Restaurierung eines VE301-Lautsprechers
Ein Reparaturbericht von Roman Beyer
Dieser Bericht entstammt im Original von www.brunnenkrug.de
Eines schönen Tages nahm ich meinen VE301Dyn aus dem Regal und wollte ihn mal wieder in Betrieb nehmen. Er
funktionierte mehr schlecht als recht.
Also Gerät geöffnet, einige elektrische Fehler beseitigt und die RES 134 gegen eine RES 164 (4P1L-Version)
getauscht. Dabei ist mir auch die eingerissene Lautsprechermembran aufgefallen. - Lautsprecher ausgebaut, und die Risse mit
Kleber zugepappt -funktioniert.
Dabei stellte ich fest, dass die Tauchspule am Dorn des Magneten kratzte. Der Dorn war durch Rost "aufgeblüht"
und der Luftspalt somit erheblich reduziert. Reinigungsversuche mit Bronzefolie zeigten keinen Erfolg. Da sich die Membran
am Korb auch schon gelöst hatte (der Rost ist unter die Pappe gekrochen), beschloss ich, den ganzen Lautsprecher zu
zerlegen, zu entrosten und neu zu lackieren.
Jetzt werden die echten Sammler unter Euch die Hände über dem Kopf zusammenschlagen und wohl zu recht behaupten,
dass der Sammlerwert im Eimer ist.
Dazu muss ich sagen, dass ich meine Radios nicht als Kapitalanlage sehe, und sie auch nie verkaufen werde. Deshalb ist mir
der Sammlerwert ehrlich gesagt auch ziemlich "wurscht". Ich versuche meine Radios, so gut es für meine
Verhältnisse geht, instand zu setzen. - Hin und wieder neige ich dann auch mal zu solchen Kapriolen.
Hier erst mal einige Fotos vom Ur-Zustand.
Gut zu erkennen ist der extrem rostige Zustand und der große Riss. Das ganze Ausmaß der Verrostung sieht man
aber erst wenn der LS ausgebaut ist.
Als erstes wird der Ausgangsübertrager abgebaut. Ein Zettelchen, auf dem man sich notiert, wo welcher Draht rankommt
ist sicher sinnvoll, auch wenn es nur vier Drähte vom Gerät und zwei zum LS sind. Bei dem AÜ zerbröselten
die Lötösen, die musste ich natürlich ersetzen. Lötösen von heute handelsüblichen
Lötösenleisten passen recht gut.
Am AÜ selbst war keine Farbe mehr zu sehen, nur noch Rost. Also habe ich ihn auch zerlegt und zum Lackieren vorbereitet.
Die flexiblen Drähte, die zur Membran gehen werden am Chassis abgelötet. Nun wird die Membran mit einem passenden
Schraubendreher am äußeren Papprand vorsichtig angehoben. In meinem Falle begünstigte der Rost die ganze
Sache. Er ist zwischen Metall und Farbe gekrochen, und so ließ sich die Membran sehr gut lösen. Sollte sie zu
fest sitzen, so kann man versuchen, das Chassis auf einer Elektrokochplatte zu erwärmen, in der Hoffnung, dass sich der
Kleber löst. Das sollte aber klappen.
Nachdem die Membran gelöst und vorsichtig herausgenommen wurde, ist der Rest fast ein Kinderspiel. Die Membran wird von
Kleberresten befreit. Dazu eignet sich ein ballig angeschliffener Stechbeitel oder zur Not ein Cuttermesser. Die beiden
Pappringe sollten nicht zu sehr verletzt werden und möglichst nicht von der Membran gelöst werden. Sie stabilisieren
die Membran und wir brauchen sie später für den Zusammenbau wieder.
Gereinigt wird die Membran nur mit einem weichen Pinsel. Zahnbürsten oder ähnliches könnten zu hart sein und
die recht weiche Pappe schnell beschädigen. Danach wird die Membran bis zum Einbau an einem sicheren Ort verwahrt.
Sowohl Membran als auch Tauchspule sind die empfindlichsten Teile und nahezu unersetzlich.
Jetzt geht’s ans Chassis. Die vier Gummibuchsen werden entfernt, der Magnet abgeschraubt. Nach dem Zerlegen des Magnets
kam am Dorn eine dicke Rostschicht zum Vorschein. Kein Wunder, dass da nichts mehr kam.
Nun sind am Chassis nur noch die beiden Anschlussnieten mit den Pertinaxscheiben. Die Nietköpfe werden auf einer Seite
abgefeilt und der Niet herausgedrückt. Die Pertinaxscheiben heben wir auf. Die sehn doch noch gut aus, die gehen doch
noch mal! Also, beiseitelegen, wir brauchen sie später.
Nun wird alles sorgfältig entrostet. Auch die Klebereste werden mit Drahtbürste und Stahlwolle entfernt.
Zum Lackieren verwende ich Zink-Alu-Spray von BERNER. Es trocknet sehr schnell, verläuft ausgezeichnet und gibt einen
aluminiumähnlichen, matten Farbton.
Der Dorn des Magneten wird mit einem Isolierband abgeklebt. Er bleibt blank und wird vor dem Zusammenbau nur leicht
eingefettet. Dann wird lackiert:
Die Schrauben zum Befestigen des Magneten sind M 4,5-Schrauben. Alles andere passt nicht, wie immer am VE301.
Die fertig lackierten Teile sehen richtig nett aus.
Die Schrauben zur Befestigung des Magneten werden mit Stahlwolle und kleiner Feile vom Rost befreit und mit etwas Fett
eingesetzt, sonst gammeln sie womöglich noch fest. Könnte doch sein, dass sich in 100 Jahren der nächste Depp
an diesem Lautsprecher versucht ;-)
Unter der Spule befindet sich eine dünne Filzscheibe (sie sieht ganz gut an der Schwingspule, die, einige Fotos weiter
oben, auf der Membran aufliegt). Eventuell hat sie sich über die Jahre schon atomisiert. Sie muss, falls nicht mehr
vorhanden, unbedingt ersetzt werden, da es sonst zu unangenehmen "Klapper-Brumm-Schnarr-Schepper-Geräuschen"
kommt.
Bevor der Magnet angeschraubt wird, müssen aber noch die beiden Kontaktnieten eingesetzt werden. Dazu habe ich mir aus
Messing-Rundmaterial einige Teile zum Ausformen des Nietkopfes gedreht. Sie haben in der Mitte ein kleines Loch von 2,1mm
Durchmesser. Sie passen so auf den Schaft einer Blindniete. Die eigentlichen Nieten habe ich nur bei Bürklin gefunden.
Ich habe sie bestellt, aber sie kamen zum Termin nicht mehr ran. Also musste ich mich nach eine Alternative umsehen. Da
kamen mir Aderendhülsen für 4mm˛ gerade recht. 3,1mm Außendurchmesser, 0,2mm Wandstärke und eine, zum
Senkkopf ausgeformte Seite bieten ideale Voraussetzungen. Allerdings ist das Material verzinnt. Vorteil: es lässt sich
gut löten. Nachteil: im Original wurden Messingnieten verwendet. An dieser Stelle ist das aber nicht von Bedeutung, da
die Niete ohnehin mit Zinn gefüllt wird.
Die alten Pertinaxscheiben (3 Stück für jede Niete) werden mit einer kleinen Schlüsselfeile um 0,1mm
aufgeweitet. Jetzt werden die Scheiben auf die Aderendhülse gesteckt (große, kleine, große Scheibe). Die
Aderendhülse muss nun auf Länge geschnitten werden. Den Überstand von ca. 2mm stellen wir mit kleinen
Unterlegscheiben ein. In einen Schraubstock spannen wir einen 2mm Bohrer ein und schieben das Ganze darauf.
Nun wird ein scharfes Messer mit schmaler Klinge oder ein stabiles Skalpell ganz dicht an den Unterlegscheiben
"entlanggerollt". Das ergibt einen perfekten Schnitt. Die Niete wird im Chassis platziert, der Blindnietschaft
durchgesteckt und die Blindnietzange wie bei einem normalen Nietvorgang angesetzt. Mit sehr viel Gefühl werden nun die
Nietkopfformer in die Aderendhülse gepresst. Das verlangt etwas Übung. Eine Probenietung an anderer Stelle ist
bestimmt sinnvoll.
Zugegeben, das ist nicht DIE Supermethode, Nieten zu setzen. Aber bei zwei Nieten tut es so ein Notbehelf auch. Und das
Ergebnis kann sich sehen lassen.
Nun kann der Magnet angebaut werden. Bevor der Magnet festgezogen wird, muss sichergestellt sein, dass der Dorn
zentrisch sitzt. Ist das nicht der Fall, oder lässt sich das Spiel nicht durch Verschieben einstellen, so ist die
Abdeckplatte des Magneten versuchsweise zu drehen. In einer Position muss es passen! Danach wird die Membran eingesetzt.
- Darauf achten, dass die Drähte der Membran in die richtige Richtung, zum AÜ hin zeigen!
Die Muttern (M3,5) der Zentrierspinne werden lose angesetzt. Im Luftspalt habe ich als Distanzhalter eine 0,05mm dicke
Bronzefolie eingesetzt (siehe Bild). Von Alufolie würde ich abraten. Sie könnte sich beim Herausziehen verhakeln
und ein Stück davon im Luftspalt stecken bleiben. Bronzefolie ist stabiler.
Die Membran wird unterhalb der Pappringe mit normalem Kleber bestrichen und angedrückt, und mit Wäscheklammern
fixiert.
Nun muss das Spiel im Luftspalt grob durch Verschieben der Membran eingestellt werden. Trocknen lassen....... Nach der
Trocknung kann die Folie herausgezogen werden. Durch Verschieben der Zentrierspinne kann nun das Spaltmaß fein
eingestellt werden. Schrauben festziehen. Wenn nun die Membran durch leichten Fingerdruck hin und her bewegt wird, darf sie
nicht kratzen.
Zum Schluss werden alle Drähte wieder angelötet und neue Gummilager eingesetzt; Gehäusedurchführungen
sind bestens geeignet. Das Logo der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) habe ich selbst als Anziehbild angefertigt. Es sieht
verdammt echt aus.
Als einziger Makel bleibt an diesem LS eigentlich nur die geklebte Membran. Ansonsten funktioniert er hervorragend, es hat
sich gelohnt (für mich jedenfalls)...
Auf den folgenden Bildern sieht man übrigens auch die 4P1L als Ersatz für die RES 164. Tipps für den
Umbau findet man hier.
Hier nun das Ergebnis der Arbeit:
Fazit: Der Aufwand hielt sich in Grenzen, das Ergebnis ist mehr als nur zufriedenstellend. Lediglich die Herstellung des
Logos hat viele Stunden in Anspruch genommen.
Es dürfte ja wohl klar sein, dass ich mir für das restliche Blech in dieser Kiste auch noch etwas einfallen lasse.
Und ich gebe zurück in die Sendezentrale, zum Zentralsender....
Gruss, Roman Beyer
http://www.dk3xe.com/