriell schalteten.

Dieser Amp funktionierte, lieferte aber immense Probleme !

Er brummte still vor sich hin, nicht laut, aber störend für Hifi-Anwendung.

Nicht nur die Endröhre, auch die Gegend um die 2A3 wurde sehr heiß!! 12 Kohm bei 20 - 25 mA setzten rund 300 Volt Anodenspannung in Wärme um. Auch der Kath.-Widerst. heizte. Nicht zu vergessen die DC Heizung der 2A3 war auch nur möglich, indem ich den Brückengleichrichter auf einen sternförmigen Kühlkörper setzte. Schottky Dioden hatten sich durch Hitze selbst aus dem Pertinax gelötet!
Die Wärme der An.-Widerst. fing ich auf, indem ich mit einem neuen Lötstützpunkt einen Viererfächer einbaute (je 2 Widerst. Parallel, dann in Serie). Als Ua für die 2A3 hatte ich 275 Volt erreicht, 10 % mehr, als die Polizei erlaubt, aber ich hielt es für akzeptabel.
Dieser Amp ließ ahnen, zu was er klanglich fähig ist, wenn nur das Brummen eliminiert werden könnte!
Einen Oszi und einen Meßtongeber hatte ich seinerzeit nur leihweise übers Wochenende zur Verfügung, so daß die Fehlersuche etwas schleppend vorankam. Verdacht auf brummende Heizung der 2A3 und Tausch dieser Röhre gegen die EL 34 mit 6,3 Volt AC brachte das gleiche Brummen.
Nach langer Fehlersuche und Verschlimmverbessern des Aufbaus hatte ich den Fehler gefunden :
Jede Anodenspannung, sowohl die untere Greinacher, als auch die obere Brücke waren für sich alleine gesehen brummfrei! Erst durch das Zusammenschalten der beiden Spannungen entstand der Brumm !
Dadurch war mein Konzep "gestorben". Ich war beleidigt und schmollte. Der Verstärker wanderte wohlverpackt erst einmal in den Keller und ich widmete mich anderen Dingen, z. B. dem Bau eines Git.-Amps für meinen Sohn, der seinerzeit auf Eric Claptons Spuren wanderte. Gegentakt mit 2 x EL 504, alter Übertrager aus meinem Fundus, + 2 Monacor 25 er Tieftöner machten allerhand Krach, doch das ist eine andere Baustelle.

Zwei Jahre später, mit mehr Informationen dank Internet, fand ich einen Schaltplan, mit dem ich die 845 Geschichte zu Ende bringen konnte, ohne das grün lackierte Chassis mit z.B. neuen Bohrungen zu verschandeln. Die EF 86 wurde ersetzt durch die 6FQ7 und die EL 34 bzw. 2A3 durch die 6SN7.
Vorsichtshalber entbeinte ich den alten Torso und baute neu laut Schaltplan. Im Original ist die Spannung der 2. Röhre UB 405 Volt und wird gesiebt an die Anode mit 340 Volt geführt. Diesen Wert konnte ich nicht bringen. Meine Spannung an dieser Stelle beträgt 309 Volt. Diese Differenz von rund 40 Volt liegt die Kathode tiefer, sodaß der Spannungshub von rund 480 Volt gleich ist. Der Widerstand von 14.4 KOhm ist also rechnerisch ermittelt und zusammengesetzt, um diese Bedingung zu erfüllen. Folgerichtig wurde die Mitte der Heizspannung auf ca. minus 40 Volt gelegt, um die UF/K der 6SN7 nicht zu strapazieren.
Bei der 6FQ7 ist das nicht so wichtig, die "kann das ab". Jetzt hat die 845 eine Spannung, die zwar nicht mehr so hoch ist, aber aus einem Trafo stammt! Jede nicht mehr benötigte Heizspannung wurde gnadenlos den jeweiligen Betriebsspannungen zugeschaltet. Die Heizung der Vorröhren erfolgt aus den alten 3,15 Volt Wicklungen. Auf DC Gleichrichtung verzichte ich vorerst; denn der Amp brummt sowieso nicht. Die Wärmeentwicklung (2,4 Amp) würde an einer Stelle unterm Chassis in der Nähe der H-V Elkos passieren, was diesen sicher auf Dauer nicht gefällt. Die DC Gleichr. der beiden 845er ergab sich dadurch, daß die Teile von der 2A3 her vorhanden waren und Dank Überdimensionierung auch für die 845 genutzt werden konnten. Die Einstellung dieser Röhre mit DC ist weniger kritisch als mit AC. Der Läufer auf dem Schiebewiderstand kann eigentlich stehen wie er will. Es brummt nix!
Zweckmäßigerweise versucht man doch, die Mitte zu treffen.

Schaltung des SYNOLA SE 845

(Mit der Maustaste das jeweilige Schaltbild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)

Schaltung des SYNOLA SE 845

Beim Blick unter das Chassis sehen wir oben links u. rechts die beiden Streifen mit den Audioteilen.


Ich verwendete Sprague Kondensatoren. Der Zentralmassepunkt ist in der Nähe der Eingänge und des Minuspols der Ladekondensatoren etwas versteckt unter einem C. Aussen bei den 845er Röhrensockeln ist eine Reihe von 0,33Ohm + 0,22Ohm, 5 Watt Widerständen zur Heizspannungsreduzierung. Darunter sind die jeweiligen Elkos versteckt. Mittig angeordnet die Drossel für die Hochspannung. Darunter unter dem Schaumstoff befinden sich die HV Gleichrichter und weiter etwas tiefer die Ladekondensatoren.
Wenn das Geschäft mit dem großen C die richtigen Abstanzbolzen wieder lagernd hat, wird die Platte verschraubt. Ebenso fehlt noch ein größerer Kabelbinder über dem Schaumstoff. Die 2. Drossel ist für die Treiberspannung. Die Elkos dafür stehen auf der Oberseite vor einem Netztrafo. Es sind dies die schnuckelig aussehenden Frako Elkos mit 220 uF bei 385 Volt. Die Hochvolt Siebelkos sind unten links verplombt angeordnet. Unten rechts unter der kleineren Platine befindet sich alles, was mit Minus-Spannung zu tun hat.







Schlußbetrachtung:
Wenn ich jetzt vor der Frage stehe, diesen Amp noch einmal zu bauen, lautet die Antwort: NEIN !
Jetzt habe ich dank Internet auch mehr Wissen, um die Netztrafo - Altbestände anders zu verwenden.
Trotzdem macht man sich Gedanken, was hätte geändert werden können und dann ist man doch wieder mitten im Thema. Spontan fällt mir dazu jetzt ein: Jeder Kanal sollte sein eigenes Chassis haben !
Vier 102b Trafos plus Zubehör sind ein harter Brocken und schwer auf der Werkbank zu händeln.
Ich würde mit Spannungsverdopplung für die HV Sektion arbeiten und die Treiberspannung aus der Mitte ziehen. Bias Erzeugung dann extra aus einer separaten Wicklung. Wäre auch eine Überlegung wert, die Spannungsverdopplung mit 2x GZ 34 zu erzielen, ähnlich wie man früher die EL 34 mit 800 V bediente. Man erreicht ein langsames Hochlaufen der Spannung, ohne die Endröhren zu gefährden.
Ein Geck wäre: Bias Erzeugung mit Hilfe einer EZ 80 o. ä.! Aus praktischen Gründen könnte auf die 6SN7 zugunsten der ECC 82, 6CG7, oder 6FQ7 verzichtet werden; denn 20er Löcher gehen einfacher zu stanzen. Generell kann man DC Heizung meiden. Mein anderer Amp mit der 2A3 läuft AC geheizt ohne Probleme. Es bereitet etwas Mühe, die Einstellung brummfrei zu bekommen, aber es geht.
Ähnlich wird es sicher auch bei der 845 sein! Vor 4 bis 5 Jahren war ich etwas vom Hai-End Virus befallen, man sieht es an einigen Edel-Bauteilen. Von diesem Virus konnte ich mich in der Zwischenzeit aber lösen. Irgendwann wird die Einschleifmöglichkeit für eine 2. Signalquelle nachgearbeitet. Das Thema ist im Moment nicht drängend. Platz im Audioteil ist ja vorhanden. Der Amp läuft zur Zeit ohne Gegenkopplung! Wenn ich gegenkoppeln würde, müßte ich die Primäranschlüsse des Trafos tauschen, was problematisch ist, da die Zuleitungen zum Tauschen zu kurz und ich sie nicht mit schlichten Lüsterklemmen verlängern möchte. Kommt Zeit, kommt Rat !

Der Klang

Ohne jounalistische Ader ist es schwierig, passende Worte zu finden. Ich wills versuchen :
Er klingt souverän, angriffslustig, meistert unangestrengt schwierige und auch laute Passsagen.
Klingt dabei röhrig, ohne in diese m. E. wonnige Wärme und Betulichkeit der 2A3 zu gleiten, die mir nach einiger Zeit auf den Wecker geht! Mag sein, daß Ähnlichkeit mit der 6C33C besteht?
Kurz gesagt: Es macht riesig viel Spaß, zuzuhören und Neues bei seinen alten Aufnahmen zu entdecken, die man doch so gut zu kennen glaubt!



Lobend erwähnen möchte ich hier an dieser Stelle noch einmal die Firma D&T Ingenieurkontor in Bremen, vertreten durch Herrn Tönjes, der mir mit richtigen Bauteilen und auch fachlichem Rat zur Seite stand.

Falls Fragen, Kritik und Anregungen : Hier meine Mailadresse: rwp.seyer@gmx.de

Reinhard Seyer        im April 2003

Zurück zur Hauptseite