Die Raumladegitterröhren

Sämtliche Texte, Fotos, Grafiken und Daten stelle ich hier ausschließlich zur privaten Nutzung vor.
Jegliche gewerbliche Nutzung wird hiermit untersagt!

Einen Großteil der hier vorgestellten Fotos verdanke ich Siegfried Neumann und Hans-Thomas Schmidt, einen Großteil der Texte sowie weitere Fotos verdanke ich Wolfgang Holtmann. Ohne sie hätte ich diese Seite nicht so ausführlich gestalten können. - Ein herzliches Dankeschön !








Für denjenigen der mit dem Begriff "Raumlade-Gitter" nicht allzuviel anfangen kann, empfehle ich, den hervorragend geschriebenen Artikel von Wolfgang Holtmann : "Die Funktion der Raumladegitter-Röhren" zu studieren. - Leicht und locker, für den Neuling sehr gut verständlich, geschrieben.




Ich möchte diese Seite mit einem Posting von Wolfgang Holtmann, im Forum am 21.07.2002, beginnen:

Von Doppelgitterröhren, Raumladegitterröhren und vom RADIOMANN
Diese Art von Elektronenröhren sind in Vergessenheit geraten. Hier ein kurzer Überblick (erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!). Mit der DAH 50 und der amerikanischen 12 K 5 will ich mich noch befassen, sobald ich diese an meine Sammlung hinzufügen kann. (s. auch unter Röhren-Geschichtliches / Niedrigspannungsröhren)

In den zwanziger / Anfang dreissiger Jahren wurden die Doppelgitterröhren (Oberbegriff) betrieben als, bzw. in der:

-Raumladegitterschaltung (das katodennahe Raumladegitter an eine positive Spannung gelegt)
-Schutzgitterschaltung (= Schirmgitterschaltung, wegen des int. Aufbaus aber keine Abschirmwirkung)
-Oszillator ohne gesonderte Rückkopplungsspule (nach Numans-Roosenstein)
-Negadyn Empfangsschaltung (wie oben, aber dann kurz vor dem Schwingungseinsatz betrieben)
-(selbstschwingende) Mischschaltungen (in Frankreich als ‘modulateur-bigrille’ bezeichnet)
-Gegentakt NF-Verstärker, ohne das eine Phasenumkehrung erforderlich ist. (Gilt nur für die RE 074d. - Falls Interesse besteht, will ich das gesondert erläutern.)
Mit der Einführung der Netzstromversorgung sind diese Röhren von der Bildfläche verschwunden. Nur die indirekt geheizte REN 704d bzw. REN 1817d machten hierin eine Ausnahme. In den Bastelanleitungen für tragbare Radios (in der Raumladegitterschaltung kommt man ja schon mit ca. 12 Volt Anodenspannung aus!) wurde in den späteren Jahren hier und da was veröffentlicht.

REN704d (REN1817d) eine Raumladegitter-Röhre?
Oder: Was ist eine Raumladegitter-Röhre und was ist nun keine Raumladegitter-Röhre ?

Aus aktuellem Anlaß will ich probieren, meine Sicht auf diese öfters gestellte Frage zu verdeutlichen.

Ich folge dem Beispiel der großen Röhrenhersteller, wie TELEFUNKEN oder PHILIPS und bezeichne alle alten Röhren mit 2 Gittern als Doppelgitter-Röhren. Das ist der Oberbegriff und sagt noch nichts über die eigentliche Verwendung aus!
Damit liegt man immer richtig.
Ausgenommen von dieser Regel sind HF-Tetroden wie die RES 094, RENS 1204 usw. oder Leistungs-Tetroden.
Man muß jeden Röhrentyp einzeln beurteilen, in welchen Anwendungen dieser vorteilhaft (und da geht's drum!) zu gebrauchen ist.


1.  G r u p p e :
Da ist zunächst die große Gruppe der direkt geheizten Doppelgitter-Röhren.
In den 20er Jahren waren diese beliebt wegen der Möglichkeit, diese Röhrensorte mit niedrigen Anodenspannungen in der sogenannten 'Raumladegitter-Schaltung' zu betreiben.
Wenn ich das richtig einschätze, war der Anteil etwa 90%. Es ist deswegen auch nicht verwunderlich, wenn sich der Begriff 'Raumladegitter-Röhre' für diese Röhrengattung eingebürgert hat und in den Köpfen hängengeblieben ist.
Typische Vertreter waren die RE 074d, U409D, DG 407, A441N.

Diese Röhren wurden -in Ermangelung alternativer Typen zu der Zeit- aber auch in anderen Anwendungen (mit höheren Betriebsspannungen!) benutzt:
--- in der 'Schutzgitter-Schaltung' (~Schirmgitter-Tetrode)
--- als 'selbstschwingender Mischer' (Modulateur-Bigrille)


2.  G r u p p e :
Und dann ist da noch die ganz kleine Gruppe der indirekt geheizten Doppelgitter-Röhren.
Dazu zählt die REN 704d bzw. REN 1817d. (Die Sonderstellung der 12K5 wurde bereits erklärt).

Es handelt sich um (selbstschwingende) Mischröhren für Netzempfänger, wobei der Anodenstrom von beiden Gittern beeinflußt wird (Doppelsteuerung). Die Anodenspannung beträgt hierbei 100 V oder mehr.

Widersprüchlich dazu, wird auf der folgenden Seite die Kennlinien und Daten in der Raumladegitter-Schaltung angegeben!! Das ist äußerst verwirrend und irreführend, zumal wenn man die hohen Raumladegitterströme in Betracht zieht!
Ich sage mal: "Da wußte bei TELEFUNKEN die rechte Hand nicht, was die linke tut!"

Im Buch 'Rundfunkröhren' von L. Ratheiser sind die Kennlinien für Ua = 100V bei Ug1 = 0V dargestellt.

Mit einer Heizleistung von immerhin 3,6 W sind diese Röhren sicherlich nicht vorteilhaft in Raumladegitter-Schaltungen zu gebrauchen. Es ist ja auch sinnlos, einen Heiztrafo zu verwenden, um dann mit einer kleinen Anodenspannung zu arbeiten die sowieso eine schlechte Leistungsausbeute ergibt!
Daher hat die REN 704d und die REN 1817d mit den 'Raumladegitter-Röhren' (bis auf die zwei Gitter) nichts gemeinsam!

Anmerkung:
Außer einer experimentellen Meßeinstellung im 'Kammerloher, HF-Technik Teil II', kenne ich keine Radioschaltung mit der REN 704d im Raumladegitter-Betrieb. Wer wohl?
Dort wird die Röhre weit außerhalb der höchstzulässigen Spannungen und Ströme betrieben! Man wollte die Eigenschaften von Raumladeschaltungen bei Betrieb mit der (kurzzeitig) hohen Stromergiebigkeit einer indirekt geheizten Bariumkathode gegenüber der frühzeitigen Sättigung einer direkt geheizten Kathode verdeutlichen.

Nicht unerwähnt sollen die Spezialröhren der Wehrmacht bleiben. Ausser der RV 2,4 T3 wurde eine Tetrode (LV 5) und sogar eine Pentode (RV 2,4 P45) mit zusätzlichem (!) Raumladegitter entwickelt!!

Das folgende Foto zeigt eine RV 2,4 T3:


Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur RV 2,4 T3 platziert.

Das nächste Foto zeigt die RV 2,4 P45:


Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur RV 2,4 P45 platziert.
(Die Fotos und Daten zur RV 2,4 T3 und RV 2,4 P45 sowie zur LV 5 entstammen, mit freundlicher Genehmigung, der Homepage von Hans-Thomas Schmidt)

Die folgenden Bilder zeigen jeweils eine LV 5 von TFK sowie eine LV 5 von Siemens:



  



Die Siemens-LV 5:

  

  


Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur LV 5 platziert.

Kann mir jemand sagen, in welchen Geräten diese Wehrmachtsröhren eingesetzt wurden ??
Schaltungen mit diesen Röhren sind in der FUNK-TECHNIK, Heft 13 von 1949 zu finden (s.u.).

Der Grund warum ich mich so eingehend mit dieser Röhrengattung beschäftige liegt in der Tatsache, dass ich erst nach 47 Jahren (!) entdeckt habe, dass die DM 300 von Radio-Record in meinem "RADIOMANN" von Kosmos NICHT in Raumladegitter - Audionschaltung betrieben wird, sondern in der Schutzgitter-Audionschaltung !! Also analog der späteren Ausführung des RADIOMANNES mit der Niedrigspannungsröhre EF 98.
Ehrlich gesagt: ich fühlte mich schon ein bisschen ‘verschaukelt’.


Die folgenden Fotos zeigen die erste Modellreihe der Radio Record - DM300 von 1927, mit Metallsockel und seitlichem g1-Anschluß; diese Röhre ist eine wahre Rarität :



























Das folgende Bild zeigt die spätere DM 300, mit g1-Anschluß an der Seitenschraube und mit normalem Bakelitsockel:



Es folgt die DM 300 - "N" von 1952 mit g2 an der Seitenschraube, diese ist keine Raumlade-Gitterröhre :







Speziell für Kosmos wurde 1955 diese DM 300 hergestellt (auch diese mit g2 an der Seitenschraube, auch diese ist keine Raumladegitter-Röhre) :




Man kann es daher Jogi auch nicht übel nehmen, dass er in seiner Abhandlung: (Röhrenbude / Röhren-Geschichtliches / Niedrigspannungsröhren / EF98) nicht erkannte, dass die DM 300 zum RADIOMANN KEINE Raumladegitterröhre ist und auch nicht so betrieben wurde.

Nach all diesen Behauptungen, müssen jetzt die Beweise auf den Tisch!
Also, wegen des schlechten Wetters momentan draussen, hole ich da etwas weiter aus.
Vor dem Krieg wurde der RADIOMANN mit der RE 074d (oder der U 409D oder der DG 407, welche der RE 074d ähnlich, aber in den elektrischen Daten nicht äquivalent sind) geliefert.

Die weiteren Fotos zeigen die RE 074d :




Eine weitere RE04d von TFK, mit seitlichem (golfarbigem) Aufdruck, zeigen die folgenden Fotos:








Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das erweiterte Datenblatt von Telefunken zur RE 074d platziert.

Nach dem Krieg war irgendwann in den 50ern der Vorrat dieser Röhren erschöpft. Man hatte in der Firma Radio-Record (Radium, Tilburg-Niederlande, später von Tungsram übernommen) einen neuen Hersteller der Doppelgitterröhre gefunden. Nun ist es so, dass diese Firma bereits 1927 eine Doppelgitterröhre Type DM 300 im Programm hatte, die laut Datenblatt sowohl in der Raumladegitterschaltung, als auch in der Schutzgitterschaltung (bei höheren Spannungen) betrieben werden konnte.
Bei der Neuauflage dieser Röhre hatte man aber nicht die alte DM 300 (welche die gleiche Sockelschaltung wie die RE 074d hat) kopiert, sondern eine gegenüber der RE 074d abweichende Doppelgitterröhre geschaffen. Mit einer Lupe kann man deutlich erkennen, dass das Gitter über dem Heizfaden (vormals Raumladegitter) bei der RADIOMANN - Ausführung NICHT an der Seitenschraube liegt, sondern am Gitterstift unten. Es hat damit die Funktion des Steuergitter bekommen. Das anodennahe Gitter ist dafür mit der Seitenschraube verbunden und dieses liegt ja in allen Röhrenexperimenten am Pluspol der Anodenspannungs-Batterie. - Deshalb haben wir es also mit einer reinen Schutzgitterschaltung zu tun, nicht wahr?


Ich meine den Grund für die Vertauschung der beiden Gitter erklären zu können:
Würde man die DM 300 (neu) ebenfalls in der Raumladegitterschaltung betreiben, so haben meine Messungen ergeben, dann wird die Stromaufnahme des Raumladegitters sehr gross (8 mA) gegenüber dem Anoden(nutz)strom von nur 0,7 mA!
Einstellung: Ua und Urg =12V, bei 0 Volt Steuergitterspannung gegenüber Bezugspunkt ‘K’(Katode) = Minus-Anodenbatterie an das neg. Heizfadenende. (Messnormierung!)
Scheinbar hat man das heizfadennahe Gitter entweder enger gewickelt und/oder dichter an den Heizfaden gebracht. Damit DARF diese Ausführung NICHT in der Raumladegitterschaltung betrieben werden, was letztendlich zum Vertauschungstrick führte!

Mit Absicht habe ich hier die ungewöhnlichen Bezeichnungen: heizfadennahes/anodennahes Gitter gebraucht. Warum?
In der Vergangenheit wurde oftmals die Gitternummerierung unterschiedlich gehandhabt. Da wurde z.B. das erste Gitter über dem Heizfaden mit "zweites Gitter" oder gar "g2" bezeichnet. Man war gewohnt, dass das Steuergitter halt immer g1 ist, auch wenn’s bei der Raumladegitterschaltung an zweiter Stelle kommt! Kein Geringerer als Fritz Kunze (der von den Röhren-Taschen-Tabellen, Franzis-Verlag) ist auf diesen Wirrwarr in der Literatur schon 1949 in der FUNKSCHAU, Heft 1 eingegangen.

Was ist was?
Man erkennt die neueren DM 300 am runden Stempel mit dem Buchstaben ‘N’ gefolgt von einer zweistelligen Nummer in der Hersteller-Kodierung (s. Fotos oben).
Bleibt noch die berechtigte Frage: Warum hat Radio-Record dieser vom Grundmodell deutlich abweichende Röhre nicht auch eine ANDERE Typenbezeichnung gegeben, wie z.B. DM 301 ??
- Aus Kostenersparnis, denke ich mir so.

Wer noch mehr über die Versuche mit den Doppelgitterröhren im Kosmos RADIOMANN wissen möchte, kann in der FUNKGESCHICHTE Nr. 139, 2001 (Mitteilungen der Gesellschaft der Freunde der Geschichte des Funkwesens) noch weiteres erfahren. Dort habe ich noch über die Polung der Heizbatterie -unter Beachtung des Spannungsgefälles entlang des Heizfadens- bei direkt geheizten Röhren, Ersatz der Doppelgitterröhre durch eine normale Triode, sowie geänderte Sendeschaltungen mit Vorschlägen zur Modulation derselben geschrieben.
Das würde aber hier zu weit führen.
Wolfgang Holtmann


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Hallo Paul
Vielen Dank für das Kompliment.

Ich muß zugeben, Detailkenntnisse über die internen Systemkonfigurationen der Elektronenröhren fehlen mir. Erschwerend in diesem Fall ist noch: trotz intensiver Suche, für diesen Röhrentyp (mit dem runden Stempel) besteht scheinbar kein Datenblatt! Dass die alte DM 300 mit der Neufertigung DM 300(N) wenig gemeinsam hat, wurde schon an anderer Stelle erwähnt.
Pauls Frage könnte auch lauten:
"Welche Voraussetzungen muß eine Schirmgitterröhre erfüllen, um bei 12Volt Bertriebsspannung noch einen nennenswerten Anodenstrom zu erzielen?"

Bekanntlich kann man schon mit dem Auge eine grobe Einschätzung der Eigenschaften einer Röhre machen, natürlich nur, wenn das System einigermaßen sichtbar ist! In Abb.1 habe ich eine Gegenlichtaufnahme von der alten und der neuen DM 300 von Radio-Record gemacht.


Deutlich zu erkennen ist die unterschiedliche Höhe des Anodenkastens! Im Klartext:
Die Elektrodenabstände sind bei der rechten DM 300(N) geringer als bei der linken Ausführung. Das ist schon mal eine wichtige Voraussetzung für eine effektive Funktion bei niedrigen Spannungen!

Ein weiterer Anreiz für die Elektronen sich Richtung Anode zu bewegen ist dadurch gegeben, dass das 1.Gitter (= Steuergitter, direkt über dem Heizfaden) bei den Versuchen im RADIOMANN positiv(!) vorgespannt ist und damit (gewissermaßen ähnlich einem Raumladegitter) die Elektronen aus der Raumladewolke lockt.
Diese positive Vorspannung ergibt sich aus dem Spannungsgefälle (ca. 4 Volt) entlang des Heizfadens (= Kathode)
Da das 1. Gitter (über den Gitterableitwiderstand) mit dem positiven Heizfadenende verbunden ist, ist an  d i e s e m  Punkt gegenüber dem g1 kein Potentialunterschied, also 0 V.
Dahingegen hat das negative Heizfadenende einen Spannungsunterschied von -4 V gegenüber dem 1.Gitter. Anders ausgedrückt :
Das 1.Gitter ist an  d i e s e m  Punkt +4 V gegenüber dem negativen Heizfadenende! Um die Sache zu vereinfachen, wird die g1 Vorspannung auf +2 V gemittelt. Man kann noch daraus ableiten, dass die Elektronenverteilung ungleichmäßig sein muß.

Wir haben doch nichts zu verschenken. Oder?
Dieses Spannungsgefälle entlang des Heizfadens bei den direkt geheizten Doppelgitter-Röhren, kann man vorteilhaft zu einer kleinen Aufstockung der Betriebsspannungen nutzen! Bei den sowieso geringen Spannungen ist doch jedes zusätzliche Volt mitgenommen.
Sie bringt uns eine Empfangsverbesserung  o h n e  zusätzlichen Aufwand!!

Bei Kosmos hat man davon leider keinen Gebrauch gemacht. In der FUNKGESCHICHTE Nr.139 (GFGF) habe ich Näheres hierzu geschrieben. - Bei Interesse, bitte ein eMail an mich.

Nun folgen noch ein paar von mir aufgenommene Ia/Ug - Kennlinien der typischen Vertreter der drei Röhrengenerationen, welche im RADIOMANN Verwendung fanden.

Anmerkung:
Mit Absicht habe ich nicht die statischen Kennlinien aufgenommen, sondern die praxisnahen dyn. Kennlinien mit einem Ra = 2 kOhm und (abweichend von der Norm) -Ub mit dem positiven(!) Heizfadenende verbunden!
Das ist auch der Bezugspunkt für die Steuergitterspannungen.


1. Bis etwa 1945 wurden Doppelgitter-Röhren in Raumladeschaltung verwendet. Oftmals auch "Raumladegitter-Röhren" genannt. Die RE 074d (Abb.2) war sehr verbreitet.


2. In den 50er Jahren wurde auf die schon erwähnte Doppelgitter-Röhre DM 300(N) -aber in Schirmgitterschaltung- umgestellt (Abb.3). Trotz der geringeren Gesamtemission, schneidet sie im Empfangsvergleich sogar noch etwas günstiger als die RE 074d ab. Und das bei einer Gesamtbelastung der Anodenbatterien von nur 0,65 mA!!


3. Ende der 50er Jahre kam dann die (jetzt indirekt geheizte) Autoradio-Röhre EF 98 zum Einsatz. Abb.4 macht deutlich, dass durch die viel größere Heizleistung (plus ein verbessertes Steuergitter) eine höhere Steilheit erzielbar ist. Kein Wunder, dass sie die besten Ergebnisse liefert.
Man beachte hierbei bitte, dass diese 6,3 V-Röhre mit nur 4,5 V auch noch stark unterheizt wurde!!

Wolfgang Holtmann



Die folgenden beiden Fotos sowie das Schaltbild dazu sandte mir Alexander K. zu, sie zeigen einen mit den Spulen aus dem Kosmos-Radiomann-Baukasten gebauten Empfänger mit der Raumladegitter-Röhre DM 300 :






Alexander zeichnete diese Schaltung nach dem im Foto erkennbaren Gerät ab, schrieb "Kosmos Rückkopplungsempfänger" unter die Schaltzeichnung. - Ich weise aber daraufhin, daß es sich hierbei nicht um die Kosmos-Radiomann-Schaltung handelt, wie von Alexander angenommen. Im Gerät (in der Schaltung) sind einige fehlerhafte Details erkennbar: Die DM 300(N) ist nicht richtig angeschlossen. (Steuergitter g1 ist bei der DM 300 (N) das untere, nicht das obere)
Ein Gitter darf NIEMALS in der 'Luft hängen' (unkontrollierbare neg. Aufladung)
Der Minuspol der Heizbatterie sollte mit Erde (=minus Ua) verbunden sein.


Ich sandte Wolfgang Holtmann die folgenden Kopien zu, die eine Raumladegitter-Schaltung mit interessanten Aspekten zeigen:





(Mit der Maustaste das jeweilige Bild anklicken, es wird dann in voller Auflösung dargestellt.)



Wolfgang antwortete mir mit folgendem Schreiben:

Etwas verwirrend für den unerfahrenen Nachbauer ist die Darstellung der Heiz- und Anodenspannungsversorgung mit den 7 Flachbatterien à 4,5V. Im Text steht, dass für die Heizung zwei davon PARALLEL zu schalten sind. Im Schaltbild ist davon nichts zu erkennen. Im Übrigen ist eine Parallelschaltung von Akkus oder Batterien sowieso eine heikle Sache, wie man weiss. Bei unterschiedlichem (innerem Widerstand=) Zustand derselben, macht die eine die andere kaputt!

Die Sache mit dem Gegentaktbetrieb der ersten RE 074d ist im Grundsatz OK, hat aber mehrere Haken. (Komme gleich darauf zurück.) Die Idee beruht auf einen Schaltungsvorschlag von TELEFUNKEN (1928). Ich habe das schon in meinem Posting # 21827 (s.o.) kurz erwähnt und jetzt als Beilage hinzugefügt (s.u.). Ich kann aber vorab eine kurze Erläuterung der Arbeitsweise geben und dann später unter Rubrik Radiobasteln / SONDER-(KUNST-) SCHALTUNGEN / -Raumladegitterschaltungen / nochmals auseinandersetzen.
Wenn man sich die Kennlinien der RE 074d ansieht, schneiden sich die Ia und Irg Kurven bei -Ug2 von -1,5V, d.h. es fliesst ein gleich starker Strom -aber entgegengesetzt- durch die Gegentaktwicklungen. Das Raumladegitter hat sozusagen die Funktion einer 2. Anode bekommen! Verändert man nun die Ansteuerung am g2 (=Steuergitter) in positiver Richtung, dann erhöht sich der Ia, während der Irg in etwa um den gleichen Betrag fällt = gegenphasig. Umgekehrt, wird g2 negativer, dann fällt der Ia, aber Irg steigt an! Wir haben es also mit einem Gegentaktverstärker OHNE die sonst übliche Phasenumkehrung der Ansteuerung zu tun.

Bevor hier aber helle Freude aufkommt: die Sache hat wenigstens vier Haken.
1. Man erkennt, dass die Kennlinien ungleichmässig gekrümmt sind, was Verzerrungen zur Folge hat.
2. Bei Alterung der Röhre laufen die beiden Kennlinien stark(!) auseinander. Ist bei meiner RE 074d der Fall.
3. In der oben angegebenen Schaltung ist der Arbeitspunkt NICHT fixiert. Wir wissen alle, dass das beim Audion von der Stärke des empfangenen Signals abhängig ist! Eigentlich hätte man diese Kunstschaltung nur in der letzten Stufe anwenden sollen.
4. Im Text wird als 'äquivalenter' Röhrentyp zur RE 074d die (VALVO) U 409D angeführt. Das ist eine Fehlinformation! Sowohl die Kennlinien, als auch meine eigenen Messungen an einer NOS Röhre beweisen das Gegenteil. Erstens ist der Raumladegitterstrom sicher doppelt so hoch gegenüber der RE 074d, also keine 'Scherung' der beiden Kennlinien! Zweitens ist das gegenläufige Verhalten von Ia und Irg nicht gegeben. Damit kann der 'Gegentaktschaltungs-Trick' mit dieser Röhre NICHT funktionieren.




Aus "Funktechnik", Heft Nr. 13/1949 stammen die (bereits oben von Wolfgang Holtmann erwähnten) folgenden Seiten, die ich als Acrobat-PDF-File hier vorstellen möchte. Es ist ein Artikel von C. Möller, "Schaltungen mit Raumladegitterröhren". In diesem Artikel werden die RV 2,4 T 3 sowie die RV 2,4 P 45, mit Beispielsschaltungen, beschrieben: Raumladegitter-Schaltungen (ca. 5,2 MByte !)


Zur Aufklärung muss man noch einmal darauf hinweisen, dass alle Hexoden, Heptoden und Oktoden ebenfalls Raumladegitter enthalten. Bei den Hexoden und Heptoden ist das Gitter 2. Gitter 3 ist dann das zweite Steuergitter. Bei den Oktoden sind vor dem Raumladegitter zwei Drahtstäbe, die als Hilfsanode für den Oszillator fungieren. Die Numerierung erhöht sich daher um Eins. Bei den meisten dieser Röhren ist das Raumladegitter mit dem Schirmgitter zusammengeschaltet, da sie auf denselben elektrischen Niveau liegen müssen.

Raumladegitter sind weitmaschige Gitter, die den Elektronenstrom beschleunigen sollen. Weil die Aufprallfläche für Elektronen sehr gering ist, fliegen die Elektronen hindurch.
Da die Weglänge in Hexoden, Heptoden und Oktoden relativ gross ist, werden Raumladegitter als Zwischenbeschleunigung eingesetzt. Ansonsten wären für diese Röhrentypen recht hohe Anodenspannungen nötig, was ausserdem konstruktiv wegen der Überschlagsgefahr Probleme bereiten würde.

Umfangreiche Versuche mit Raumlade- und Schirmgittertetroden machte J.Kammerloher. Hier sind unbedingt besondere Effekte wie Sekundäremission und Schwingneigung durch fallende Kennlinien zu berücksichtigen.

Die einfachen Raumladetetroden verhalten sich ähnlich wie Trioden, kommen aber Dank der Vorbeschleunigung mit geringen Anodenspannungen aus.
Leistungsverstärker mit Raumladetroden gibt es nicht, weil hier das Produkt von Anodenstrom und -spannung nur kleine werte annehmen kann. Um mit geringen Anodenspannungen höhere Leistungen zu erzielen, müssten die Kathoden sehr stark dimensioniert werden (Beispiel: 12 K 5). Das erfordert dann auch höhere Heizleistung (Wie bei Senderöhren); das rechnet sich nicht.

Die ersten Raumladetetroden wurden von Schottky, dem Röhrenkonstrukteur bei Siemens im Ersten Weltkrieg, erfunden und gebaut. Damals hatte man noch Probleme mit der Stromversorgung. Man musste Batterien nehmen und die Geräte mussten oft auch noch transportabel sein. Höhere Spannungen bedeutete, mehr Zellen und daher mehr Platzbedarf und höheres Gewicht - Netzteile waren damals noch unbekannt.
Schottky baute auch die erste Doppelsteuerröhre mit einem Raumladegitter, eigentlich eine Pentode, aber nicht im heutigen Sinne.



Die 'Genealogie' der Raumladegitterröhren.

Deren Geschichte fing mit einer Schottky-Entwicklung an.
Fußend auf Schottky's Patenten wurde die SS 1, eine Raumladetetrode, entwickelt (SS = Siemens-Schottky):




Bei einer Raumladetetrode liegt das Steuergitter zwischen Raumladegitter und Anode, also als zweites Gitter. Das Raumladegitter (1.) wird für die Elektronenbeschleunigung benutzt, und da es sehr nah an der Kathode ist, kommt die ganze Röhre mit kleinen Spannungen aus. Eine Raumladetetrode verhält sich in ihren Kennlinien ähnlich wie eine Triode, kann aber nur wenig Leistung abgeben. Solche Röhren wurden besonders für Batteriegeräte gebraucht.
Die Gitter (s. Detail-Foto) wurden aus Blechen heraus gestanzt und dessen Stege anschließend etwas verdreht. Das ganze System war nach unten hin offen, was beim Zusammenbau der Röhre das Einsetzen des fertig montierten Heizers in die restlichen Elektroden erlaubte.
Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur SS 1 platziert.

Nachfolger dieser Röhre war die SS 2, siehe das nächste Foto :


Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur SS 2 platziert.
(Die Daten zur SS 1 und der SS 2 entstammen der Homepage von Hans-Thomas Schmidt)

Auf Grundlagen der SS - Typen weiterentwickelt kam die Type 110 auf den Markt :




Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur 110 platziert.
(Das zweite Foto der 110 sowie die Daten entstammen der Homepage von H.-T. Schmidt)

Nachfolger dieser wurde die RE 212 - s. Fotos :





  

Ähnlich der RE 212 war die RE 82. Das folgende Bild sowie die Daten der Röhre entstammen der Homepage von H.-T. Schmidt.


Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf die Daten zur RE 82 platziert.

Von der RE 82 wiederum war der Nachfolger die RE 073d, die nur sehr kurzzeitig hergestellt und sehr selten ist - auf dem folgenden Foto wird sie vorgestellt :




Eine sehr begehrte und optisch sehr schöne Raumladegitterröhre ist die D 6 von Philips.



Im folgenden Bild erkennt man sie mit einem Detektorempfänger nachgeschalteten Verstärker:


Von Zenith gab es die D4, diese ist eine elektrisch identische RE 074d - bis auf den bei ihr nicht vorhandenen Raumladegitter- (g1-) Außenkontakt. Dieser wurde bei der D4 als 5. Pin unten herausgeführt.






Interessant ist die Feststellung, daß im Funke-Handbuch meines W19 die D4, Hersteller Feriranti, als Vergleichstype zur Ren 904 geführt wurde. War die Feriranti-D4 tatsächlich eine REN 904-Vergleichstype - oder hat Funke hier einen Zuordnungsfehler?

Auch in Italien wurden Raumladegitter-Röhren produziert, wie die RRCF von Fivre :



Bei dieser Röhre wurde der g1-Anschluß (Raumladegitter-Anschluß) als 5. mittleren Anschluß herausgeführt.
Dieses Foto sowie der folgenden Schaltungsaufbau mit nachfolgender Schaltung stammt von Martin "Mart" Steyer. Vielen Dank, Mart!





Weitere Fotos der RRCF zeigen die Schönheit dieser Röhre:











Von Tungsram stammt die Raumladegitter-Röhre DG 407/0, mit einem merkwürdig schräg gestellten System (Foto : Wolfgang Holtmann)


Wolfgangs stellte die "Quizfrage" ins Forum, warum dieses System so schräg eingebaut wurde - und auf eine scherzhafte Antwort hin stellte Wolfgang dieses Foto ins Forum:


Hans-Thomas schrieb danach diese Begründung:

Das war eine kuriose Entwicklungsstufe um 1932. Betroffen waren besonders lange Systeme. Die Gettertechnologie war noch nicht weit entwickelt, und das Hochfrequenzglühen zum Abschiessen des Getters gab es noch nicht. Daher wurde das Gettermaterial (Barium) im System angebracht. Durch das Beheizen der Röhre wurde die Kathode aktiviert und gleichzeitg das Getter abgeschossen.
Steht das System senkrecht, wird der Quetschfuss mit Barium bedampft und es gibt erhebliche Isolationsprobleme.
Baut man das System waagerecht ein, muss der lichte Durchmesser des Kolben sehr gross gewählt werden.
Also machte man einen Kompromiss und installierte das System diagonal. Der Getterspiegel ist bei dieser Röhre auch an der Stirnseite des Systems oben im Kolben zu erkennen.

Von Philips stammt die Raumladegitter-Röhre A 441 N, deren Sockelbeschaltung völlig von denen anderer mit Europa-Fassung abweicht. Es hat einen 5 poligen 'Französischen' Sockel (weiter Stiftabstand!), sie gibt es auch (bei gleicher! Typenbezeichnung) mit 4pol. Europa Sockel und G1 an der Seitenschraube (Foto : Wolfgang Holtmann)




Ebenfalls von Philips stammt die Raumladegitter-Röhre B6 (ca. 1924), mit G1 - Anschluß an der Seitenschraube. Der Sockel ist nicht orginal (war aus Metall) (Foto : Wolfgang Holtmann)






Von Valvo stammt die Raumladegitter-Röhre U 409D mit G1 - Anschluß an der Seitenschraube (Foto : Wolfgang Holtmann)


Selbstverständlich wurden auch in der damaligen DDR Raumladegitter-Röhren hergestellt. Und was für welche ! - Ein Meisterstück der Ingenieurskunst ist die MR-01 von Funkwerk Erfurt, eine Doppelraumladetetrode, die einzige die ich kenne. Sie ist eine Brücken-Elektrometerröhre. Die folgenden Fotos zeigen sie in ihrer ganzen Pracht:














Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das erweiterte Datenblatt von Telefunken zur MR 01 platziert.

Mit der oben auf der Seite vorgestellten RE 074d war bei Telefunken die Ära der Raumladegitter-Röhren für den Normalgebrauch beendet. Das Prinzip dieser Röhren war aber für die Elektrometer-Röhren noch brauchbar, deshalb kam nach der RE 074d die Entwicklung der T 113 - und folgenden, die, grundsätzlich, immer noch Raumladegitter-Röhren waren.

Die folgenden Fotos zeigen die T 116 von Telefunken :






Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das Datenblatt von Telefunken zur T 116 platziert.

Eine weitere Raumladegitter-Röhrentype in Deutschland war die YG 1000, ebenfalls von Telefunken. Hergestellt als Elektrometer-Röhre, ist sie aber dennoch eine Raumlade-Gitter-Röhre. Das folgende Foto zeigt dieses schöne Meisterwerk :




Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das Datenblatt von AEG-Telefunken zur YG 1000 platziert (ca. 1,6 MByte).

Eine weitere Elektrometer-Röhre, diesesmal von Valvo, ist die 4065, eine Triode. (Eigentlich hätte sie in die Seite 'Trioden' gehört, aber da sie als Elektrometer-Röhre gebaut wurde sah ich sie hier, bei den anderen Elektrometerröhren, als zugehörig an.)










Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das Datenblatt von Philips zur 4065 platziert.

Die wohl letzte Elektrometer-Röhrentype in Deutschland war die DF703, hergestellt von Telefunken. Parallel, identisch zu dieser, gab es die CK5886 von Raytheon (USA). Die folgende Fotos zeigen beide Typen:










Das Datenblatt zur Röhre zeigt, daß es sich hierbei um eine "Elektrometer Pentode" handelt - es wird absichtlich mit so niedrigen Spannungen gearbeitet, um eine Ionisation (= Gitterstrom) so gut wie unmöglich zu machen. Diese Röhre hat also kein Raumladegitter und passt deshalb eigentlich nicht in diese Seite.
Weil ich jedoch hier bereits einige Elektrometer-Röhren zeige, entschloss ich mich auch diese, obwohl keine Raumladegitter-Röhre, sie dennoch mit hier in diesem "Reigen" einzufügen.

Für die an diesen Daten Interessierte habe ich hier einen Link auf das Datenblatt von Telefunken zur DF703 platziert.

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In Russland war es die MDS, die der RE074d entsprach. Leider besitze ich kein Foto von ihr, sie wird wohl auch nicht mehr zu haben sein.

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In den USA war mit der 12 K 5 das Ende der Raumladegitterröhren-Ära erreicht. Hier nochmals, obwohl auf der Seite 'Niedrigspannungsröhren' bereits vorgestellt, eine kleine Anzahl Fotos dieser Röhre:



  




Der folgende Link zeigt eine US-Seite, die etliche weitere 12 Volt - Anodenspannungstypen auflistet: http://www.duntemann.com/12vtubes/12vtubesindex.htm

Wird fortgesetzt



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