Eintaktverstärker mit der russischen 6C33C mit Ruhestromüberwachung

Alexander Felde

An Schalplänen und Bauanleitungen zu Röhrenverstärker mir der russischen 6S33S (kyrillisch 6C33C) Triode mangelt es im Internet sicher nicht.

Trotzdem habe ich mich entschlossen ein Projekt auf dieser Seite vorzustellen und damit etwas Erfahrung und Wissen an die Röhrenliebhabergemeinde zurückzugeben. Aus den großartigen Veröffentlichungen auf der Jogis Röhrenbude Homepage habe ich in den letzten Jahren viel wichtige Informationen, Anregungen und Motivationen für mein Hobby geschöpft. Deswegen habe ich gedacht, dass es gut wäre die tolle Tradition des Teilens auf dieser Seite zu unterstützen und meine Erfahrung und ggf. interessante Informationen mit der Gemeinde der Röhrenliebhaber zu teilen.

Nach dem Nachbau eines Push-Pull Verstärkers mit der 6C33C, habe ich mich für die 6C33C begeistern lassen. Vor allem ist dank dem guten Schaltplan und der großartigen Beschreibung von Klaus auf Anhieb ein toller PP-Verstärker geworden.

So hat mich das gelungene Projekt zu weiteren Experimenten mit der 6C33C motiviert. Und, wie es so oft am Ende eines Artikels auf dieser Seite zu lesen ist, stellt sich der Autor die Frage: „Was soll als Nächstes werden?“. – Ein Single-Ended (SE) Röhrenverstärker, mit 6C33C. Was denn sonst?!

Und da ich das Rad nicht neu erfinden und trotz dem etwas „anderes“ bauen wollte, habe mich im Internet nach interessanten Schaltplänen und Artikel zum Thema „6C33C SE-Amplifier“ umgeschaut.

Es sollte auf jeden Fall ein Treiber mit einer Pentode, eine fixierte Gittervorspannung zu Ruhestromeinstellung und es sollte vor allem ein SE-Verstärker mit einer Musikleistung um die 12 Watt werden.

Es war mir klar, dass die Röhre an den Grenzwerten betrieben werden muss, um so eine Musikleistung bei einem SE-Verstärker mit 6C33C rauszuholen. Mit Grenzwerten meine ich eine Anodenverlustleistung um die 56-58 Watt! Vor allem klingen die meisten Ausgangsröhren m.E. in den Grenzbereichen am schönsten.

Die Röhrenliebhaber, die mit der 6C33C Triode schon mal experimentiert haben, wissen es, dass diese Röhre so Etwas gar nicht mag und bei einer Anodenverlustleistung von 56-58 Watt mit einer fixierten oder auch automatischen Ruhestromeinstellung nicht in Griff zu bekommen ist. Eine Verlustleistung von 40-45 Watt ist bei den meisten Exemplaren der 6C33C aber kein Problem.

Bei meinen Recherchen vor einigen Jahren habe ich ein sehr interessantes Projekt aus der Ukraine gefunden, was ich Euch hier vorstellen möchte.

Leider ist die Homepage zurzeit offline und ich deswegen hier ein Original PDF-file des Projekts zur Verfügung stelle.

Die Beschreibung eines 6C33C SE-Verstärker mit etwas „anderem“ Aufbau findet Ihr hier:

Однотактный УНЧ на 6С33С со следящим смещением.pdf (Link)

Obwohl die PDF-Datei nur in russische Sprache und kyrillischer Schreibweise vorhanden ist, fällt es überhaupt nicht schwer das Konzept zu verstehen. Vor allem gibt es die Möglichkeit einer online-Übersetzung. Den Text der PDF-Datei habe ich zum Rauskopieren dafür frei gelassen.

Der Artikel trägt übersetzt die Überschrift: „Eintaktverstärker mit 6C33C mit Ruhestrom-überwachung.“

Die Publikation stammt von einem außergewöhnlichen und großartigen Menschen aus der ukrainischen Stadt Vinnytsia (Winnyzja), Röhrenliebhaben und Fachmann auf dem Gebiet – Sergej Savchuk.

Und das war genau das, was ich gesucht habe!

Die 6C33C wird mit Ua = 280V und Ia=200mA betrieben. Die Gittervorspannung beträgt dabei um die -110 … -130 Volt in Abhängigkeit vom Exemplar der Röhre. Um die Endröhre anzutreiben, wird ein Treiber benötigt, der nicht besonders hohe Verstärkung hat, dafür aber sehr linear ist.

So ein Treiber, der vor allem für Endstufen mit kräftigen Trioden sehr interessant ist, war in SOUND PRACTICES – Winter 94/95 veröffentlicht - Rickard Berglund: „Try a screen driven driver stage“ und bei dem Projekt von Sergej Savchuk eingesetzt ist.

Zu dem Artikel von Rickard Berglund ist nichts weiter zuzufügen – es ist alles sehr gut und verständlich beschrieben. Einfach toll!

Wie schon im o.g. Artikel erwähnt, ist die Wahl der Pentode dem Leser überlassen. Sergej Savchuk hat sich für die 6P9 (kyrillisch 6П9) entschieden. Eine wunderbare Wahl für den Treiber (Ua=300V, Wa um die 9W), weil die Pentode mit hoher Anodenspannung gut klarkommt, sehr linear und einfach und günstig zu beschaffen ist.

Ein Analog der 6P9 ist die 6AG7 oder 6L10.

Bei dieser Schaltung habe ich mit sehr vielen Pentoden experimentiert und mir den Treiber in der Schaltung mit 6C33C angehöhrt. 6P9 oder auch die EL36 sind m.E. die beste Wahl für diesen Treiber! 6L6GT/6P3S/6P3S-E und die 6V6GT/6P6S haben mir klanglich in dieser Schaltung gar nicht gefallen. Aber, das ist eine Geschmacksache. Die o.g. Röhre lassen sich genauso gut in der Schaltung betreiben, wie z.B. auch eine EL34 & Co.

Die 6P9 (6AG7) gibt es nur im Metallkleid und für die EL36 (PL36) benötigt man eine Anodenkappe. Nach langer Suche nach einer geeigneten Pentode, die mich persönlich klanglich und auch optisch überzeugen konnte, habe ich mich für die russische 6F6S (kyrillisch 6Ф6С) aus den 60-er Jahren entschieden. Auch die 6F6G, 6F6GT, KT63, N63, 1621, 1611 könnten verwendet werden - die habe ich aber selbst in dieser Schaltung nicht getestet.

Die 6F6S Pentode ist zwar selten geworden, ist aber noch zu beschaffen. Die gibt es in Zylinder- oder als „Kobra“-Form. Genauso wie die in meinem Projekt eingesetzte Gleichrichterröhre 5C4S.

Für die SRPP- Vorstufe habe ich mich für die 6SN7GTB von Tung-Sol entschieden. Ein gemachtes Paar in einer hervorragenden Qualität habe ich bei Michael Kaim, BTB Elektronik erworben - https://btb-elektronik.de

Da können Sie auch andere Röhre für das oder andere Projekt erwerben.

Eine andere interessante Eigenschaft des Projekts ist die Ruhestromüberwachung. Es gibt viele interessante Schaltpläne zu diesem Thema. Eine Schaltung die Sergej eingesetzt hat stammt von Patrick Turne: „Automatic servo bias control SE amp“. Die Schaltung ist einfach aufgebaut und funktioniert hier einwandfrei. Die beiden MJE350 müssen auf Kühlkörper mit ausreichender Größe verbaut werden.

Und zuletzt wahrscheinlich das wichtigste Teil jedes Röhrenverstärkers – der Ausgangsübertrager.

Zu der Besonderheit dieses Ausgangsübertragers gehört eine zusätzliche Katodenwicklung. Die Katodenwicklung verbessert die Linearität der Endstufe und reduziert den Ausgangswiderstand des Verstärkers. Einen 6C33C- Verstärker mit einer Katodenwicklung habe ich vorher noch nicht gesehen. Funktioniert jedoch mit der 6C33C bei dieser Schaltung einwandfrei!

So ist der Ausgangsübertrager inkl. der Katodenwicklung 12-fach verschachtelt. Der Ausgangsübertrager ist in dem PDF-file von Sergej Savchuk gut beschrieben, daher möchte ich nicht weiter auf die Einzelheiten der Wicklungen und des Trafokerns eingehen.

Ich habe bei meinen Ausgangsübertrager EI135b verwendet und die Spulen selbst gewickelt.

Ra des Ausgangsübertragers ist ca. 1,2 kOhm.

Die 12-fache Verschachtelung und das außerordentlich „fette“ Kernblech hatten zu Folge, dass kein Anbieter die Ausgangsübertrager für mich „wirtschaftlich“ herstellen konnte oder wollte. Also musste ich selbst an die Herstellung der Ausgangsübertrager dran gehen, habe die Wickeldaten von der Seite von Sergej verwendet und die Ausgangsübertrager per Hand gewickelt. Das würde ich nicht mehr machen, weil es sehr kostspielig und zeitaufwendig ist! Die beiden Netztransformatoren habe ich aus dem gleichen EI135 - Blech gleich mit gewickelt.

Die Berechnung der Ausgangsübertrager sowie der Netztransformatoren kann jeder mit der auf der Jogis-Röhrenbude veröffentlichen Programmen auch selbst machen. Die Katodenwicklung beträgt ca. 10-12% der Gesamtprimärwicklung. Ra von 1,2 kOhm ist inkl. der Katodenwicklung - versteht sich von selbst.

Den Verstärker habe ich als zwei Mono- Stufen aufgebaut. Mit den mächtigen Netztransformatoren und den Ausgangsübertrager wäre ein Stereoverstärker zu schwer geworden und nicht mehr zu händeln.

Die Netzteile habe ich mit Gleichrichterröhren aufgebaut. Das macht den Verstärker nicht unbedingt günstiger und auch energetisch nicht effektiver. Das ist und bleibt eine Geschmacksache. Vor allem optischer Art! Einen klanglichen Vorteil der Netzteile mit Gleichrichterröhren im Vergleich zu Fast- oder Ultra-Fast Dioden konnte ich persönlich noch nie feststellen! Daher ist es m.E. überhaupt kein muss.

Das Netzteil habe ich so wie unten dargestellt konzipiert und in den Schaltplan von Sergej integriert.

Bei dem Berechnen und Herstellung der Netztransformatoren musste ich mehrere Abzweige der Sekundärwicklungen machen, da ich keine zuverlässigen Angaben zum Spannungsverlust der russischen Gleichrichterröhren 5C8S (5Ц8С – kyrillisch.) bei 200mA gefunden habe.

Hier das Datenblatt dieser wunderschönen Röhre:

Bei dem Netzteil der Vorstufe und des Treibers habe ich die 5C4S (5Ц4С – kyrillisch) eingesetzt.

Hier ist das Datenblatt dieser Gleichrichterröhre:

Beim Entwurf des Gehäuses habe ich mich von dem Aufbau der OTL-Verstärker mit separaten Netzteilen sowie modernen Fernsehgeräten inspirieren lassen - ein flaches Gehäuse sollte es werden und trotzdem kein separates Netzteil.

Und so ist es geworden.

Auf dem Foto sind u.a. Ringe um die Sockel der Eingang-, Treiber- und Gleichrichterröhren zu sehen. Die Ringe habe ich selbst aus einem alten verchromten Staubsaugerrohr abgesägt. Der Durchmesser des Staubsaugerrohres passt ganz gut. 😊 Eine negative Überwärmung der Röhre deswegen konnte ich nicht feststellen.

Die Lautstärkeregelung ist unter dem Rahmen aus dem Quadratstahlrohr angebracht. Der 47K log. ALPS-Potentiometer sitzt in der Nähe der RCA- Eingänge hinten im Gehäuse und wird mittels einer 6,0mm VA-Stange betätigt.

Die Abdeckungen der Netztransformatoren und der Ausgangsübertrager sind aus Stahl und bei Leszek Oganowski aus Polen bezogen. Hervorragende Qualität und ein fairer Preis.

Da der Abstand unter den beiden Sockeln der 6C33C und der 5C8S zu der unteren Lochblechabdeckung doch zu gering ist, habe ich zusätzlich einen Schutz auf die Abdeckung angebracht. Sicherheit hat immer Vorrang!

Die Standartfüße für die Verstärkergehäuse waren verhältnismäßig etwas zu klein und ich habe eigene Gerätefüße aus einem Edelstahlrohr und 10mm Kunststoffplatten (kann auch MDF oder Spannplatte sein) hergestellt. Die Einzelteile sind mit PU-Montagekleber zusammengeklebt worden.

So hat die Vorlage für die Herstellung der oberen Abdeckung ausgesehen und mittels Lasergerät fremd hergestellt worden.

Und so haben die Abdeckung und der Rahmen vor dem Verchromen ausgesehen.

Poliert habe ich die Gehäuseteile selbst per Hand und nachher Verchromen lassen.

Mit freundlicher Unterstützung und Genehmigung von Sergej Savchuk – vielen Dank dafür!

Wenn Ihr Fragen zum Projekt habt oder an Ausgangsübertrager oder Netztrafos interessiert sind - hier die E-Mail Adresse von Sergej Savchuk :

Viel Spaß bei Nachbau!

Hinweis:

Die Umsetzung des Projekts setzt bestimmte Vorkennnisse im Bau von Röhrenschaltungen voraus und ist für Anfänger bedingt geeignet. Vor allem wird bei diesem Projekt mit hohen Spannungen gearbeitet. Bei unsachgemäßer Handhabung besteht Lebensgefahr!

Die Schaltung im Ganzen und die Schaltungsbestandteile sind nur für private nicht kommerzielle Anwendung zulässig. Die Urheberrechte verbleiben bei den Entwicklern.

PS. Ich bin öfters gefragt worden, ob man auch „Standard – Ausgangsüberträger“ für das Projekt verwenden kann. Selbstverständlich ja.

Michael Kaim von BTB- Elektronik z.B. bietet auf seiner Seite Ausgangsüberträger von Hammond: https://btb-elektronik.de/suche/?searchterm=1640se

oder auch Netztrafos nach Ihren individuellen Wünschen https://btb-elektronik.de/trafo-nach-mass/

Nur wird es mit dem Standardausgangsüberträger dann ein etwas anderes Projekt und ein andere Verstärker. Ich selbst kann dazu nicht viel sagen, weil ich mit Standard - Ausgangsüberträger keine Erfahrung habe.

Vor allem bekommt man heute noch kaum Ausgangsüberträger mit Katodenwicklungen. Eine Katodenwicklungen ist nicht zwingen erforderlich, hat aber in dem Projekt hervorragend funktioniert.

Sollten Sie sich für den o.g. Ausgangsüberträger von Hammond entscheiden, würde ich empfehlen die Ia der 6C33C geringer als 200mA einzustellen, um den Ausgangsüberträger nicht an der Grenze zu betreiben.

Hinweis von Michael Kaim: Um die Schaltung bezüglich Ausgangsleistung zu verbessern, könnte man einen Übertrager von 600 Ohm Primärimpedanz verwenden, beim Hammond 1640SE könnte man dazu den 4 Ohm Lautsprecher an die 8 Ohm Wicklung,
bzw. den 8 Ohm Lautsprecher an die 16 Ohm Wicklung anschließen, so käme man hier auf etwa 600 Ohm.

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