30 Watt-Stereo-Endstufe mit 4 x EL 84
Diese Schaltung sowie der größte Teil des Textes stammen aus dem Elektor-Buch
"High-End mit Röhren", Author Gerhard Haas, erschienen 1996.
Diese Stereo-Endstufe ist ein kleiner Klassiker. Sie ist geeignet für wirkungsgradstärkere Lautsprecherboxen
in kleineren bis größeren Räumen. Sie steht den größeren Varianten in nichts nach - nur daß
die Leistung geringer ist.
Man sollte jedoch immer bedenken, daß einige Watt mehr oder weniger nicht die Welt bedeuten. Um am Ohr beim Einsatz
der gleichen Boxen die doppelte Lautstärke zu erzeugen, ist die vierfache Verstärkerleistung notwendig! Der
Unterschied in der Lautstärke zwischen einem 50-W-Verstärker und einem 30-W-Verstärker ist also praktisch
nicht hörbar.
Bei Röhrenendstufen spielt hier der Ausgangsübertrager schon eher eine Rolle. Bei der 50-W-Endstufe ist meist
schon der nächst größere Trafokern notwendig, der unter Umständen eine niederohmigere Bewicklung
erlaubt. Damit kann man im Baßbereich noch einiges herausholen.
Vom Dämpfungsfaktor bei Röhrenendstufen darf man fast nicht reden - er hat im Vergleich zu Halbleiterendstufen
immer einen niedrigen Wert. - Aber dieses ist nicht das einzige Kriterium für den guten Klang eines
Röhrenverstärkers, wie ich es bereits im Theorieteil, in der Einleitung zu der Röhrenverstärkerseite,
abgehandelt habe. Transistorendstufen können sehr große Dämpfungsfaktoren haben und trotzdem schlecht
klingen...
Im folgenden Bild ist die Schaltung der Endstufe gezeigt.
Die erste Verstärkerstufe Rö 1a bekommt ihr Eingangssignal über C1 und R3. Es wird absichtlich ein bipolarer
Elko als Koppelkapazität eingesetzt, damit ist sichergestellt, daß die niederohmige Ausgangsimpedanz des
Vorverstärkers oder der Signalquelle bis kurz vor dem Gitter wirksam bleibt, aufgrund der Niederohmigkeit werden
Störungen vermieden.
R3 und C2 unterdrücken hochfrequente Einstreuungen. Der Widerstand R1 leitet Gleichspannungen nach Masse ab, R2 ist der
Gitterableitwiderstand. Die Kathode von Rö 1 a ist mehrfach beschaltet.
R5 ist verantwortlich für die Gleichstromeinstellung. Beließe man es allein bei diesem Widerstand, wäre die
Leerlaufverstärkung von Rö 1a zu niedrig. Über R6 und C7 wird der Kathodenwiderstand
wechselstrommäßig auf 1,65 kOhm festgelegt. Dieses bringt eine Erhöhung derLeerlaufverstärkung, so
daß für die Gegenkopplung mehr Reserven übrig bleiben.
Damit auch bei starker Aussteuerung die Verstärkungsverhältnisse von Röhre 1a stabil bleiben, ist die
Betriebsspannung mit den Z-Dioden D1 bis D3 stabilisiert. Betriebsspannungsänderungen gehen mit in das
Verstärkungs- und Klirrverhalten von Trioden ein - d.h. es wird hierbei der Klang einer Trioden-Endstufe erreicht!
Das verstärkte Signal gelangt über C5 auf die Phasenumkehrstufe Röhre 1 b. Diese Stufe weist keine
Besonderheiten auf.
Damit kein Symmetrieabgleich erforderlich wird, sind in der Kathodenleitung R36 und R11 parallel geschaltet.
Das in der Phase gesplittete Signal wird direkt an Anode und Kathode ausgekoppelt und gelangt über die jeweiligen
Koppelkondensatoren an die Steuergitter der Endröhren.
Jede Röhre ist im Ruhestrom einzeln einstellbar, damit bekommt man Fertigungstoleranzen der Röhren besser in den
Griff. Die Kathodenwiderstände sind jeweils mit einem großen Elko überbrückt, was speziell bei diesem
Verstärker das Klirr- und Leistungsverhalten insgesamt verbessert.
Die Schirmgitter der Röhren sind an den Primäranzapfungen des Ausgangübertragers angeschlossen. Der
Übertragertrafo hat zwei verschiedene Schirmgitteranzapfungen. - Für den hier vorgestellten Verstärker ist die
Anzapfung bei 25 % die richtige.
Am 4-Ohm-Ausgang des Übertragers wird ein Widerstand von 150 Ohm und 4,5 W Belastbarkeit angeschlossen. Damit ist der
Ausgangsübertrager reell abgeschlossen. Von der 4-Ohm-Wicklung wird die Gegenkopplung über R7 auf die Kathode von
Röhre 1a geführt. - Der zu R7 parallel geschaltete Kondensator C8 unterdrückt hochfrequente Schwingneigung.
Von den Anoden der Röhren Röhre 3 und Röhre 5 wird über C3 noch eine hochfrequente Gegenkopplung
eingeführt. Dieser kleine Kondensator verbessert das Rechteckverhalten der Endstufe. - Er muß an der
Platinenunterseite angelötet und mit einem isolierten Kabel verlängert werden. Über die Höhe der
Gittervorspannung kann der Ruhestrom eingestellt werden, dazu ist der Schalter S 1 vorgesehen. In Stellung 1 wird mit hohem
Ruhestrom gearbeitet, in der Mittelstellung sind die Röhren auf Standby, wozu auch die Hochspannungsabschaltung
im Netzteil beiträgt. In Stellung 2 ist der Ruhestrom auf einen niedrigen Wert festgelegt. Diese Einstellung ist immer
dann sinnvoll, wenn nur mit kleinen Lautstärken gehört werden soll. Durch den geringeren Ruhestrom werden die
Endröhren geschont, dennoch steht genügend Leistung zur Verfügung. - Man kann in dieser Stellung durchaus
nahe an die Nennleistung herankommen, dies jedoch mit erhöhtem Klirrfaktor. Im folgenden Bild ist der
Bestückungsplan - die Platinen-Bestückungsseite - der Endstufe abgebildet.
Wichtiger Hinweis: Joachim Schlenker schrieb mir, dass hier in der Schaltungsbeschreibung der gleiche
Fehler wäre wie im Buch, und die Schaltung so nicht richtig funktionieren würde. Joachim schrieb:
R 25/26 müssten entgegen dem Bestückungsplan 680k haben, dann gibt es auf der Platine den R37 (4,7 k), der in
der Schaltung nicht eingezeichnet ist. Meine Antwort dazu: Oben im Schaltbild ist R25/R26 richtig mit 680k
eingezeichnet, der Bestückungsplan (weiter unten) dagegen ist (war, denn ich werde den Fehler sofort beheben)
tatsächlich falsch bezeichnet worden, dort standen 27 k angegeben - was natürlich einen groben Fehler bewirken
würde.
Kurt Schenk schrieb im Forum noch folgendes dazu:
Im Bestückungsplan ist etwas vertauscht worden. Das Kabel wird an der Stiftleiste auf A1 (Anode 1) und M (Masse M)
gelegt und von dort zum freischwebenden Kondensator C3 geführt, der direkt an Stift 1 der Röhre 1 (ECC83)
gelötet wird.
Da für die Vorstufenröhre(n) eine Gleichstromheizung benutzt werden muß, wird hierfür ein
Metallbrücken-Gleichrichter verwendet werden, wegen besserer Kühlung wird dieser an der
Gehäuserückwand montiert.
Der Verkabelungsaufwand bei dieser Endstufe hält sich, wegen des Platinen-Aufbaus, in Grenzen.
Als Vorstufe wird der bereits auf der Verstärker-Hauptseite vorgestellte Vorverstärker mit Klangregelung ( - mit
Loudness-Schalter) verwendet. Ob dieser Vorverstärker mit der hier vorgestellten Endstufe in einem Gehäuse
zusammengebaut wird und so zu einem Vollverstärker ausgebaut wird, muß jeder für sich selbst entscheiden. -
Da aber die Vorverstärker-Röhren auch mit Gleichspannung beheizt werden müssen, wäre der Vollausbau auf
jeden Fall empfehlenswert.
Die Trimmpotis zum Einstellen der Endstufen-Ruheströme lötet man auf der Lötseite an. Ebenfalls setzt
man die Lötnägel auch von der Lötseite. Damit sind diese Punkte gut zugänglich. Die 150-Ohm-
Widerstände an der Sekundärseite der Ausgangsübertrager können direkt an den Ausgangsbuchsen - oder an
der Lötösenleiste an den Übertragern - angelötet werden.
Die Massen müssen unbedingt miteinander verbunden werden. Die Gegenkopplungsleitung wird mit einem einadrig
abgeschirmten Kabel geführt. - Dies ist ratsam, da auf diesem Wege eingeschleifte Störungen den Verstärker
zum Schwingen bringen oder den Störspannungsabstand verschlechtern könnten.
Die Inbetriebnahme gestaltet sich relativ einfach. Nachdem überprüft ist, ob richtig bestückt und
verdrahtet wurde, wird eingeschaltet, zunächst läßt man jedoch die Röhren noch weg.
Mit einem Vielfachmeßgerät werden die Spannungen überprüft. Die Gittervorspannung muß bei -24 V
liegen, die Anodenspannung liegt im Leerlauf zwischen 350 V und 380 V, und die Heizspannung muß auf 12,6 V eingestellt
werden.
Ist diese erste Prüfung erfolgreich verlaufen, schaltet man wieder ab und wartet, bis sich die Hochspannung auf
ungefährliche Werte abgebaut hat. Danach setzt man - zunächst nur bei der Endstufe - die Röhren ein.
Weiterhin muß unbedingt ein Lastwiderstand mit ausreichender Belastbarkeit an jedem Ausgangsübertrager
angeschlossen sein. Der Standby-Schalter S1 wird in Mittelstellung gebracht, die Schleifer der Trimmpotis P1 bis P4
müssen alle an der vollen negativen Spannung von -24 V liegen. Nach dem Einschalten prüft man an allen vier
Gittern der Endröhren EL 84, ob die Gittervorspannung auch in voller Höhe anliegt. Die Heizfäden müssen
allmählich anfangen zu glühen. Nach etwa zwei bis drei Minuten wird nachgeprüft, ob die Heizspannung der
Vorstufenröhren noch auf 12,6 V steht - gegebenenfalls nachstellen !
Nun wird der Standby-Schalter betätigt und in Stellung 1 gebracht. Jetzt wird mit dem Vielfachinstrument der
Spannungsabfall über den Kathodenwiderständen R18, R19, R28 und R29 gemessen, es müssen sich jeweils 330 mV
pro Röhre einstellen lassen.
Man beginnt z.B. bei Röhre 2, fährt mit Röhre 3 fort, danach kommt Röhre 4 und zum Schluß die
Röhre 5. - Es ist immer günstiger, abwechselnd gegenüberliegende Röhren einzustellen. Der Vorgang
sollte dann noch ein bis zwei Mal wiederholt werden, da die zuerst eingestellte Röhre im Ruhestrom am meisten
wegläuft, dies kommt von der zurückgehenden Spannung des Netzteils unter Last.
Dieselbe Prozedur wird, da es sich ja um einen Stereo-Verstärker handelt, auch mit dem zweiten Verstärker gemacht.
- Die Röhren sollten jedoch nicht gesteckt werden, solange noch Spannungen anliegen !
Tritt beim ersten Einschalten der Hochspannung ein kräftiger, tieffrequenter Brumm auf, deutet dies daraufhin,
daß der Übertrager falsch gepolt ist. Aus der Gegenkopplung wird eine Mitkopplung und der Verstärker
schwingt auf seiner Eigenfrequenz. - Um dann die Phase richtig zu drehen müssen die Anoden- und
Schirmgitteranschlüsse getauscht werden.
Wäre beim Einschalten kein Lastwiderstand angeschlossen und träte diese starke Schwingneigung auf, könnte es
zu zerstörerischen Spannungsüberschlägen kommen !
Die Endprüfung wird mit einem Signalgenerator und einem Lastwiderstand gemacht. Bei etwa 1 V Eingangsspannung
muß der Verstärker gut 30 W Ausgangsleistung liefern. Es empfiehlt sich, die Eingangsspannung langsam
hochzudrehen und die Sinuskurve am Oszilloskop auf eventuelle Schwingpakete zu überprüfen. Diese können bei
mittlerer Aussteuerung auftreten und bis zur Vollaussteuerung wieder verschwinden. Meist kommt dies von ungeeigneter
Verdrahtung und / oder falsch gewählten Massepunkten.
Das Chassis wird z.B. aus Aluminium gefertigt und nach Möglichkeit nahtlos in den Kanten verschweißt.
Technische Daten des Verstärkers
max. Ausgangsleistung bei 1 kHz,
beide Kanäle ausgesteuert bei kges = 1 % 32,5 W
Eingangsspannung für Vollaussteuerung 1 Veff
Spannungsfrequenzgang (-3 dB) 5 Hz.... 55 kHz
Fremdspannung -94 dBV
Geräuschspannung -102,5 dBV
Übersprechdämpfung bei 1 kHz 77 dB
bei 10 kHz 68dB
Stückliste zum Verstärker
- Widerstände ohne weitere Angabe: Metallschicht 0,7 W, 1 %
R1, R2 47k
R3 1 k
R4 180k
R5, R6 3,3 k
R7 27k
R8 1 M
R9 4,7 k
R10 100k
R11 120k
R12, R13 27k
R14 3,3k
R15, R16 680k
R17 3,3k
R18, R19 10 Ohm/1,5W
R20, R21 100 Ohm
R22, R23 27 k
R24 3,3 k
R25, R26 680 k
R27 3,3 k
R28, R29 10 Ohm/1,5W
R30, R31 100 Ohm
R32 1 k
R33 2k/1,5W
R34 470 Ohm
R35 470 k/1,5 W
R36 1 M
R37 4,7 k
1x 150 Ohm/4,5W
P1...4 25k
C1 2,2 uF/40 V bipolar
C2 47 p Keramik
C3 3,3 p Keramik
C4 47 uF/450V axial
C5 0,22 u/400 V
C6 220 u/25 V
C7 22 uF/16 V bipolar
C8 47 p Keramik
C9...12 0,22uF/400 V
C13 220uF/25 V
C14...17 470uF/16V
D1...3 Z-Diode100V/1,3W
Röhre 1 ECC 83
RÖhre 2...5 EL 84
Und nun die Platinen-Zeichnung für diesen Verstärker :
Bevor diese Platine verwendet wird, sollte man sich einen Probeausdruck anfertigen. Mit einem
Printmontage-Röhrensockel kann dann der Maßstab des Ausdrucks überprüft werden. - Passt der
Röhrensockel nicht genau auf die dafür vorgesehenen Lötaugen, muß der Maßstab solange
nachgestellt - und immer wieder neu ausgedruckt - werden, bis der Röhrensockel genauestens paßt.
- Natürlich kann man diesen Verstärker auch auf konventionelle Weise aufbauen, auf eine Platine verzichten.
Mit dem nächsten Bild stelle ich die Netzteilschaltung für die Anodenspannung der Endstufenröhren vor. -
Diese Schaltung besitzt auch nur - obwohl funktionell einwandfrei - symbolischen Charakter. Sie wird hauptsächlich
wegen des Schalters S1 dargestellt.
- Netzteil-Schaltungen habe ich bereits genügend vorgestellt, es dürfte nun keinem mehr Probleme bereiten, sich
"sein" Netztteil auszusuchen und aufzubauen.
Für den, der sich den Trafo selbst wickeln will, hier die Wickeldaten:
Als Kern wird ein EI130b verwendet. Es werden für die Primärwicklung insgesamt 5800 Windungen 0,39 mm CuL
benötigt. Es müssen, an jeder Seite - wie beschrieben - bei jeweils 12,5 % eine Anzapfung gemacht werden, also
12,5 % von +Ub (Mittelanzapfung) nach jeder Seite berechnet.
Für die Sekundärwicklung werden für die 16-Ohm-Wicklung 370 Wdg 1,1 mm Cul; für eine 8-Ohm-Wicklung
würden 260 Windungen 1,18 mm Cul und für eine 4-Ohm-Wicklung 185 Windungen 1,18 mm Cul benötigt.
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Hier noch eine weitere Schaltung, die ich in einem ELRAD-Heft (Ausgabe 11/1986) fand, Verfasser des Artikels und auch
Ersteller dieser Schaltung : Frank Raphael.
Auch diese Schaltung arbeitet mit 4 x EL 84 in Ultralinearer Schaltung, soll angeblich 40 Watt Leistung bringen.
Hier die Schaltung mit Netzteil, dann der Ausgangsübertrager mit genauer Wickelanleitung, danach die
Platinenoberseite mit der Bestückung des Verstärkers und des Netzteils.
Mit etwas Geschick kann man - den Bestückungsplan ausgedruckt vor sich liegend - die Leitungsverläfe der Platine
ermitteln und einzeichnen, sich so eine Platine erstellen.
Auf dem nachfolgenden Bild erkennt man /wie ich hoffe) die Verdrahtung, den Zusammenbau der drei Platinen - links
Verstärkerstufe, mitte das Netzteil, rechts den zweiten Verstärkerkanal.
Die Zeitschrift Elrad brachte zu dieser Schaltung in Heft 1 / 1987 eine Fehlerkorrektur heraus, ein Leser bemerkte einen
Fehler in der AÜ-Wickelvorschrift. (Werner Nowraty sandte mir freundlicherweise die Kopie dieser Seite zu - Danke,
Werner!)